Montag, 25. Juli 2011

DVD-Review: Classic Sci-Fi (Universal)


Preiswerter geht's nicht
Die englische Filiale eines großen E-Tailers hält aktuell ein Angebot bereit, das man mit gutem Gewissen als Knaller-Schnäppchen bezeichnen kann. Für weniger als 8 ₤ (GBP) und damit für umrechnet € 10,- und ein paar Cent wird die 2007 veröffentlichte DVD-Box „Classic Sci-Fi“ angeboten, auf der man sieben DVDs mit Klassikern des Science Fiction-Films findet.
Einen Schwerpunkt bilden die Filme von Jack Arnold (1916 – 1992), dem großen B-Picture-Spezialisten, der 1954 mit dem ‚Kiemenmenschen‘ auch das berühmteste 3 D-Filmmonster der 1950er Jahre schuf. So findet man in der Universal-Box neben „Creature from the Black Lagoon” (Der Schrecken vom Amazonas, 1954) auch die Arnold-Klassiker  „It Came From Outer Space“ (Gefahr aus dem Weltall, 1953),  „Tarantula“ (1955) und „The Incredible Shrinking Man“ (Die unglaubliche Geschichte des Mister C., 1957), in  „This Island Earth“ (Metaluna IV antwortet nicht) erledigte Arnold nur Nachdreharbeiten.
Zu den Filmen, die bis heute als All-Time-Classics gelten, gehören auch Don Siegels „Invasion oft he Body Snatchers“ (Die Dämonischen, 1956) und „The Thing from Another World“ (Das Ding aus einer anderen Welt, 1951) von Christian Nyby und Howard Hawks (Producer). Don Siegels Film ist zudem als colorisierte Fassung auf der DVD, allerdings sollte man hier nicht mehr als schlechte VHS-Qualität erwarten.
Das Faszinierende den B-Pictures ist die naive Schaulust auf den Schrecken und ihr Kultstatus, der immerhin zu einigen veritablen Remakes geführt hat: So wurde „The Thing from Another World“ einmal neu aufgelegt, wobei ich die Carpenter-Version und ihren blutigen Naturalismus durchaus für ein adäquates Spektakel halte. Der Film war sehr lange indiziert und wurde erst vor kurzem freigegeben, wobei die Bluray-Version uneingeschränkt zu empfehlen ist.
Nicht weniger interessant waren die Versuche, den „Dämonischen“ neue Aspekte abzugewinnen. Die 1978er-Version von Philip Kaufman konnte man als gelungen betrachten, die 1993er-Version von Abel Ferrara bot kaum mehr als solides Handwerk, während Oliver Hirschbiegels Variante (2007) offenbar von den Produzenten verhunzt wurde. In beiden Fällen kann man festhalten, dass sich das Original immer noch blenden hält.

Beängstigender Körperhorror
Die naive Schaulust hingegen vermitteln alle Filme der Box recht überzeugend. B-Pictures, die in so genannten Double Features zusammen mit einem aufwändigen A-Film gezeigt wurden, mussten sich in der 50er Jahren genauso wie ihre teuren Kollegen gegen den großen Konkurrenten behaupten, das Fernsehen. Großartige Effekte und ausgeklügelte Drehbücher dufte man nicht erwarten, aber mitunter waren die billigen Filmen für einige Regisseure das Sprungbrett in die A-Kategorie, andere Filmemacher wie z.B. Jacques Tourneur entwickelten trotz bescheidener Budgets außergewöhnlich kreative und stilistisch prägende Filme, die man eigentlich ungern als „billiges“ B-Movie bezeichnen möchte.
Trotz all dieser Einschränkungen konnten einige B-Picture durchaus schaurige Effekte vorführen: „The Incredible Shrinking Man“ und „Tarantula“ sind auch heute, in Zeiten teurer CGI-Effekte nicht übel anzusehen.
Die vorliegende Collection bietet dem Genrefreund auch eine weitere, durchaus erwähnenswerte Sichtweise an: nämlich dass das Essentielle des Science Fiction-Films nicht immer greifbar ist, was damit zu tun hat, dass die B-Movies der 50er Jahre sehr nah am Horrorfilm angesiedelt sind. Das gilt auch heute noch. Also wenig Science, dafür aber Körper-Horror und eine Sexualisierung der Sujets, die wie Vorläufer des Themenparks von David Cronenberg anmuten.
Die dabei thematisch geschickt platzierten Angst- und Schauereffekte können kaum voneinander getrennt werden und scheinen sich zu bedingen, Bedrohung und physische Verwandlung stehen in enger Beziehung: in „The Thing“ hat das Monster, das sich wie eine Pflanze reproduziert, weder Sexualität noch Gefühle und droht seinen Opfern mit Körperexploitation. In „Invasion“ bieten die Kopien ihren zukünftigen Opfern eine Welt ohne Sex, Liebe und Gefühle an, ein Prozess, der mit Körperaneignung, Körperwandlung und –zerstörung zu tun hat. In „It came from Outer Space“ werden von den Aliens Körperkopien erstellt, die –natürlich- gefühlsneutral und zombifiziert wirken. In „This Island Earth“ werden Transformationen vollzogen, die den Opfern den freien Willen rauben, während in „Tarantula“ der Mad Scientist natürlich mit grässlichen Körperverformungen seinen Preis bezahlt. „The Incredible Shrinking Man“ erzählt bereits dank seines Titels, was mit dem Körper des Helden geschieht, während der berühmte Kiemenmensch reichlich diffusen erotischen Neigungen nachgeht.
Nun ist die simple Ideologie der B-Pictures gar nicht mal so schwer zu verstehen: einerseits geht es ganz in der Tradition des Rummelplatzes um möglichst gruselige Unterhaltung für ein zumeist adoleszentes Publikum und keineswegs um die schlichte Formel ‚Wer Sex hat, wird bestraft‘, sondern um die nicht weniger beunruhigende Aussicht, dass die Rätsel des Körperlichen möglicherweise unbekannte Schrecken bereithalten und uns im schlimmsten Fall der völlige Kontrollverlust droht. Wen das nicht gruselt, dem ist nicht zu helfen.

Ordentliche DVD-Qualität
Technisch ist der Sci-Fi-Box angesichts des Preises wenig anzulasten, obwohl die Qualität doch stark schwankt („Invasion“ ist insgesamt mangelhaft, und zwar sowohl in s-w als auch in der Farbversion), insgesamt kann man aber ausreichende bis befriedigende DVD-Qualität erwarten. Wer sich die Klassiker nicht in der Originalfassung (bei „The Thing“ angesichts der rotzfrechen schnellen Dialoge eigentlich Pflicht!) ansehen möchte, findet bei folgenden Filmen eine deutsche Tonspur: „Tarantula“, „Shrinking Man“ und „It came from Outer Space“. Alle Filme besitzen umfangreiche Subtitles, wobei leider kein einziger ausschließlich englischsprachiger Filme deutsch Subs besitzt. Aber keine Sorgen: in der Regel sind die Dialoge doch so schlicht gehalten, dass normales Schulenglisch bequem ausreicht. Sicher ein Vorteil dieses Genres.
Fazit: preiswerter wird man diese Filme, die ja überwiegend Filmgeschichte geschrieben haben, in Zukunft wohl nicht bekommen. Ein Pflichtkauf für Genrefans.