Samstag, 23. Juni 2018

Reise in die Kälte II: Der Neo-Western „Wind River“

Im ersten Teil der „Reise in die Kälte“ habe ich vom zivilisatorischen Showdown in der arktischen Kälte berichtet, und damit auch von der Auflösung der zivilen Ordnung. Im Neo-Western „Wind River ist die Natur genauso unbarmherzig wie in der AMC-Serie The Terror", die Menschen sind es auch, aber die Ordnung wird in Taylor Sheridans Film auf biblische Weise wiederhergestellt. Der Geheimtipp des letzten Kinosommers ist seit Anfang Juni als Bluray, DVD und als Stream verfügbar. Man sollte ihn sich nicht entgehen lassen.

„Wind River“ ist die erste Regiearbeit von Taylor Sheridan. Sheridan hat für Denis Villeneuve das Drehbuch für den Drogen-Thriller „Sicario“ geschrieben. Wenn Benicio del Toro dort nach dem blutigen Ende seiner Kollegin rät, in eine Stadt zu ziehen, in der Recht und Ordnung herrschen, dann könnte er wohl nicht die Wind River Indian Reservation in Wyoming gemeint haben. 


Dienstag, 19. Juni 2018

Professor Marston & The Wonder Woman

Ein verblüffender Film. Wer sich fragt, wie eine der beliebtesten Figuren in den DJ-Comics entstanden ist, wird sicher nicht auf die Idee kommen, dass der Schöpfer dieser Superheldin recht unkonventionelle Vorstellungen über Sex hatte. Liebe zu dritt, Spanking und Bondage einbegriffen. Angela Robinson hat daraus einen elektrisierend erotischen Film gemacht.

1945: William Moulton Marston wird auf Schärfste angehört. Er sitzt vor einem Komitee der Child Study Association of America, einer Ansammlung stockkonservativer Puristen. Ihnen soll er erklären, warum in seinen Comics die Superheldin „Wonder Woman“ gerne fesselt und gefesselt wird, warum den Figuren lustvoll der Hintern versohlt wird und warum Marstons Comic-Heldin offenbar ein Faible für lesbische Liebe entwickelt hat. Ein Verbrechen im prüden Amerika. Martons Verteidigungsrede ist also ein hoffnungsloses Unterfangen, denn in den USA werden Kinder angehalten, öffentlich ihre Comics zu verbrennen. Es sind Bilder, die unverkennbar an die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten erinnern.


Mittwoch, 13. Juni 2018

Reise in die Kälte I: Die AMC-Serie „The Terror“

In den Eiswüsten der Arktis gibt es scheinbar nur eine Todesart: Man erfriert. Die AMC-Serie „The Terror“ erzählt von der 1846 begonnenen Erkundungsfahrt der britischen Schiffe HMS Terror und HMS Erebus und erweitert die Palette der Möglichkeiten dabei sehr drastisch: Verhungern - natürlich das auch -, Erschöpfung, Wahnsinn und Siechtum durch langsame Bleivergiftung, Suizid durch Selbstverbrennung oder Gift, Ermordung durch die eigenen Kameraden. Und wenn das nicht reicht, taucht ein unbezwingbares Monster auf, das einem den Rest gibt. Wie soll man das überleben? Gar nicht.

Dienstag, 5. Juni 2018

The Path - Season 3

Das Ende kam etwas überraschend: Der Streaming-Anbieter Hulu setzte im Ende April „The Path“ nach weiterhin schlechten Quoten ab. Das ist schade, denn nach einer durchwachsenen 2. Season präsentierten sich Eddie Lane und seine Meyeristen wieder in Bestform.
 
Immerhin folgte die Serie drei Staffeln lang einer logischen Story Arc. In der ersten Staffel verlässt Eddie Lane (Aaron Paul) die Meyeristen-Bewegung aufgrund tiefer Glaubenszweifel. In Staffel 2 erfährt der kritische Zweifler, dass er vom todkranken Guru der Bewegung, Dr. Stephen Meyer (Keir Dullea: „2001 – A Space Odyssee), zum legitimen Nachfolger bestimmt wurde. Dieses Machtwort nutzte Eddie für eine Machtübernahme. Nun will er die Bewegung von allen restriktiven Regeln befreien und transparenter zu machen.
In Staffel 3 erzählen Jessica Goldberg und ihr Autorenteam nun davon, wie Eddie Lane mit seiner neuen Rolle und einigen unerwarteten Herausforderungen umgeht. Kann er die Bewegung neu ausrichten oder verliert er sich und seine Überzeugungen?


Sonntag, 3. Juni 2018

The Secret Man

Der deutsche Verleih hat dem Originaltitel den Garaus gemacht: die Geschichte über einen der berühmtesten Whistleblower der US-amerikanischen Geschichte heißt im Original „Mark Felt: The Man Who Brought Down the White House.“ Hierzulande trägt er den Titel „The Secret Man.“ Da denkt man sofort an de Secret Service. Weit gefehlt.

Liam Neeson sieht in Peter Landesmans Film nicht so aus wie in seinen vielen Actionthrillern. Man sieht ihm sein Alter vielmehr an. Graue Haare, die eher zu einem turmartigen Überbau arrangiert sind, ein hageres asketisches Gesicht ohne gesunde Farbe. Eigentlich sieht so jemand aus, der sterbenskrank ist.

Irgendwie realistisch. Neeson ist nun 66 Jahre alt und damit ein paar Jährchen älter als Mark Felt, als dieser 1972 beschloss, als Whistleblower den republikanischen US-Präsidenten Richard Nixon zu stürzen. Der ist trotz erster Watergate-Enthüllungen gerade für seine zweite Amtszeit gewählt worden und niemand kann sich vorstellen, dass er die Kontrolle über einen der größten Politskandale der US-Geschichte verlieren wird.