Samstag, 28. Juli 2007

Them (Ils)

Them (Ils), Frankreich 2006, Regie: David Moreau, Xavier Palud, Drehbuch David Moreau, Xavier Palud, Produktion: Richard Grandpierre. Darsteller: Olivia Bonamy, Michaël Cohen, Adriana Mocca, Maria Roman Camelia Maxim, Länge 77 min., FSK: 16.

Häuser, die einsam im Wald liegen, werden meistens von einem unschuldigen Pärchen bewohnt oder von einer Gruppe unschuldiger junger Leute fürs lustige Weekend besucht. In der Regel zieht dieses Verhalten den Auftritt eines psychopathischen Massenmörders nach sich, der alle abschlachtet.
Haben die oben angeführten Protagonisten zuviel Spaß an Sex und sonstigen Nebensächlichkeiten, tritt der psychopathische Massenmörder natürlich auch auf (oder besser gesagt: erst recht) und spaltet die Frivolen mit der Axt oder zersägt sie sonst wie. In solchen Fällen impliziert der Slasher-Film, dass die Bestraften doch irgendwie selbst schuld an ihrem Schicksal sind. Man nennt dies auch „repressive Pädagogik“ und da die Freaks mitten unter uns sind, werden sie als relevante Kino-Klientel auch regelmäßig mit maßgeschneiderten Produkten bedient.
„Them“, der für den DVD-Markt produziert wurde, ist kein Slasher-Film, funktioniert aber nach dem gleichen Prinzip der Vorhersehbarkeit: ein junges rumänisches Pärchen in einem einsamen Haus mitten im Wald wird nachts durch Geräusche aufgeschreckt und durch einige wenig subtile Grobheiten an die Grenze der Wahnsinns getrieben. Dass dies alles wohl kein Spaß ist, hat uns bereits der Prolog gezeigt, in dem eine harmlose Autopanne in eben diesem Wald zwei Frauen das Leben kostet. Und so laufen unsere Protagonisten, nachdem sie einen der Eindringlinge umgebracht haben, bald in die Finsternis und um ihr Leben. In den Kanälen eines unterirdischen Abwassersystems kommt es schließlich zum Show-down.

David Moreau und Xavier Palud haben nicht nur das Buch geschrieben, sondern bei ihrem Erstling auch Regie geführt. Produziert wurde der Film in einem Monat auf Digital-Video. Die Produktionskosten dürften sich in einem überschaubaren Rahmen bewegt haben und im über 20-minütigen „Making-Of“ erfährt man immer wieder, dass sehr effizient produziert wurde und die Darsteller dabei an ihre physischen Grenzen gingen. Gut.
Dass „Them“ auch sonst mit den Erwartungen des Publikums spielt, sollte besser nicht unterstellt werden, denn dazu gehört eine gewisse Originalität. Stattdessen klappern Fenster, der Fernseher geht an und aus, ein Auto verschwindet, man hört Schritte auf dunklen Treppen und spätestens dann, wenn ein Nagel durch ein Guckloch getrieben wird, hört der Spaß für die Bedrohten auf und leider auch für den Zuschauer. Denn das riesige Haus mit seinen labyrinthischen Gängen erinnert zwar ein wenig an „Shining“, aber das war´s dann auch mit dem großen Vorbild, denn der Film ist so grottenlangweilig, dass man doch einige Mühe hat, die 77 Minuten Laufzeit einigermaßen unbeschadet zu überstehen. Es ist eben alles nur ein großes déja-vu.
Den eigentlichen Horror erlebt man kurz vor dem Prolog und am Ende unmittelbar vor den Credits, denn Text-Inserts weisen mit Nachdruck darauf hin, dass der Film auf einer wahren Begebenheit beruht und mit welchen Worten die Täter ihr Tun begründet haben. Spätestens an dieser Stelle macht sich das wirkliche Grauen im Kopf des Zuschauers breit. Falls diese Info kein Fake ist...
Noten: BigDoc = 4

Review 2: Déja-vu – Wettlauf gegen die Zeit

USA 2006 - Originaltitel: Déjà Vu - Regie: Tony Scott - Darsteller: Denzel Washington, Paula Patton, Val Kilmer, Jim Caviezel, Adam Goldberg, Erika Alexander, Elden Henson, Bruce Greenwood - Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ab 12 - Länge: 126 min.

Denzel Washington macht immer Spaß, aber wenn man den Namen des Produzenten hört, kann man in der Regel den des Regisseurs vergessen – so lautet jedenfalls ein gängiges Kritiker-Vorurteil, denn Jerry Bruckheimer produziert High-End-Popcorn-Spektakel, in denen es immer richtig kracht und in denen kräftig zugelangt wird: u.a. „Beverly Hills Cop“ (1984), „Bad Boys – Harte Jungs“ (1995), „The Rock“ (1996), „Armageddon“ (1998), „Pearl Harbor“, „Black Hawk Down“ (2001), „Fluch der Karibik 1+2“ (2003, 2006). In all den Jahren, in denen Bruckheimer mit seinen Filmen 14 Mrd. Dollar umsetzte, hat mich einiges amüsiert, aber gut gefallen hat mir nur ein einziger Film: „Veronica Guerin“ (2003, Regie: Joel Schumacher) mit Cate Blanchett als „Die Journalistin“. Ein wirklich guter Polit-Thriller.
Insgesamt sollte man Bruckheimer aber nicht unterschätzen: im Bereich TV-Serien hat er mittlerweile eine Nase für clevere Jungs mit guten Konzepten entwickelt – so entstanden CSI samt allen Ablegern, aber auch „Close To Home“, „Without A Trace“ und die qualitativ hochwertige und ungewöhnlich innovative Serie „Cold Case“. Dort sind Déja-vus selten.

Déja-vus hat ATF-Agent Doug Carlin (Denzel Washington). Nach einem Anschlag auf eine Fähre in New Orleans wird er von einem FBI-Spezialteam und dessen Leiter (Val Kilmer) mit der Möglichkeit konfrontiert, mit einem speziellen Computersystem einen begrenzten Ausschnitt der jüngeren Vergangenheit in Echtzeit visuell darzustellen. Schritt für Schritt wird der Zusammenhang zwischen dem Mord an Claire (Paula Patton) und dem Anschlag immer deutlicher und – wen überrascht es – unser Held ist gezwungen, selbst in die Zeit zu reisen.

Tony Scott macht aus dem Ganzen einen leidlich konsumierbaren Film, der allerdings kaum den Weg ins Langzeitgedächtnis finden wird. Aber gut: für einen Abend reicht es.
Am erstaunlichsten fand ich, dass die Rolle des Bösewichts mit Jim Caviezel doch arg fehlbesetzt war: Caviezel hat Ende der 90er mit Terrence Malick und Ang Lee einige schöne Filme gemacht: „Der schmale Grat“ (1998) und „Ride With The Devil“ (1999), danach fiel er ohne eigenes Verschulden unangenehm in Mel Gibsons „Die Passion Christi“ (2004) auf. Déju-vu ist sicher nicht sein Karrierehöhepunkt, aber eine Katastrophe ist es auch nicht.
Noten: Klawer = 2,5, BigDoc = 3, Mr. Mendez = 3, Melonie = 3

Review 1: Catch A Fire

USA / Großbritannien / Südafrika 2006 - Regie: Phillip Noyce - Darsteller: Derek Luke (Patrick Chamusso), Tim Robbins (Nic Vos), Bonnie Henna, Mncedisi Shabangu, Robert Hobbs, Terry Pheto, Tumisho K. Masha - Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ab 12 - Länge: 101 min.

Die Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit: Patrick Chamusso wurde 1991 aufgrund einer allgemeinen Amnestie aus der Haft entlassen, nachdem er Anfang der 80er Jahre einen Bombenanschlag auf eine Ölraffinerie begangen hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Chamusso Aktivist der ANC.
Der Film von Philip Noyce erzählt, wie Patrick nach einem terroristischen Anschlag unschuldig verhaftet wird und vom Sonderermittler Nic Vos massiv unter Druck gesetzt wird. Die Folge: aus dem an Politik kaum interessierten Farbigen wird ein militanter Gegner der Apartheid. Ein Lehrstück in Sachen Self-fulfilling Prophecy.
So nobel die politisch-pädagogische Botschaft letztlich auch ist: Noyce (The Quiet American, 2002) gelingt kein wirklich packender Film. Das liegt auch daran, dass sich „Catch A fire“ nicht wirklich mit der Frage auseinandersetzt, ob es einen „guten“ und einen „bösen“ Terrorismus gibt und was beide unterscheidet.
Genretechnisch ist der Film kaum mehr ist als ein konventioneller Thriller, was nicht schlecht sein muss, aber der Plot ist einfach zu stereotyp und vorhersehbar, um Spannung zu erzeugen: zu sehr scheint sich Noyce darauf verlassen zu haben, dass die Authentizität der Geschichte die etwas langweilige und biedere Inszenierung aufwiegt.
Ohne Tim Robbins, der seiner Figur ein sehr ambivalentes Charisma verleiht, wäre alles vermutlich noch schlimmer geworden. So aber gelingt es dem Film aber wenigstens anzudeuten, von welchen Ängsten die weiße Minderheit des Landes beherrscht wurde. Natürlich foltert der höfliche Vos nicht selbst. Irgendwie kommt einem dies vertraut vor.

Noten: keine

Dienstag, 17. Juli 2007

Stranger Than Fiction

USA 2006. R: Marc Forster. B: Zach Helm. P: Lindsay Doran. K: Roberto Schaefer. Sch: Matt Chessé. M: Britt Daniel, Brian Reitzell. T: David Obermeyer. A: Kevin Thompson, Craig Jackson. Ko: Frank Fleming. Pg: Sony/Columbia/Mandate/Three Strange Angels. V: Sony. L: 113 Min. D: Will Ferrell (Harold Crick), Maggie Gyllenhaal (Ana Pascal), Dustin Hoffman (Prof. Jules Hilbert), Queen Latifah (Penny Escher), Emma Thompson (Kay Eiffel), Tony Hale (Dave), Tom Hulce (Dr. Cayly).

Es gibt einige ernste Fragen...
Irgendein intelligenter Mensch hat irgendwann einmal die These aufgestellt, dass der einzige wirklich nennenswerte Unterschied zwischen Mensch und Tier jener sei, der den Mensch in den Stand versetzt, sich Fiktionen auszudenken, in denen er bereit ist, sich permanent mit den Unpässlichkeiten des realen Lebens herumzuschlagen. Das eigentliche Problem dabei ist, dass wir uns –angefangen mit den alten Griechen, weiter mit Shakespeare bis hin zu Quentin Tarantino – nie so recht entscheiden konnten, ob die Darstellung des Lebens in der Kunst nun eine Tragödie oder eine Komödie sein soll. Vermutlich hängt dies damit zusammen, dass wir nicht wissen, ob das Leben selbst eine Tragödie oder eine Komödie ist.
Immerhin: Aus der Kunst kurzweilige und intelligente Geschichten zu erzählen, die diesen Spagat trotz der beschriebenen Schwierigkeiten mehr oder weniger gut hinkriegen, haben sich so veritable Geschäftszweige wie Theater, Literatur und Kino abgespalten, die leider allzu häufig unter Beweis stellen, dass man die Kurzweiligkeit gerade eben noch hinbekommt, es mit der Intelligenz aber doch mitunter hapert. Bei Marc Forsters neuem Film ist das entschieden anders – seine brillante Komödie „Stranger Than Fiction“ gehört zu den besten Filmen des Jahres 2007.

Gibt es auch im wirklichen Leben Steuerprüfer, die Krawatten tragen?
Mal abgesehen davon, dass der deutsche Verleihtitel "Schräger als Fiktion" eine Mogelpackung ist, erfährt man in dem neuen Film von Marc Foster ("Monster's Ball", "Finding Neverland") zunächst, dass das Leben stinklangweiliger Steuerprüfer schon „an sich“ eine Tragödie ist: Harold Crick (Will Farrell) ist mit seinem auf die Minute genau durchorganisierten Leben ein Spießer wie er im Buche steht. Vom morgendlichen Binden der Krawatte bis zum pünktlichen Antritt der Nachtruhe gibt seine Uhr genau vor, was er tut. Richtig: das ist ganz schön langweilig. Aber plötzlich hört Harold Crick eine Stimme, die sein Leben kommentiert, nein, eigentlich sogar erzählt, was er gerade eben getan hat. Allein das ist schon ein Witz, aber dazu müsste man die aristotelische Poetik kennen, nach der sich Historiker und Dichter dadurch unterscheiden "…dass der eine das wirklich Geschehene mitteilt, der andere, was geschehen könnte." Aber nein, dieser spekulative Pfeil in die Zukunft fehlt völlig – Harold Cricks „Stimme“ nervt, weil sie (dies allerdings mit sehr schönen Formulierungen) zusammenfasst, was vor einigen Sekunden geschehen ist.
Dies kann einen Menschen schon ganz schön aus der Bahn werfen, besonders wenn eine Steuerprüfung bei einer hübschen Bäckerin ansteht (Maggie Gyllenhaal), die nur 78 Prozent ihrer Steuern bezahlt hat, weil sie mit dem Rest nicht Kinkerlitzchen wie Kriege und nationale Sicherheit finanzieren will, deren körperlichen Attribute den asexuellen Steuerprüfer aber überraschenderweise faszinieren.
Da alles auf eine Krise zusteuert, macht Harold erst einmal Urlaub. Die von einer Nervenärztin gestellte Diagnose „Schizophrenie“ weist er zurück, aber immerhin nimmt er dankbar die Empfehlung an, einen Literaturspezialisten aufzusuchen. Der Professor Jules Hilbert (Dustin Hoffman), im Nebenberuf sinnigerweise Bademeister, zeigt sich irritiert, fängt aber Feuer, als er aus Harolds Mund eine wunderschöne Formulierung hört, die dieser „Buchhalter des Lebens“ unmöglich selbst produziert haben kann. Hilbert fängt an, die „Stimme“ zu analysieren und konfrontiert Harold mit der nahe liegenden Schlussfolgerung, dass er wohl eine Romanfigur sei – allerdings sei noch unklar, ob er Teil einer Komödie oder einer Tragödie sei.

Sind Drehbuchautoren die besseren Philosophen?
Damit hat Drehbuchautor Zach Helm den Plot festgelegt: „Stranger Than Fiction“ ist nicht etwa eine simple fiktionale Geschichte, sondern eine fiktionale Geschichte, die sich über fiktionale Geschichten in fiktionalen Geschichten den Kopf zerbricht. Dass dies auf Dauer im Kino nicht zu vermeiden ist, war klar. Es ist halt wie bei „Star Trek“: irgendwann werden die Zeitreisen selbst zum Thema und wir stecken mittendrin in schier unlösbaren Paradoxien, über die man besser nicht nachdenken sollte. Mit Zack Helms haben wir uns nun in die Champions League der Scriptwriter begeben, nämlich in die Welt von Charlie Kaufman, der mit Being John Malkovich (1999) und Adaption (2002) einige Parameter dieses Genres definiert hat. Nicht zu vergessen Peter Weirs Die Truman Show (1998), die auf einem Roman eines weiteren schrägen Vogels basierte: Philip K. Dick, der die Grenzen zwischen Realität und Fiktion auch sehr flexibel behandelte. Mit anderen Worten: wir sind in guter Gesellschaft.

Doch zurück zur Geschichte: Harold folgt den genauen Anweisungen Professor Hilberts und versucht herauszufinden, ob er nun der Held einer Komödie oder einer Tragödie ist. Die zarten romantischen Bemühungen um die schöne Bäckerin Ana deuten eher letzteres an, bis Harold durch einen Zufall herausfindet, dass seine Stimme der Erfolgsautorin Kay Eiffel (Emma Thompson) gehört. Nun ist das Dilemma perfekt, denn Eiffels Bücher enden mit dem Tod des Helden. Ausnahmslos. Glücklicherweise leidet die die Autorin aber an einer akuten Schreibblockade, die sie hindert, das letzte Kapitel zu schreiben, sie aber an die übelsten Orte führt, wo sie darüber sinniert, wie sie ihren aktuellen Helden vom Leben zum Tode befördert. Es kommt wie es kommen muss: Harold findet die Adresse der zurückgezogen lebenden Kay und konfrontiert sie mit der Verantwortung für ihre Fiktionen, besonders wenn diese real sind und gerade ihre Traumfrau erobert haben.

Ist man immer tot, wenn man vor ein Auto läuft?
Das alles ist natürlich herrlich absurd, völlig abwegig und daher saukomisch. Und wie bei jeder guten Komödie schaut auch das Tragische um die Ecke und stellt philosophisch nicht ganz unbelasteten Zuschauer ernste Fragen: Haben die Konstruktivisten recht und die Welt existiert nur in unseren Köpfen? Aber warum ist man dann meistens tot, wenn man vor einer Auto läuft (was in Forsters Film tatsächlich eine entscheidende Bedeutung erhält)? Haben wir einen freien Willen und wenn nicht, warum glauben wir es trotzdem? Ist man nur Teil eines großen Masterplans und wie kann man dennoch Spaß dabei haben? Sind Filme wirklich so abgründig tiefsinnig oder wollen uns dies nur Filmkritiker weismachen, um auf diese Weise ihre Brötchen zu verdienen?

Bevor die letzte Frage weiter vertieft wird, möchte ich stattdessen auf die vorzüglichen Darsteller hinweisen, die ihr Bestes gegeben haben, um uns den Ernst und die Bedeutung dieser dräuenden Probleme klar zu machen: Emma Thompson als hyper-neurotische, ketten- und ritualrauchende Phobikerin (Prokrastination heißt ihre Krankheit übrigens und in meinem Bekanntenkreis leiden entschieden zu viele Individuen daran) hat mir am besten gefallen, aber auch Will Ferrell hat seine Qualitäten, besonders wenn er Gitarre spielt und seine Krawatte bindet. Maggie Gyllenhaal ist süß, anarchisch und auch sonst reizend und mehr kann man nun wirklich nicht verlangen. Und Dustin Hoffman spielt auf so unnachahmliche Weise, dass man die Frage vergisst, was Jack Nicholson wohl aus dieser Rolle gemacht hätte.

Ach ja: persönlich glaube ich schon, dass unser Leben eine Tragödie ist. Man liest einfach zu viel in der Zeitung. In jüngeren Jahren war ich vom Gegenteil überzeugt und habe zum Ausgleich Filme von Ingmar Bergman angeschaut. Weitergebracht hat mich das nicht. Deswegen habe ich Marc Forsters Film eine glatte Eins gegeben.

Der Rest des Filmclubs war von diesem Enthusiasmus doch etwas überrascht, konnte aber auch nicht ganz ausschließen, dass „Stranger Than Fiction“ doch eine tiefere Bedeutung hat.

Noten: Mr. Mendez = 2,5, Klawer = 2,5, Melonie = 2, BigDoc = 1

Mittwoch, 11. Juli 2007

Brick

USA 2006 – Regie, Buch: Rian Johnson - Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Nora Zehetner, Noah Fleiss, Matt O'Leary, Noah Segan, Meagan Good, Emilie de Ravin, Richard Roundtree, Lukas Haas, Brian J. White - FSK: ab 12 - Länge: 110 min.

„Brick“ ist ein intelligentes Crossover-Produkt, das eine ähnliche faszinierende Wirkung erzeugt wie der allerdings deutlich enigmatischere „Donnie Darko“: Rian Johnson hat eine Mischung aus Collegemovie und film noir produziert, einen Film, der nach ersten Irritationen aufs angenehmste unterhält und seine Verschlüsselungen in kleinen Portionen präsentiert und peu à peu auflöst. Nämlich dann, wenn man kapiert hat, dass Sam Spade und Phillip Marlowe herzlich grüßen lassen.
Es ist alles da: der Humphrey Bogart-Typ, die femme fatale, der sarkastische Boss einer brutalen Gang, der Schläger für die Drecksarbeit und das mysteriöse Mordopfer, das natürlich eine schöne Frau ist, zu der unser Held eine zerbrochene Liebesbeziehung „unterhält“. Dass all diese gebrochenen Gestalten noch brav bei Papa und Mama wohnen, macht den skurrilen Reiz dieses Films aus, der nach sechsjähriger Produktionsphase vom Autor und Regisseur am heimischen PC geschnitten wurde, mittlerweile acht Filmpreise in die Tasche gesteckt hat und zum Kultfilm avancierte.

Die Handlung: Brendan Frye (brillant: Joseph Gordon-Levitt) ist eine bebrillter, intellektuell anmutender und dennoch extrem tougher und schlagkräftiger Einzelgänger an einer Highschool in Südkalifornien – hard-boiled wie die die privat eyes aus dem Kinokosmos der 40er Jahre. Ein Anruf seiner Ex-Freundin Emily löst eine Kaskade von Katastrophen aus: Emily stammelt Merkwürdiges in den Hörer– und verschwindet dann spurlos. Zusammen mit seinem Freund Brain, der als multiples Undercover-Informations- und Logistikzentrum fungiert, versucht Brendan das Geheimnis zu lösen und in dem ganzen abscheulichen Sumpf aufzuräumen – äußerst motiviert, denn er findet Emily bald darauf tot in einem Abwasserkanal.
Langsam lernt der Zuschauer die mysteriöse Welt der Highschool kennen, in der alles korrupt und einem allgemeinen Werteverfall ausgesetzt zu sein scheint. Viel zu sehen ist vom Lehrbetrieb an den überwiegend menschenleeren Schauplätzen allerdings nicht. Als es Brendan gelingt, in der Drogengang des geheimnisvollen Pin (Lukas Haas, „Der einzige Zeuge“) aufgenommen zu werden, scheint sich alles zu entwirren.Doch keine Sorge: ähnlich wie in „The Maltese Falcon“ und „The Big Sleep“ versteht man das ganze Ausmaß von Verrat und Heimtücke auch dann nicht vollständig, wenn Brendan in der dramatischen Schlussszene dem Hauptübeltäter, dessen Geschlecht hier nicht verraten werden soll, alles an den Kopf wirft. Dass der Film danach einsam aus dem Bild stiefelt, versteht sich von selbst.

Rian Johnson hat gut daran getan, dem Film einen eigenen Look zu geben und nicht den kalten und expressiven Charme der in schwarz-weiß gedrehten noir-Filme zu kopieren. So ist es weniger der Stil, der den Film prägt als vielmehr der Plot und die streckenweise wahnsinnig witzigen Dialoge. So gut muss man erst einmal schreiben. Hut ab!

Der Filmclub goutierte also nach einigen Rückschlägen wieder einmal einen restlos überzeugenden Film.

Noten: Melonie = 2, BigDoc = 2, Klawer = 2,5, Mr. Mendez = 3.