Freitag, 22. Juli 2016

Serien für feuchte Sommertage - Teil 5

Platz 1: 11.22.63 (Der Anschlag) – Serie mit Kinolook


Kein Zweifel: Nicht nur der US-Markt wird mit Serien geflutet, die meisten Produkte landen meist ohne Verspätung auch im deutschen Pay TV und bei Video-on-Demand-Vermarktern. Im dem großen Gedränge die Perlen zu finden, ist nicht einfach. Mit der Adaption von Stephen Kings „11/22/63“ (dts. Der Anschlag) scheint Hulu aber der große Wurf gelungen zu sein: die 8-teilige Mini-Serie bietet neben einer gut erzählten Geschichte auch einen überwältigend tollen Look: „11.22.23“ sieht aus wie opulentes Kino und landet daher auch auf Platz 1 meiner fünfteiligen Rezension "Serien für feuchte Sommertage".

Wie lange der Serien-Boom anhält, kann niemand so richtig einschätzen, aber die US-Networks, das Cable TV oder VoD-Anbieter wie Hulu, die den Durchbruch noch nicht geschafft haben, suchen eigentlich immer händeringend nach Stoffen mit Alleinstellungssmerkmal. Da greift man gerne zum Bewährten und es darf auch ein Remake dabei sein. Mehr als zwei Dutzend Stephen King-Verfilmungen für Kino und TV sind derzeit in Arbeit. Unter anderem plant Cary Fukunaga („True Detective“, Season 1) eine Neuverfilmung des King-Klassikers „Es“.
Produziert wurde „11.22.23“ u.a. von J.J. Abrams Produktionsfirma Bad Robot Productions. Abrams, der auch als Executive Producer an der Umsetzung beteiligt war, holte mit Bridget Carpenter einen Partner für die Scriptentwicklung mit ins Boot. Carpenter ist im Wesentlichen auch Showrunner der Serie, die in Deutschland bei FOX und SKY zu sehen war.


Erzählt wird die Geschichte des High-School-Lehrers Jake Epping (James Franco, u.a. „The Interview“), der im Diner seines Freund Al Templeton (Chris Cooper) eine verblüffenden Entdeckung macht: der Burger-Bruzzler verbirgt in seinem Abstellraum ein Zeitportal und versucht Jake davon zu überzeugen, zurück in die Vergangenheit zu reisen, um dort am 22. November 1963 in Dallas das Attentat auf John F. Kennedy zu verhindern. 


Montag, 18. Juli 2016

Serien für feuchte Sommertage - Teil 4

Platz 2: Wayward Pines – atmosphärisch dicht und geheimnisvoll


Wer in Wayward Pines lebt, muss sich an drei Regeln halten: „Sprechen Sie nie über die Vergangenheit. Beantworten Sie stets das Telefon. Arbeiten Sie hart und seien Sie glücklich.“ Das verheißt nichts Gutes, besonders wegen der Sache mit dem Telefon.

„Wayward Pines“ ist die TV-Adaption der „Wayward Pines Trilogy“ von Blake Crouch, der in den Jahren 2012-2014 mit „Pines“, „Wayward“ und „The Last Town“ einen beachtlichen Erfolg im Mystery-Genre verbuchen konnte. Mit FOX sicherte sich ein großes Network die Rechte, und das bedeutete aufgrund der Zensurbestimmungen in den Staaten eine eher familien-kompatible Adaption (1).
Entwickelt wurde die TV-Serie von Chad Hodge und M. Night Shyamalan, dessen temporärer Karriereknick nicht nur durch „The Visit“ (2015), sondern eben auch durch „Wayward Pines“ beendet wurde. Neben Hodge und Shyamalan gehörte u.a. auch Blake Crouch zu den Exekutive Producern der Serie.

„Wayward Pines“ ist ein Genremix: Mystery, Science-Fiction, Dystopie. Also etwas „Twilight Zone“, eine Prise „Twin Peaks“, ein Schuss „Akte X“ und – wie bei den meisten dystopischen Stoffen – deutliche Referenzen zu Aldous Huxleys „Brave New World“, einem Buch, das mittlerweile in jeder Kino-Teenie-Dystopie kräftig ausgeweidet wird.

Samstag, 16. Juli 2016

Toni Erdmann

In Cannes jubelten die Kritiker, große Preise gab es zwar nicht, nur den FIPRESCI-Preis der Filmkritiker, aber die Verleihrechte an „Toni Erdmann“ wurden bereits in 55 Länder verkauft. Ist Maren Ades Film die Wiedergeburt eines „Neuen Deutschen Kinos“ oder eine Kostümklamotte, in der Fremdschämen zur Methode erklärt wird?

Die ersten Lacher im Kino gibt es bereits am Anfang. Winfried Conradi (Peter Simonischek) öffnet einem Paketzusteller die Tür und verwickelt den Ärmsten in ein umständliches Gespräch. Der wird, natürlich unter Zeitdruck stehend, immer nervöser. Aber sein Kunde ruft ins Haus hinein nach seinem Bruder, der sei der Empfänger, dann verschwindet er kurz und dann steht tatsächlich ein zotteliger Typ mit Überbiss vor dem ungeduldigen Zusteller und quittiert den Empfang mitsamt einem fetten Trinkgeld.
Natürlich gibt es den Bruder nicht. Winfried, der pensionierte Musiklehrer hat sich mit ein paar Requisiten passend verwandelt und hat einen Heidenspaß an der Sache. Das Gebiss, das ihn zum trotteligen Kauz macht, trägt Conradi in der Brusttasche seines Hemdes herum. Er schiebt es sich immer in den Mund, wenn es notwendig ist. Und das wird oft der Fall sein.


Donnerstag, 14. Juli 2016

Serien für feuchte Sommertage - Teil 3

Platz 3: „The Night Manager“ – Gut und Böse in elegantem Ambiente


Wie in einer Lieschen Müller-Phantasie verwandelt sich ein Nachtportier in einen gewieften Undercover-Agenten, um dem mächtigsten Waffenhändler der Welt das Handwerk zu legen. Wenn man als Night Manager aber so elegant aussieht wie Tom Hiddleston und der Gegenspieler Hugh Laurie wie in House ein ätzender, zynischer und unglaublich faszinierender Kotzbrocken ist, dann glaubt man dem Plot und taucht nur zu gerne ab in die Welt John le Carrés.

John le Carrés 1993 erschienenes Buch „The Night Manager“ gehört zum Spätwerk des Autors. Der Kalte Krieg als zentraler Erzähltopos in le Carrés Post-Cold-War-Büchern hat keine große Bedeutung mehr. Le Carrés Agenten müssen sich stattdessen um andere Feindbilder kümmern. Gefahr droht von Terroristen und Waffenhändler. Geblieben sind die korrupten und amoralischen Bürokraten, die in der britischen Regierung und beim Auslandsgeheimdienst MI6 längst mit den Schurken dieser Welt unter einer Decke stecken und ihre Agenten im Außeneinsatz skrupellos verraten, wenn es sein muss.

In der britisch-amerikanischen Miniserie (BBC, AMC) sind wir schnell mittendrin in der dunklen Welt John le Carrés. 2011, während des Arabischen Frühlings, werden dem Night Manager Jonathan Pine (Tom Hiddleston) in einem Hotel in Kairo Dokumente in die Hände gespielt, die auf eine Verbindung zwischen dem berüchtigten ägyptischen Hamid-Clan und Richard Onslow Roper (Hugh Laurie) hinweisen. Es geht um brisante Waffengeschäfte, und Roper, der sich öffentlich als Philanthrop gibt, ist global die Nr. 1 im dreckigen Geschäft. Pine leitet die Dokumente weiter, aber weder die britische Botschaft noch der MI6 haben Interesse an den Fakten. Stattdessen wird Roper gewarnt und wenig später ist Pines Quelle Sophie Alekan (Aure Atika), die Geliebte eines Clan-Mitglieds, tot. Pine, der eine kurze Affäre mit Sophie hatte, sinnt auf Rache, kann aber nur seine eigenen Spuren erfolgreich verwischen.


Mittwoch, 13. Juli 2016

Serien für feuchte Sommertage - Teil 2

Platz 4: „12 Monkeys“ – auf Dauer ermüdend


Die von Syfy produzierte Geschichte über die Paradoxien von Zeitreisen gehört zu den Serien, die man nur bedingt braucht. Das liegt aber weniger daran, dass die Showrunner Terry Matalas und Travis Fickett die Theoretische Physik über den Haufen rennen, sondern an der Hektik und der fehlenden Übersichtlichkeit des Narrativs. Besonders im letzten Drittel ermüden die Zeitsprünge, die Flashbacks und Erinnerungsfetzen nicht nur die Hauptfigur.

„12 Monkeys“ erzählt die Geschichte von James Cole (Aaron Stanford), der aus dem fernen 2043 von der Wissenschaftlerin Katarina Jones (Barbara Sukowa) mit einer Zeitmaschine in die Vergangenheit geschickt wird, um dort die fast völlige Auslöschung der Menschheit durch ein tödliches Virus zu verhindern. Die hat bereits stattgefunden und James Cole gehört zu den 7%, die sich als immun erwiesen haben. Die Korrektur der Zeitlinie ist allerdings komplizierter als es nach den ersten Erfolgen erscheint, denn die für Pandemie verantwortlichen Übeltäter sind Cole oft einen Schritt voraus. Der pendelt ergebnislos zwischen der postapokalyptischen Gesellschaft des Jahres 2043 und verschiedenen Dekaden des 20. Jh. hin und her. Er ist der Einzige, der als Jumper die Prozedur des Zeitsprungs überlebt. Zusammen mit der Virologin „Cassie“ Railly (Amanda Schull, u.a. „Suits“) muss Cole nicht nur das Geheimnis der „Armee der 12 Monkeys“ aufklären, sondern auch mit den persönlichen und emotionalen Verwerfungen klar kommen, die Zeitreisen offenbar mit sich bringen.

Serien für feuchte Sommertage - Teil 1

Unlängst schrieb ein Fan (offenbar unter Tränen), dass nur derjenige über seine Lieblingsserie XYZ schreiben dürfe, der sie so innig liebe wie er dies tue. Ich will nicht über kulturellen Paradigmenwandel schwafeln, möchte aber auch nicht, dass ein ganzer Berufsstand in den Mülleimer wandert. Also: Kritik ist eine auf nachvollziehbaren Argumenten basierende Beurteilung einer Sache, die auch Meinung sein darf. Der Literatur- und Filmkritiker ist von Natur aus also kein Spaßvernichter und erst recht kein Troll, und auch wenn ich nicht alle der nachfolgend rezensierten Serien liebe, so mag ich dennoch die eine oder andere. Ich begebe mich daher gerne auf eine abschüssige Bahn und kritisiere fünf Serien, die man abseits der großen Hits wie „Game of Thrones“ oder „House of Cards“ sehen muss – oder auch nicht.

Platz 5: „Fear The Walking Dead“ – ein flaues Spektakel


Vor einem Jahr stopfte das sechsteilige Spin-off mit erträglichen US-Quoten und durchwachsenen Kritiken nur mäßig das Sommerloch. Zu durchschnittlich waren die Figuren und auch der Plot konnte nur mit viel Geduld die TWD-Junkies bei Laune halten. Das Gute daran: man konnte sehen, was man am Original hat.
 

Für den Sommer 2016 spendierte AMC der Serie weitere 15 Episoden, die in zwei Hälften inklusive Midseason-Pause gezeigt werden. Eine dritte Staffel mit 16 Episoden wurde bereits in Auftrag gegeben. AMAZON streamte die zweite Season „Fear The Walking Dead“ in deutsch synchronisierter Fassung (und als Original) bereits 24 Stunden nach der US-Ausstrahlung. Im August geht es weiter.

Mehr ist oft weniger. Die Überlebenden der ersten Staffel befinden sich auf der „Abigail“, dem Schiff von Viktor Strand (Colman Domingo). Ziel ist das mexikanische Baja, wo Strand auf dem Anwesen seines Geliebten Thomas (Dougray Scott) einen sicheren Unterschlupf erhofft. Auf dem Weg in mexikanische Gefilde müssen sich die Überlebenden mit Piraten auseinandersetzen und an Land warten triste Begegnungen auf sie. In Baja werden die Familien um Travis Manawa (Cliff Curtis) und Daniel Salazar (Rubén Blades) dann mit einer unangenehme Überraschung konfrontiert. Und die ist keine.