Dienstag, 24. Juni 2008

The Happening

Indien / USA 2008 - Regie: M. Night Shyamalan - Darsteller: Mark Wahlberg, Zooey Deschanel, John Leguizamo, Spencer Breslin, Betty Buckley, Frank Collison, Victoria Clark, Robert Bailey jr., Joel de la Fuente - FSK: ab 16 - Länge: 95 min.

Nach dem Desaster von „Lady in the Water“ (2006) brauchte M. Night Shyamalan immerhin zwei Jahre, um den Versuch zu unternehmen, mit einem neuen Film den dramatischen Aufmerksamkeitsverlust beim Massenpublikum zu stoppen. Ob ihm dies mit seinem Öko-Horrorfilm „The Happening“ gelingen wird, bezweifelt der nicht mehr sonderlich geneigte Kritiker schon vorab mit Nachdruck.

Die Erde spuckt uns aus
Menschen bleiben verwirrt stehen, stammeln wirres Zeug und haben danach nichts Eiligeres zu tun, als sich schnellstmöglich das Leben zu nehmen: egal, ob sich Bauarbeiter aus luftiger Höhe in den Tod stürzen oder Familienväter ihr voll besetztes Auto vor den Baum lenken – es sind Aussetzer, die mitten ins Herz der evolutionär auf Überleben getrimmten Spezies Mensch zielen. Anscheinend beginnt sie sich selbst auszurotten.
Natürlich denken Medien und Politiker zunächst an abgefeimte Terroristen, an Angriffe mit Nervengas, doch bald versagen alle vertrauten Erklärungsansätze. Die Seuche breitet sich aus, die Menschen fliehen in hellen Scharen in anscheinend sichere Regionen. Auch aus Philadelphia, wo der Lehrer Elliot Moore, der sich bald mit seiner Frau und der kleinen Tochter eines Freundes auf einer Odyssee durch die östlichen Bundesstaaten befindet, außer intelligenten und zweifellos sensiblen Fragen keine wirklichen Antworten hat. Es geht letztlich nur noch ums pure Überleben und Shyamalan schickt seine Figuren aus den Zentren hinaus in die tiefste, ländliche Provinz. Aber auch dort wartet das Grauen auf sie.

Es gibt kein Entrinnen
Shyamalan hat schon ungewöhnliches Pech: gleich mit einem seiner ersten Filme landete der Inder einen Haupttreffer und sah sich danach offenbar dazu verpflichtet, nach „The Sixth Sense“ (1999) den so geannten Shyamalan-Stil auch weiterhin kommerziell auszureizen. Mit „Unbreakable“ (2000) gelang dies noch einigermaßen, auch dank erstklassiger Besetzung, aber danach stellte sich heraus, dass andere den Stil des Inders bereits besser adaptiert hatten – ein sehr gelungenes Beispiel legte Mark Pellington mit den „Mothman Prophecies“ (2002) vor. Ein Schuss Mystery und Esoterik, eine verrätselte Liebes- und Trauergeschichte, schicksalshafte Ereignisse und die Rettung durch die Kraft der Liebe: Pellington zeigte dem Meister, wie man’s macht, derweil dieser wie zum Beispiel in "Signs" nur noch zu biederen Selbstzitaten fähig war.

Mit „The Happening“ gelang Shyamalan leider nicht der Ausbruch aus dem cineastischen Käfig, in den er sich selbst gesperrt hat. Shyamalan, der für Produktion, Drehbuch und Regie zeichnet und zudem noch eine Nebenrolle übernahm, hat offenbar niemanden gefunden, der ihm das fade Drehbuch ausreden konnte. „The Happening“ ist im Kern ein auf jugendfrei getrimmter Romero-Plot ohne Zombies, dem nicht nur der ‚Biss’ fehlt, sondern auch die intelligente Provokation. Da hat sich der Altvater des "Seuchen-Thrillers" mit "Diary of the Dead" schon etwas mehr einfallen lassen.
Dass "The Happening" trotz Mark Wahlberg keinen echten Helden hat, kann man noch als gelungenes Understatement durchgehen lassen, aber dass die passiven und von den Ereignissen quer durchs Land getriebenen Figuren langweilige und dazu noch banale Dialoge vortragen müssen, ist – wie wir zum Glück wissen – durchaus vermeidbar.
Immerhin ist Shyamalan durchaus positiv anzurechnen, dass er auf spekulative Splattereffekte verzichtet und mit dezenten Mittel und beschaulichen Kameraeinstellungen das Grauen eher gelassen inszeniert hat. Da sollen allein schon Bäume, die sich im Wind wiegen, den puren Schrecken verbreiten. Nun gut. Mit unerbittliche Gradlinigkeit und ohne aufregende Twists steuert der indische Regisseur dann auch auf die Lösung des Rätsel zu, das bald keines mehr ist: es ist die ‚Natur’, die sich offenbar gegen den ‚Homo Sapiens’ auflehnt – eine Abstoßreaktion, die abrupt endet, und das in dem Moment, als die drei Flüchtenden ihr Ende akzeptieren und voller Liebe, aber ohne Hoffnung, freiwillig in den Tod gehen wollen.
Das ist in etwa so spannend, als würde man Farbe beim Trocknen zuschauen. Dass man beim gelangweilten Hinschauen alles über Evolution und Biologie vergessen muss, was man in der Schule gelernt hat, setzt dem Ganzen dann die Krone ebenso auf wie das Ende, das außer einer billigen Pointe nichts zu bieten hat als die Erkenntnis, dass M. Night Shyamalan nichts mehr zu erzählen hat.
Es gibt kein Entrinnen.

Noten: BigDoc = 4