Donnerstag, 27. Dezember 2018

Best of 2018

Gesichtet wurden in diesem Jahr 57 Filme. Die Entscheidung über den „Besten Film 2018“ fiel bereits recht früh und überraschte kaum – es war Guillermo del Toros „Shape of Water“, der ausführlich rezensiert wurde. Eine romantische Love-Story als Horrorfilm, in dem nicht die Kreatur das Monster war, sondern der Mensch. 

Diese pessimistische Grundierung führte zu einer überdeutlichen Botschaft, aber der eigentliche Zauber des Films entstand durch eine brillante Visualisierung und eine Hauptdarstellerin, die sprachlos blieb und doch viel zu sagen hatte. Sally Hawkins hätte den fünften Oscar verdient. So aber blieben es vier, unter anderem wurde del Toros Masterpiece „Bester Film“ und der Regisseur wurde mit dem Oscar für die „Beste Regie“ endgültig in den cineastischen Adelsstand erhoben.

Donnerstag, 20. Dezember 2018

The Handmaid’s Tale – Season 2

In den USA jammerten entkräftete Frauenrechtlerinnen, dass Season 2 irgendwie aussieht wie Torture Porn. Mag sein, aber das liegt weniger an den barbarischen Grausamkeiten, die in „The Handmaid’s Tale“ zu sehen sind: Verstümmelung durch Feuer, Abhacken von Gliedmaßen oder öffentliches Ertränken als Strafe für Ehebruch. Nein, es liegt an der Spannung, die im Laufe der Staffel zunimmt, aber immer mit einem Schuss Fatalismus und Resignation einhergeht.

Es ist tatsächlich nicht leicht, diese Serie zu sehen: Man hofft, dass der Terror ein Ende findet, aber eine Wende ist nicht in Sicht. Die Fortsetzung der Geschichte von Desfred (Elisabeth Moss) ist nämlich noch düsterer geworden und zieht die Spannungsschraube auf jene Weise an, die am unangenehmsten ist: man hofft als Zuschauer, dass die Opfer sich aus der Pein befreien können, ahnt aber, dass dies nicht passieren wird.


Montag, 17. Dezember 2018

Mars – die zweite Staffel ist knallhart öko-politisch

Zwei Jahre hat gedauert, dann legte National Geographic nach und ging mit der zweiten Season der Docu-Sci-Fi Serie on air. Im schnelllebigen Serienmarkt ist dies der Knock-out. Die Quoten stürzten ins Bodenlose. Dabei gehört die Geschichte der ersten menschlichen Mars-Mission zum Besten, was das Serienjahr 2018 zu bieten hat.

Während es in der ersten Staffel um das pure Überleben in einer feindlichen Umgebung ging, ist die Crew um den weiblichen Commander Hana Seung (Jihae Kim) zehn Jahre später ein gutes Stück weitergekommen. Die menschliche Kolonie auf dem Mars hat mit der Siedlung Olympus Town auf dem roten Planeten Fuß gefasst, die Wissenschaftler können sogar ein vergleichsweise normales Leben führen.


Freitag, 7. Dezember 2018

Reise in die Kälte III: „Wolfsnächte“

Jeremy Saulniers Film „Wolfsnächte“ (Hold The Dark) gehört zu den exklusiven Angeboten von Netflix Im Sektor Spielfilm. Verfilmt wurde William Giraldis gleichnamiger Erfolgsroman, der zumindest atmosphärisch ein Sequel von Tony Sheridans „Wind River“ sein könnte. Leider fehlt Saulnier die erzählerische Tiefenschärfe, um Sheridans Winterepos auf Augenhöhe begegnen zu können.
Mit der AMC-Serie „The Terror“ und dem Film „Wind River“ und wurden im Sommer dieses Jahres von mir zwei tiefschwarze Geschichten besprochen, die als „Reise in die Kälte“ empfunden wurden. In „The Terror“ spiegelte die beinahe vollständige Auslösung von zwei Schiffsbesetzungen in der Kälte der Arktis die geringe moralische Fallhöhe von Menschen im Angesicht des sicheren Todes wider. Den Terror übte nicht eine feindliche Umgebung aus, sondern von Menschen, deren arrogantes Ignorieren der Naturkräfte ihren Untergang einleitet. 


Samstag, 17. November 2018

Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen

Im zweiten Teil des auf fünf Teile angelegten Spin-Offs um den magischen Zoologen Newt Scamander können wuchtige CGI-Bilder, nette Tierwesen und ein exzellent aufgelegter Johnny Depp den Film nicht retten. David Yates Regie führt zu einigen schönen Momente, scheitert aber an Joanne K. Rowlings völlig überladenem Drehbuch.

Wenn man die Muggel gewähren lässt, stürzen sie die Welt in einen infernalischen Krieg und zünden am Ende gar eine Atombombe. Mit dieser apokalyptischen Vision überzeugt der ‚böse‘ Magier Gellert Grindelwald nicht nur seine Anhänger, sondern auch solche, die seine Ideen für gefährlich, aber nicht für ganz und gar abwegig halten, von seiner Vision: der totalen Machtergreifung der Magier und der völligen Unterwerfung der Menschheit. Nein, ganz auslöschen wolle er sie nicht, die Muggel, schließlich brauche man in dieser neuen Welt noch einige Lasttiere.


Mittwoch, 10. Oktober 2018

The Walking Dead: Staffelauftakt mit neuer Handschrift…

…und den schlechtesten Quoten seit Season 2. Mit knapp mehr als 6 Mio. Zuschauern unterbot der Auftakt der 9. Staffel sogar noch das schlechteste Rating der vorherigen Season. Im Vergleich mit der Auftaktepisode der 8. Staffel wurde das Publikum sogar halbiert.
Der Trend geht also weiter. Und er wird schlimmer. Ob TWD den Ausstieg von Andrew Lincoln und Lauren Cohan verkraften wird, ist also mehr als ungewiss. AMC lancierte Lincolns Ausstieg aus der Rolle des Rick Grimes bereits recht früh und verzichtete damit auf einen publikumswirksamen Schockmoment. Aber nicht auf die mediale Diskussion über die Zukunft der Serie. Ob und wie Rick sterben wird, erfährt man vermutlich vor der Midseason.


Freitag, 28. September 2018

Videodrome – die Special Edition des Kultfilms ist erschienen

David Cronenbergs Medienhorror-Spektakel „Videodrome“ wurde 1985 in Deutschland zwei Jahre nach seinem Erscheinen indiziert. Die Indizierung wurde 2010 erneuert. Im September erschien der Film nun endlich in ungekürzter Fassung, und zwar mit einer Altersfreigabe ab 16 Jahren. Damit schreibt der Film ein Kapitel über Medienhorror in eigener Sache.

Über den künstlerischen Wert von David Cronenbergs lange zensierten und indizierten Film lässt sich streiten. Nicht aber darüber, dass es en masse hirnrissige Splatterfilme gibt, die mehr oder weniger ungehindert in den Handel kommen. Das ist ein trauriger Witz: Sie gehören zu jener Sorte von Filmen, die auch der TV-Produzent Max Renn (James Woods) in David Cronenbergs Film sucht, um das Publikum seines kleinen TV-Senders „Civic TV“ in Toronto, Kanada, zu binden: Sadistische Gewalt, gepaart mit Sex und grellen Splattereffekten. Renn würde in unserer Zeit schnell fündig werden. Gut: einiges landet hierzulande immer noch auf dem Index. Warum aber Cronenbergs Film, der immerhin als Klassiker der Postmoderne gilt, auch 2010 folgeindiziert wurde, bleibt unverständlich. Nun dürfen ihn sogar 16-Jährige kaufen und man fragt sich, was zur Hölle sich seit der Nachindizierung eigentlich geändert hat.


Samstag, 22. September 2018

„The Endless“ - ein Kultfilm?

Den Begriff „Kultfilm“ zieht man schnell aus der Werkzeugtasche des Filmkritikers. Je häufiger man ihn benutzt, desto öfter bestraft einen dann die (Film-)Geschichte. Justin Bensons und Aaron Moorheads dritter Spielfilm hat allerdings das Zeug dazu, immer wieder neu entdeckt zu werden.
 
Die Brüder Justin (Justin Benson) und Aaron (Aaron Moorhead) haben ihr perspektivloses Leben als Reinigungskräfte satt. Finanziell kommen sie auf keinen grünen Zweig und ihr Erfolg bei Frauen wird meistens dadurch vereitelt, dass Justin beim ersten Date davon quatscht, dass sie vor Jahren einer UFO-Selbstmord-Sekte angehörten. Diesen Mythos hat Justin aber nach der Flucht aus einer ländlichen Kommune in Südkalifornien für eine lokale TV-Station selbst in die Welt gesetzt. Als Justin und Aaron von der Kommune eine geheimnisvolle Videocassette erhalten, drängt Aaron darauf, den Glücksort seiner Jugendjahre erneut aufzusuchen. Justin ist skeptisch, stimmt aber einem kurzen Trip zu. Dass sie in das Zentrum der Hölle reisen, ahnen sie nicht.


Dienstag, 18. September 2018

Casting

Vermutlich ist „Casting“ wieder einer jener Filme, den niemand sehen wird. Es sei denn, das Öffentlich-Rechtliche Fernsehen erbarmt sich und zeigt Nikolas Wackerbarths grandiosen Film über die Untiefen des Filmgewerbes. Womöglich kurz nach Mitternacht. Dort sieht ihn dann auch keiner.
In einer Kommentarspalte beklagte sich eine Filmfreundin, dass in „Casting“ die Männerrolle zu sehr im Vordergrund steht. Nun, verehrte Filmfreundin, die ist in Nikolas Wackerbarths Film nun mal die Hauptrolle. Andreas Lust spielt den Gerwin inmitten einer Riege unschlüssiger Filmfrauen so grandios, dass einem die Tränen kommen könnten. Tun sie aber nicht, denn das wäre wohl politisch nicht korrekt bei einem Film, in dem sich diese Frauen über die Besetzung einer weiblichen Hauptrolle zoffen und dabei alle Register der Gemeinheit, der Unterwerfung und des fiesen Intrigierens ziehen.


Sonntag, 9. September 2018

Tom Clancy’s Jack Ryan -starker Agententhriller bei AMAZON

Die Romanfigur des Jack Ryan scheint eigentlich auserzählt zu sein. Zumindest im Kino. Bei Tom Clancy war nichts auserzählt. Sein Held wurde in seinen Romanen US-Präsident, am Ende ging sogar sein Sohn in den Außendienst, um die Welt zu retten. AMAZON hat nun den jungen Jack Ryan in den Mittelpunkt einer achtteiligen Serie gestellt. Experiment gelungen. 

Alec Baldwin spielte ihn 1990 in „The Hunt for Red October“. Harrison Ford verkörperte die Figur ikonisch und kämpfte in „Patriot Games“ und „Clear an Present Danger“ in den 1990er Jahren gegen die irische IRA und das kolumbianische Drogenkartell. Ben Affleck übernahm den Staffelstab 2002 in „The Sum of All Fears“ und machte seine Sache ganz gut, während Kenneth Branaghs 2014 entstandener „Jack Ryan: Shadow Recruit“ die Figur als Kind des 21. Jh. präsentierte, ohne damit allzu großen Erfolg zu haben. Nun ist der CIA-Analyst Jack Ryan wieder unterwegs und muss wieder einmal seinen sicheren Schreibtisch in Langley verlassen, um sich direkt an die Front zu begeben. Dass sich die Figur dabei an dem von Harrison Ford gespielten CIA-Agenten orientiert, ist kaum zu übersehen. Aber das ist auch gut so.


Donnerstag, 23. August 2018

„Die Verlegerin“ – Steven Spielbergs Plädoyer für die Pressefreiheit

Fragt man Regisseure nach der Botschaft ihrer Filme, reagieren die meisten abweisend. Sie haben keine. Angeblich. Steven Spielberg allerdings hat immer eine. In seinem Film „Die Verlegerin“ (Originaltitel: The Post) steht sie überlebensgroß im Raum und kann beim besten Willen nicht übersehen werden. Erzählt wird die Geschichte der Verlegerin Katherine Graham als leidenschaftliches Plädoyer für die Pressefreiheit.

„The Post“ ist die Geschichte einer starken Frau, die zunächst keine ist, aber am Ende über die Mächtigen triumphiert. Eine Traumrolle für Meryl Streep, ein Wunschfilm für Steven Spielberg. Wir sind im Jahre 1971: Nach dem Tod ihres Mannes ist Katherine Graham (Meryl Streep) als Besitzerin und Vorstandsvorsitzende der Washington Post die einzige Frau zwischen dominanten Männern. Obwohl sie einen Spickzettel mitgenommen hat, bekommt sie bei ihrem ersten Auftritt im Aufsichtsrat kein Wort heraus. Ein scheues Reh sei sie gewesen, berichtete später eine Mitarbeiterin. Das, was sie sagen wollte, sagt stattdessen ein Mann. 



Dienstag, 14. August 2018

The Looming Tower

Kurz nachdem am 11.9.2001 drei Flugzeuge in die New Yorker Twin Tower und das Pentagon gesteuert wurden, bricht die nackte Angst aus. Es geht darum, Karrieren zu retten und Sündenböcke zu finden. G.W. Bush verspricht dem amerikanischen Volk vollmundig, die Verantwortlichen gnadenlos zu verfolgen und zu bestrafen.
 

In der Hulu-Serie „The Looming Tower“ denkt seine nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice (Eisa Davis) bereits an den nächsten Schritt. Sie fordert den nationalen Sicherheits-Koordinator Richard Clarke (Michael Stuhlbarg) kaltschnäuzig auf, den Anschlag möglichst schnell mit dem Irak in Verbindung zu bringen. Der schaut entgeistert. Beide wissen, dass dies eine Lüge ist.

Montag, 23. Juli 2018

GLOW – die unbekannte Serienperle

Vor vier Wochen präsentierte NETFLIX die zweite Staffel von „Glow“. Erzählt wird von den Anfängen der gleichnamigen TV-Show, die in den 1980er Jahren das Frauen-Wrestling bekannt machte. „Glow“ ist eine witzige Sitcom über die „Gorgeous Ladies of Wrestling“ (GLOW), die mühelos mit den Paradepferden im NETFLIX-Stall mithalten kann.

Die 1980er Jahre: im Wrestling eine goldene Ära. Hulk Hogan wird zum populärsten Wrestler der Dekade und sorgt mit Stars wie
André the Giant, „Macho Man“ Randy Savage und „Mr. Wonderful“ Paul Orndorff dafür, dass die World Wrestling Federation (WWF) monströse Events wie „Wrestlemania“ erfolgreich im TV promoten kann. Einige Nummern kleiner geht es in den schäbigen Hallen kleinerer Organisationen zu. Von ihnen erzählt „Glow“.

Donnerstag, 19. Juli 2018

How it Ends: Ist der Netflix-Skandalfilm tatsächlich ein Skandal?

Der Apokalypse-Thriller „How it Ends“ wurde ausgerechnet am Freitag, den 13 bei NETFLIX gestartet. Recht schnell wurde der als Spektakel angekündigte Film zur armen Kinosau, die durchs Filmdorf getrieben wurde. Regisseur David M. Rosenthal hatte nämlich frevlerisch heiligen Kinotraditionen den Stinkefinger gezeigt.

Eigentlich ist die Geschichte schnell erzählt. An der Westküste gehen die Lichter aus. Die Medien berichten von einem massiven seismischen Ereignis und ein Vater bricht in Chicago auf, um in Seattle nach seiner verschollenen Tochter Sam (Kat Graham) zu suchen. Da man aus einer One-Man-Show kein Roadmovie machen kann, nimmt der Vater einen jungen Mann mit auf die Reise, den er ausdrücklich nicht mag: den Verlobten seiner Tochter.

Dienstag, 3. Juli 2018

Westworld – HBO enttäuscht mit einer kryptischen zweiten Staffel

Menschen gegen Androiden, Androiden gegen Menschen, noch mehr Parks und Menschen, die Host werden wollen – oder sollen. Dazu noch eine in gigantischen Servern gespeicherte virtuelle Schattenwelt und sogar ein virtuelles Paradies für die Hosts. „Westworld“ zog in der zweiten Staffel kräftig vom Leder. Und das Thema? Man hatte große Mühe, es zu zu finden.

Zugegeben: Wer Lisa Joys viel diskutiertes Interview (1) mit dem Hollywood Reporter gelesen hat, wird es zugeben müssen - die zweite Staffel der ambitionierten HBO-Serie hatte ein Thema. Es geht um den freien Willen, erklärte Jonathan Nolans Frau. Eine Nummer kleiner ging es nicht und die Macher wagten sich an ein Thema heran, das nach mehr als 2000 Jahren Philosophiegeschichte und einigen Jahrzehnten seriöser Hirnforschung immer noch nicht geklärt werden konnte.


Samstag, 23. Juni 2018

Reise in die Kälte II: Der Neo-Western „Wind River“

Im ersten Teil der „Reise in die Kälte“ habe ich vom zivilisatorischen Showdown in der arktischen Kälte berichtet, und damit auch von der Auflösung der zivilen Ordnung. Im Neo-Western „Wind River ist die Natur genauso unbarmherzig wie in der AMC-Serie The Terror", die Menschen sind es auch, aber die Ordnung wird in Taylor Sheridans Film auf biblische Weise wiederhergestellt. Der Geheimtipp des letzten Kinosommers ist seit Anfang Juni als Bluray, DVD und als Stream verfügbar. Man sollte ihn sich nicht entgehen lassen.

„Wind River“ ist die erste Regiearbeit von Taylor Sheridan. Sheridan hat für Denis Villeneuve das Drehbuch für den Drogen-Thriller „Sicario“ geschrieben. Wenn Benicio del Toro dort nach dem blutigen Ende seiner Kollegin rät, in eine Stadt zu ziehen, in der Recht und Ordnung herrschen, dann könnte er wohl nicht die Wind River Indian Reservation in Wyoming gemeint haben. 


Dienstag, 19. Juni 2018

Professor Marston & The Wonder Woman

Ein verblüffender Film. Wer sich fragt, wie eine der beliebtesten Figuren in den DJ-Comics entstanden ist, wird sicher nicht auf die Idee kommen, dass der Schöpfer dieser Superheldin recht unkonventionelle Vorstellungen über Sex hatte. Liebe zu dritt, Spanking und Bondage einbegriffen. Angela Robinson hat daraus einen elektrisierend erotischen Film gemacht.

1945: William Moulton Marston wird auf Schärfste angehört. Er sitzt vor einem Komitee der Child Study Association of America, einer Ansammlung stockkonservativer Puristen. Ihnen soll er erklären, warum in seinen Comics die Superheldin „Wonder Woman“ gerne fesselt und gefesselt wird, warum den Figuren lustvoll der Hintern versohlt wird und warum Marstons Comic-Heldin offenbar ein Faible für lesbische Liebe entwickelt hat. Ein Verbrechen im prüden Amerika. Martons Verteidigungsrede ist also ein hoffnungsloses Unterfangen, denn in den USA werden Kinder angehalten, öffentlich ihre Comics zu verbrennen. Es sind Bilder, die unverkennbar an die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten erinnern.


Mittwoch, 13. Juni 2018

Reise in die Kälte I: Die AMC-Serie „The Terror“

In den Eiswüsten der Arktis gibt es scheinbar nur eine Todesart: Man erfriert. Die AMC-Serie „The Terror“ erzählt von der 1846 begonnenen Erkundungsfahrt der britischen Schiffe HMS Terror und HMS Erebus und erweitert die Palette der Möglichkeiten dabei sehr drastisch: Verhungern - natürlich das auch -, Erschöpfung, Wahnsinn und Siechtum durch langsame Bleivergiftung, Suizid durch Selbstverbrennung oder Gift, Ermordung durch die eigenen Kameraden. Und wenn das nicht reicht, taucht ein unbezwingbares Monster auf, das einem den Rest gibt. Wie soll man das überleben? Gar nicht.

Dienstag, 5. Juni 2018

The Path - Season 3

Das Ende kam etwas überraschend: Der Streaming-Anbieter Hulu setzte im Ende April „The Path“ nach weiterhin schlechten Quoten ab. Das ist schade, denn nach einer durchwachsenen 2. Season präsentierten sich Eddie Lane und seine Meyeristen wieder in Bestform.
 
Immerhin folgte die Serie drei Staffeln lang einer logischen Story Arc. In der ersten Staffel verlässt Eddie Lane (Aaron Paul) die Meyeristen-Bewegung aufgrund tiefer Glaubenszweifel. In Staffel 2 erfährt der kritische Zweifler, dass er vom todkranken Guru der Bewegung, Dr. Stephen Meyer (Keir Dullea: „2001 – A Space Odyssee), zum legitimen Nachfolger bestimmt wurde. Dieses Machtwort nutzte Eddie für eine Machtübernahme. Nun will er die Bewegung von allen restriktiven Regeln befreien und transparenter zu machen.
In Staffel 3 erzählen Jessica Goldberg und ihr Autorenteam nun davon, wie Eddie Lane mit seiner neuen Rolle und einigen unerwarteten Herausforderungen umgeht. Kann er die Bewegung neu ausrichten oder verliert er sich und seine Überzeugungen?


Sonntag, 3. Juni 2018

The Secret Man

Der deutsche Verleih hat dem Originaltitel den Garaus gemacht: die Geschichte über einen der berühmtesten Whistleblower der US-amerikanischen Geschichte heißt im Original „Mark Felt: The Man Who Brought Down the White House.“ Hierzulande trägt er den Titel „The Secret Man.“ Da denkt man sofort an de Secret Service. Weit gefehlt.

Liam Neeson sieht in Peter Landesmans Film nicht so aus wie in seinen vielen Actionthrillern. Man sieht ihm sein Alter vielmehr an. Graue Haare, die eher zu einem turmartigen Überbau arrangiert sind, ein hageres asketisches Gesicht ohne gesunde Farbe. Eigentlich sieht so jemand aus, der sterbenskrank ist.

Irgendwie realistisch. Neeson ist nun 66 Jahre alt und damit ein paar Jährchen älter als Mark Felt, als dieser 1972 beschloss, als Whistleblower den republikanischen US-Präsidenten Richard Nixon zu stürzen. Der ist trotz erster Watergate-Enthüllungen gerade für seine zweite Amtszeit gewählt worden und niemand kann sich vorstellen, dass er die Kontrolle über einen der größten Politskandale der US-Geschichte verlieren wird.


Freitag, 25. Mai 2018

The Avengers: Infinity War

Der neue Marvel-Film ist nicht nur der vorläufige Höhepunkt der Phase 3 im Marvel Cinematic Universe. Er wird auch klug erzählt und macht Spaß bis zu vorletzten Minute. Und er wird in einigen Wochen vermutlich der erfolgreichste Film aller Zeiten sein.

Der Kreis schließt sich: Megaschurke Thanos, der im ersten Avengers-Film mit seinen Truppen New York verwüstete, will endgültig das Gleichgewicht im Universum herstellen. Allerdings muss dafür jeder Zweite sterben, egal, ob Mensch oder Alien. Die erforderliche Power sollen ihm die Infinity-Steine geben, die als hochwertige McGuffins ausnahmsweise von großem Nutzen sind: für Thanos bedeuten sie die absolute Macht, für das Marvel Cinematic Universe etwas Ähnliches. Sie sind der Treibstoff, der die Geschichten der Superhelden zusammenhält und vorantreibt.


Samstag, 19. Mai 2018

The Rain - Wenig überzeugende Netflix-Serie

Mit der Teenager-Dystopie „The Rain“ hat NETFLIX eine biedere Geschichte auf die Reise geschickt, die uns acht Episoden lang in ein untergegangenes Dänemark führt. Der Schauplatz ist noch am originellsten.

Die junge Simone (Alba August) wird von ihrem Vater Frederik Andersen (Lars Simonsen) aus dem Unterricht und in ein Auto gezerrt, in dem schon ihre Mutter Ellen (Iben Hjejle) und ihr Bruder Rasmus (Lucas Lynggard Tonnesen) warten. Stunden später landen alle in einem unterirdischen Bunker. Draußen entlädt sich inzwischen eine gewaltige Regenfront. Jeder, der auch nur geringfügig mit dem Niederschlag in Berührung kommt, stirbt innerhalb weniger Sekunden. Der Regen verbreitet ein tödliches Virus.

Dienstag, 1. Mai 2018

Homeland Season 7: Und wieder herrscht der Kalte Krieg

In der siebten und wohl vorletzten Staffel von „Homeland“ wird die Geschichte der um Machterhalt ringenden US-Präsidentin Elizabeth Keane weitererzählt. Carrie Mathison verfolgt eine falsche Fährte und gerät immer tiefer in den Sumpf einer neuen Verschwörung. Dabei erfährt sie, dass sie eine Menge Medikamente braucht und eine schlechte Mutter ist.

So in etwa könnte man die neue Staffel von „Homeland“ auf den Punkt bringen. Etwas viel Stoff für zwölf Episoden, könnte man meinen. Stimmt, die neue Staffel platzt thematisch tatsächlich aus allen Nähten. Und das ist nicht immer übersichtlich, aber immer wieder gelingen der Show dabei bemerkenswerte Highlights. Diese Ups und Downs deuten an, dass sich die Showtime-Serie dem Punkt nähert, an dem alles auserzählt ist. So kommt es auch: es folgt noch eine achte Staffel, dann ist alles vorbei. Entscheidend dürfte aber nicht sein, dass Hauptdarstellerin Claire Danes ihr zweites Kind bekommt, sondern dass „Homeland“ seit langem im Quotentief feststeckt. Staffel 6 sackte auf einen Schnitt von knapp 1.3 Mio. Zuschauern ab, die neue Staffel hat diese Werte nicht korrigiert.

Dienstag, 24. April 2018

Westworld - der Auftakt der zweiten Staffel

Zehn Folgen brauchte „Westworld“ in der ersten Staffel (The Maze), um sein Worldbuilding der Klimax zuzuführen. Dann wurde klar, dass die raffinierte Verzahnung unterschiedlicher Zeitebenen, die verschütteten Erinnerungen der Hosts und ihre eskalierenden ‚Funktionsstörungen‘ Teil eines verzwickten Plan waren.

Dr. Robert Ford (Anthony Hopkins) hatte seine Geschöpfe langsam auf den Tag X vorbereitet, und damit war nicht nur der Aufstand gemeint, sondern die Erlangung eines Bewusstseins. Die finale Revolte war aus Gründen der Selbsterhaltung dann recht alternativlos.

Sonntag, 22. April 2018

The Handmaid’s Tale

Margaret Atwoods Roman The Handmaid’s Tale (1985, dts. Der Report der Magd) gehört zu den großen dystopischen Romanen der jüngeren Literaturgeschichte. 1990 hatte sich bereits Volker Schlöndorff an einer Verfilmung versucht, aber ausgerechnet dem relativ kleinen Video-on-Demand-Anbieter Hulu gelang 2017 mit einer zehnteiligen Serienadaption der große Wurf, und zwar lange vor MeToo.

Dienstag, 17. April 2018

The Walking Dead – das Saisonfinale. Und wieder ist keiner zufrieden

Die letzte Episode der 8. Staffel beendete nicht nur den „All Out War“, sondern präsentierte auch eine Schlusseinstellung, die so aussah wie das Ende der Serie. Schluss und Aus mit der Zombieapokalypse, Vater und Sohn gehen vereint in eine bessere Zukunft. Dazu wird es nicht kommen – es war ein Flashback. Ginge es nach einigen Kritikern und Fans, müsste „The Walking Dead“ auf der Stelle eingestampft werden. 

Die achte Staffel endete verblüffend friedlich. Außer ein paar Statisten musste niemand sterben. Die Macher verzichteten trotz einiger auf Click Baiting spezialisierten Medien auf das angekündigte Massensterben wichtiger Figuren und auch Negans Schicksal folgte konsequent der Storyline der Comics. 

Dienstag, 10. April 2018

Seven Seconds - Netflix präsentiert Serien-Highlight

„Seven Seconds“ ist eine Anthologie-Serie, die sich zwischen Krimi, Cops & Crime & Money-Stuff und Courtroom-Drama einpendelt, für ein Maximum an Spannung sorgt und dann mit einem verstörenden Ende die Zuschauer ratlos zurücklässt.

Ein Unglück kommt selten allein. Das erfährt der junge Cop Peter Jablonski (Beau Knapp) an einem winterlichen Morgen. Seine Frau steht kurz vor der Entbindung, er telefoniert hektisch. Dann kracht es. Jablonski weiß im ersten Moment nicht, wen oder was er überfahren hat, aber ein Bike unter seinem SUV lässt Schlimmes ahnen. Er ruft seine Kollegen an, sein Vorgesetzter Mike DiAngelo (David Lyons) erscheint mit dem ganzen Team und sagt, was zu tun ist: Spuren beseitigen, Wegfahren, Schweigen. Denn Di Angelo hat das Opfer gesehen, einen farbigen Jugendlichen. Cop überfährt Schwarzen, alles Weitere ist vorprogrammiert, no chance: „Für diese Scheiße werden sie dich kreuzigen!“


Mittwoch, 28. März 2018

Akte X – eine große Serie endet mit einem Desaster

Nach der Midseason kehrten die X-Files mit zum Teil grandiosen Folgen aus der Pause zurück. Die letzte Episode hatte erneut Chris Carter zu verantworten. Wie befürchtet gelang es nicht, Sully und Mulder einen würdigen Abgang zu verschaffen. Aber es gibt eine Lösung!

Die Lösung ist recht einfach: Man vergisst 11x10 „My Struggle IV“ einfach, streicht diese Folge komplett aus dem Gedächtnis und betrachtet die 9. Episode als Ende. Denn besser als „Nothing Lasts Forever“ kann ein Finale nicht aussehen. Zuvor zogen die Macher noch einmal alle Register und schenkten den Fans einige witzige Geschichten. Die zeigten, dass man mit guten Scripts Akte X auch in Zukunft weitererzählen könnte.

Dienstag, 13. März 2018

„Annihilation“ - SciFi exklusiv auf NETFLIX

„Auslöschung“ heißt der deutsche Verleihtitel. Wer denkt da nicht an völlige Zerstörung? In der Physik funktioniert Annihilation anders. Wenn ein Teilchen mit einem Antiteilchen zusammentrifft und beide zerstrahlen, verschwinden sie nicht, sondern verwandeln sich in andere Teilchen. Das kommt dem Film von Alex Garland recht nahe.

Alex Garland hat mit „Ex Machina“ einen sehenswerten Film über Künstliche Intelligenz geschaffen. Gut kam der von Oscar Isaac gespielte Schöpfer der KI dabei nicht weg. Garlands bemerkenswerte Studie über den Überlebenswillen einer KI spielte in Räumen, Laboren, weit entfernt vom Tageslicht. Ein etwas klaustrophobischer Film.
In „Annihilation“ wird der Zuschauer in eine fremde Welt versetzt, die sich aus Fragmenten dessen, was sie gewesen ist, und etwas völlig Anderem, Fremden zusammensetzt. Ein Wald, in dem eine fremdartige Vegetation die Herrschaft übernommen hat und im dem Hirsche auftauchen, die statt eines Geweihs wunderschöne Äste mit farbfrohen Blüten tragen. Und dann völlig synchron davonhüpfen. Dort verwandeln sich die Menschen gelegentlich in Pflanzen, aber man weiß nicht so recht, ob das immer geschieht. Denn dort, wo „The Shimmer“ herrscht, gibt es offenbar keine Gesetze.


Sonntag, 11. März 2018

Malen mit Zahlen – wie US-TV-Quoten einseitig interpretiert werden

Zahlen erzählen uns nicht die Wahrheit. Sie vermitteln Fakten. Zahlen vergleichen sich aber nicht freiwillig mit anderen Zahlen – das tut der Mensch. Das ist nötig, aber die Ergebnisse sind nicht alternativlos. Man darf ruhig selbst hinschauen.

„Man kann es so sagen: Die Zombie-Serie «The Walking Dead» steckt knöcheltief im Quoten-Morast. Am Sonntagabend holte die zweite Folge der Staffel 8B die niedrigsten Reichweiten seit Staffel eins bei den 18- bis 49-Jährigen. Insgesamt lief es in Staffel zwei, am 4. März 2012, schlechter. Heißt: Die Zeiten, in denen die AMC-Serie Werte jenseits der 15-Millionen-Marke holte, sind in ganz weite Ferne gerückt“, schrieb das Rating-Portal QUOTENMETER am 6. März.

Andere deutsche Online-Medien zogen nach und zelebrierten genüsslich den Absturz der Erfolgsserie. Dabei stellte QUOTENMETER die Relationen klar: Live hatten 6,82 Millionen Zuschauer die aktuelle Episode gesehen. Das war ein deutlicher Schwund im Vergleich zu den 8,28 Millionen, die den Auftakt nach der Midseason-Pause gesehen hatten. Aber weiter unten in dem Text, gleich nach einer raumgreifenden Werbung, konnte man lesen, dass Showtime mit seiner neuen Folge von „Homeland“ 0,93 Millionen Neugierige gefunden hatte. Ob das noch jemand gelesen hat?


Dienstag, 6. März 2018

„Bad Banks“ – eine Serie zwischen Koks und Kohle

Wenn nur 20 Prozent von dem stimmen, was Christian Schwochow auf ARTE und im ZDF in seinem Thriller über korrupte Banken zeigt, dann sind wir alle verloren, faktisch regiert von Soziopathen, die sich am Ende nur deshalb retten, weil der deutsche Finanzminister in den finalen Verhandlungen einfach nicht die körperliche Kondition hat, um das Rettungs-Marathon durchzuhalten.

Finanzkrisen sind, so der skrupellose Banker Quirin Sydow (Tobias Moretti), vielleicht erforderlich, um das ‚System‘ widerstandsfähiger zu machen und seine Immunkräfte zu stärken. Sydow ist maßgeblich daran beteiligt, dass die deutsche Global Invest heimlich Schrottpapiere in Milliardenhöhe an eine Tochterbank verscherbelt hat, um die eigenen Bilanzen aufzubrezeln. Sydows selbstkritische und gleichzeitig anmaßende Quintessenz ist Teil seines schriftlichen Testaments, denn eigentlich ist er gerade dabei, sich ein Messer ins Herz zu rammen. Denn gerade ist alles aufgeflogen.

Dienstag, 27. Februar 2018

Black Panther

Im 18. Film des Marvel Cinematic Universe (MCU) bekommt der erste afrikanische Superheld der Comicgeschichte nach seinem Auftritt in „Captain America: Civil War“ (Originaltitel) seinen ersten Soloauftritt im MCU. Die Kritiker jubeln, die Fans sind gespalten.

Auf rogerebert.com schreibt der Kritiker Odie Henderson, dass „Black Panther“ einer der besten Filme des Jahres ist. Nun ist die zitierte Website ein Monolith der intellektuellen Filmkritik in den USA, der 2013 verstorbene Roger Ebert war einer der bedeutendsten amerikanischen Kritiker seines Landes. Ein Urteil auf rogerebert.com hat also ein gewisses Gewicht, obwohl niemand wissen kann, wie Ebert über „Black Panther“ geurteilt hätte.

Mittwoch, 21. Februar 2018

Shape of Water

Mit seiner Mischung aus Märchen und Monsterfilm hat Guillermo del Toro nicht nur seine Zuneigung für absonderliche Kreaturen erneut unter Beweis gestellt, sondern auch eine Hommage an die Bilderpracht des klassischen Kinos abgeliefert. „Shape of Water“ verdient mehr als einen Oscar.

Es fällt nicht schwer, auch Guillermo del Toros neuen Film als politisches Statement zu lesen. Der von Michael Shannon gekonnt ekelig gespielte Regierungsagent Richard Strickland ist ein homophober, rassistischer und frauenfeindlicher Widerling, der nicht nur eine Analogie anbietet, sondern gleich mehrere. Vielleicht etwas Lästerei über Trump & Co., vielleicht aber auch eine Sympathiebekundung für die allgegenwärtige #MeToo-Bewegung, beides lässt sich in den Film hineinlesen.

Donnerstag, 15. Februar 2018

Star Trek: Discovery – wie ging es weiter?

Die Fortsetzung nach der Midseason-Pause machte einiges gut, konnte aber trotz grandioser Settings und einem kinoreifen Look nur bedingt das Gefühl erzeugen, im Star Trek-Universum angekommen zu sein. Dennoch ist die Serie kein Flop.

In 1x10 „Despite Yourself“ begann die zweite Staffelhälfte von „Star Trek: Discovery“ (STD) mit einer Überraschung, die keine war: Die Crew der Discovery war in einem Spiegeluniversum gelandet. Dies war zuvor bereits in den Fanforen diskutiert worden.
Im Star Trek-Serien-Kosmos ist das Spiegeluniversum eine Kopie des uns bekannten Universums, in der alle Serienfiguren als Spiegelversionen existieren. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Geschichte in dieser Schattenwelt militärisch und ethisch aus dem Runder gelaufen ist. Kurz gesagt: Die Guten sind dort böse, die Bösen gut.


Samstag, 10. Februar 2018

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Bei den 90th Academy Awards, der Oscarverleihung 2018, tritt Martin McDonaghs Film in sieben Kategorien an – die Nominierungen sind allesamt verdient. Bei den Golden Globe Awards wurde die dunkelschwarze Tragödie ‚Bester Film‘, hatte das ‚Beste Drehbuch‘ und wie erwartet wurden Frances McDormand und Sam Rockwell ebenfalls ausgezeichnet. Woody Harrelson leider nicht, und der hätte es am meisten verdient.

Nein, ein Film der Coen Brothers ist „Three Billboards“ nicht. Dem Film fehlt dafür die sadistische Lust, von Idioten zu erzählen, die sich kraft purer Dämlichkeit ins Verderben stürzen, während schlicht gestrickte, aber moralisch integre und letztlich gar nicht so dumme Menschen den Sieg gegen das Böse davontragen. Allerdings spielt in „Three Billboards“ France McDormand mit, da können schnell Missverständnisse entstehen.
Und nein, auch Quentin Tarantino hat nicht Pate gestanden, obwohl es skurrile Figuren und absurde Dialoge gibt und die Gewalt eruptiv und unberechenbar hervorbricht. Dafür ist Martin McDonaghs Film formal nicht selbstverliebt genug, sondern viel zu eckig, zu kantig und zu arrhythmisch.

Freitag, 9. Februar 2018

River

„River“ ist eine britische Miniserie, in der ein eigenbrötlerische Ermittler mit Toten spricht, während er den Mord an seiner Kollegin aufklären muss. Die Serie wird von Netflix gestreamt und ist aktuell bis Anfang März in der ARTE-Mediathek zu sehen.

Detective Inspector John River (Stellan Skarsgård) und seine Kollegin Detective Sergeant Jackie „Stevie“ Stevenson (Nicola Walker) fahren im Auto durch die Nacht, sie halten an einem Drive-In. „Beeil dich, einen Burger, extra Käse, ohne Zwiebel.“ River kriegt es nicht hin, er bestellt für Stevie einen Burger mit Zwiebeln. Beide frozeln über Fastfood und Gesundheit, River etwas verschlossen, Stevenson zunehmend fröhlich. Dann hört man im Autoradio Tina Charles’ Disco-Hit „I Love to Love”, während die Credits laufen. Stevie singt mit. Kurz danach fällt River ein verdächtiges Fahrzeug auf, der Fahrer, ein junger Dealer, flüchtet. River verfolgt ihn durch Straßen und Hinterhöfe, am Ende stürzt der Flüchtige von einem Balkon und liegt zerschmettert auf dem Dach eines parkenden Autos. Die Kollege des Metropolitan Police Service wimmeln wenig später am Tatort herum, River hört sich die Kritik seiner nörgelnden Vorgesetzten Detective Chief Inspektor Chrissie Read (Lesly Manville) an: dies sei schon der dritte Wagen, den er in dieser Woche gemeldet hat. Und davon würde Stevie nicht lebendig. Stevie lacht nur:“ Was weiß die schon?“ Und während beide wegegehen, sieht man in Stevies Hinterkopf ein faustgroßes Einschussloch.

Dienstag, 6. Februar 2018

Ihre beste Stunde

London 1940: Kurz nach der Rettung der britischen Armee aus Dünkirchen verlangt das britische Informations-Ministerium nach einem Propagandafilm. Ausgerechnet eine in Sachen Film unerfahrene Werbetexterin soll dem Ganzen die weibliche Note geben.

Catrin Cole (Gemma Arterton) kommt zum Film wie die Jungfrau zum Kino. Schreibende Männer sind rar, sie sind an der Front. Ihre beste Stunde hat Catrin Cole, nachdem sie auffallend gute Texte für ein Cartoon geschrieben hat und nun den Auftrag erhält, für einen neuen Spielfilm den passenden Stoff zu evaluieren. Während deutsche Bomben auf London fallen, müssen nämlich unbeirrt weiter Filme produziert werden. Nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch, um den Durchhaltewillen der Briten zu stärken. Was passt also besser als die wahre Geschichte von zwei jungen Frauen, beide Zwillinge, die den Kutter ihres trunksüchtigen Onkels kurzerhand entführen, zum französischen Dünkirchen schippern und zahlreiche britische Soldaten in die Heimat bringen?

Sonntag, 28. Januar 2018

Spacewalker – Die Zeit der Ersten

Neues aus Russland: nach dem bereits von mir rezensierten Sci-Fi-Film „Attraction“ möchte ich eine weitere aktuelle russische Produktion vorstellen: „Die Zeit der Ersten“ (The Age of Pioneers), der in Deutschland unter dem Titel „Spacewalker“ vermarktet wird. Dmitriy Kiselev erzählt die Geschichte der Kosmonauten Alexey Leonov und Pavel Belyayev, die 1965 mit der Woschod 2 ins All flogen. Leonov verließ die Raumkapsel für einige Minuten und war der erste Mensch, der sich frei im Weltall bewegte.

Der österreichische „Standard“ verpasste dem Film das Label „Kriegsfilm“. Entweder aus Unkenntnis oder in der weisen Erkenntnis, dass „Die Zeit der Ersten“ eigentlich kein Science-Fiction-Film ist, sondern ein Drama, das ein Kapitel des Kalten Kriegs beleuchtet: den Wettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion um die Vorherrschaft im Weltall.
Aber diese thematische Kurzfassung ist allein schon ziemlicher Blödsinn, denn von Vorherrschaft konnte weder damals noch heute gesprochen werden. Im Gegenteil: das unter einem enormen Zeitdruck durchgeführte Projekt war dermaßen riskant, dass die Geschichte der Woschod 2 weniger ein Space Adventure, sondern vielmehr ein Selbstmordkommando war. Gelegenheiten zum Sterben gab es genug.

Freitag, 26. Januar 2018

Akte X – Staffel 11: zwischen schräg und brillant

Es ist vermutlich die letzte Staffel der X-Files: Gillian Anderson will nicht mehr. Nun hoffen die Fans, dass das Team um Chris Carter die Geschichte wenigstens vernünftig zu Ende erzählt. Wie das möglich ist, steht in den Sternen. Immer noch ist die Wahrheit irgendwo da draußen, wo auch immer.

Der Auftakt der neuen zehnteiligen Staffel versetzte auch den gläubigsten Fans einen schweren Schlag. Bereits die 10. Staffel, die einen Relaunch der Serie nach 15 Jahren Pause im Januar 2016 präsentierte, ließ den Zuschauer hin- und hergerissen zurück. Die Fortsetzung der Mythologie-Geschichte in der Rahmenerzählung „My Struggle“ bot nämlich einige Ungereimtheiten und endete mit einer globalen Pandemie und einem Raumschiff, das über allen schwebte, während Mulder (David Duchovny) um sein Leben kämpfte. Nicht nur er, sondern alle Menschen waren infiziert. Das „Spartan“-Virus hatte sich global ausgebreitet. Die Menschheit stand vor der Ausrottung. Eilten jetzt etwa die Aliens zur Rettung herbei?

Donnerstag, 4. Januar 2018

The Long Road Home

Mit der Military Action-Serie „The Long Road Home” hat sich National Geographic Channel ein Bein gestellt. Die achtteilige Serie basiert auf zwar realen Ereignissen während des Irakeinsatzes der US-Army, erzählt aber vom Leiden der Soldaten, ohne auch nur den geringsten Blick auf die historischen Hintergründe zu werfen.

Was lediglich ein Routineeinsatz werden sollte, verwandelt sich für ein texanisches Platoon in die pure Hölle. Abgeschnitten von den eigenen Einheiten müssen sich die Soldaten nach einem Überfall ausgerechnet in einem von Widerstandskräften beherrschten Viertel von Bagdad verschanzen. Der erste gefallene Kamerad ist ein Schock für die kleine Einheit um Lt. Shane Aguero (E.J. Bonilla). Permanenter Beschuss von den gegenüberliegenden Häusern macht eine Flucht unmöglich, die Munition wird knapp und Befreiungsversuche durch andere Einheiten scheitern, weil in den labyrinthischen Straßen Bagdads das Platoon nicht lokalisiert werden kann und die Einsatztruppen nun selbst unter schweren Beschuss geraten. Die Zahl der Toten nimmt zu, während in der Heimat die verzweifelten Familien um Informationen ringen. Während der verantwortliche Offizier, Lieutenant Colonel Gray Volesky (Michael Kelly, „House of Cards“) nach einer militärischen Lösung sucht, versucht seine Frau Leann (Sarah Wayne Callies, „The Walking Dead“) in der texanischen Heimat die verängstigten Frauen der Soldaten zu beruhigen. Bald wird klar, dass dies nicht möglich ist.

Montag, 1. Januar 2018

Star Trek: Discovery

12 Jahre nach dem Ende von „Star Trek: Enterprise“ können die Trekkies tief durchatmen. Star Trek ist wieder zurück. Doch die Reaktionen fielen gemischt aus. Die Kritiker waren zufrieden bis begeistert, vielen Fans war „Star Trek: Discovery“ zu düster. Auch die Klingonen wurden zum Ärgernis, weil sie nicht wie Klingonen aussahen. Dabei liefert der aufwändige CBS-Relaunch grandiose Bilder. Vielleicht reicht das nicht.


Ganz zu Beginn ist die USS Discovery noch nicht dabei. Sie taucht erst später auf. Da befindet sich die Föderation bereits im Krieg gegen die Klingonen. Über acht Mio. US-Dollar kostete jede der neuen Star Trek-Episoden – da musste man es richtig krachen lassen und bot gleich zu Beginn Weltraumschlachten à la carte. Star Trek-Puristen missfiel dies, aber auch in früheren Serien gab es militärische Auseinandersetzungen – etwa mit den emotionslosen, alles assimilierenden Borg. Aber das passierte halt selten. Nun aber zieht die Crew in „Star Trek: Discovery“ (STD) mit einem paranoiden, möglicherweise psychisch gestörten, aber taktisch genial operierenden Captain in einen totalen Krieg – pathetische Durchhalteparolen sind mit an Bord.