Mittwoch, 31. Dezember 2014

Best of 2014

Im letzten Jahr hatte ich im Rückblick einige Fragen zur Zukunft des Kinos gestellt. So etwas verbindet man zum Jahreswechsel gerne mit Spekulationen, die man dann 12 Monate später natürlich checkt. Und wie lautet das Ergebnis? Es ist vieles anders gekommen, einige Prognosen trafen jedoch ins Schwarze.

Aber zunächst einmal die besten und miesesten Filme des Jahres 2014. 
Im Vergleich zum letzten Jahr gab es im Filmclub einen dramatischen Qualitätsanstieg – wenn man die Noten betrachtet. Reichte in 2013 ein Notenschnitt von 2,5, um in die Top Ten zu kommen, so fielen in 2014 bereits Filme mit einem Schnitt von 2,0 aus den Top Twenty heraus. Mit einer Noteninflation hat dies nichts zu tun, denn gleichzeitig wurde etwas häufiger als sonst über die Qualität der Filme gemeckert. Paradox, aber interessant.
Geändert wurde die +2-Regel. In den Top Twenty findet man nun auch Filme (kursiv), die lediglich von zwei Club-Mitgliedern gesehen wurden. Dies soll die Rangliste noch repräsentativer machen. Gesehen haben wir die Filme überwiegend auf DVD – nur zwei Filme lagen auf Bluray vor. Dies spiegelt aber nicht das übrige Sehverhalten wider: ‚privat’ liegt die Bluray eindeutig an der Spitze, auch im VoD-Segment wurden fast ausschließlich HD-Inhalte gestreamt.


Was war gut, was war mies?


Die großen Abräumer waren „Grand Budapest Hotel“ und „Die andere Heimat“ von Edgar Reitz. Alles sozusagen „mit Ansage“ und nicht wirklich eine Überraschung, zumal die Filme von Wes Anderson bei uns immer sehr gut angenommen worden sind. Hierzu liegen Besprechungen vor (s. Links).

Jean-Pierre Jeunets „Die Karte meiner Träume“ überraschte ein wenig auf dem 3. Platz, aber der Film bietet überragende Schauwerte und eine witzige, weitgehend unproblematische Geschichte. Wellness-Kino. Das ist aber nicht abwertend gemeint.

Über „Mitternachtskinder“ habe ich in einem Quartals-Rückblick geschrieben. Über den „Geschmack von Rost und Knochen“ leider nicht. Der in 2012 produzierte Film dürfte eigentlich nicht ausgewertet werden, da aber die DVD in 2013 erschien, erfüllt der Film dann doch noch die „Best of“-Kriterien.

Zur „Bücherdiebin“ liegt eine Kritik vor. Zu dem außergewöhnlichen deutschen Spielfilm „Finsterworld“ nicht. Ganz ehrlich: Ich habe mich nicht getraut, was mir eigentlich noch nie passiert ist. Aber wenn es eine Variante des Absurden Theaters im Kino gibt, dann ist es der sehr irritierende, aber auch sehr berührende Film von Frauke Finsterwalder. Mit Preisen überhäuft, wird dieses außergewöhnliche Stück Kino aber wohl niemals mehrheitsfähig werden.
„The Secret Life of Walter Mitty“ gehört dagegen zu den Filmen, die beim ersten Hinsehen Eindruck schinden und auch einige schöne Momente bereithalten, aber bereits nach 14 Tagen wieder vergessen sind. Meine Meinung: Mit dem 8. Platz ist Ben Stillers Film doch ein wenig überbewertet.

„Boyhood“ war der letzte Film des Jahres und damit The Cream on the Coffee. Seine Kraft schöpft der Film nicht aus dem Reflexiven, das sich nach dem Sehen eines Films einstellt, sondern aus dem Sehen selbst. Fast drei Stunden lang erzählt der „Before Sunrise“-Regisseur die Geschichte eines Jungen, eine Coming-of-Age-Geschichte, die mit seinem 6. Lebensjahr beginnt und 12 Jahre später endet. Linklater hat ebenfalls 12 Jahre gedreht, einmal im Jahr und immer mit den gleichen Darstellern und immer eine kurze Episode, die danach sofort geschnitten wurde. 

Das Erstaunliche ist die Alltäglichkeit der Geschichte, die von den Darstellern zum Teil selbst entwickelt wurde – ein fiktionales Konzept, das einzigartig ist und beinahe an klassische Langzeitdokumentationen erinnert. Es gibt in „Boyhood“ keine großen Dramen, sondern all das, was viele Zuschauern möglicherweise selbst erlebt haben: eine Patchwork-Familie, emotionale Beziehungen zu Ersatzvätern und dem richtigen, der sich als der beste entpuppt; Kinder werden nicht verstanden, dann werden sie doch verstanden und am Ende müssen sie sich ihren Weg doch alleine suchen, und auch noch dort, wo man es am wenigsten erwartet hat. Alles muss organisiert und immer wieder neu bewertet werden. Dafür ist die umtriebige Mutter zuständig: die trinkenden und gewalttätigen Ersatzväter werden als biografische Randnotiz zurückgelassen, die motivierenden Ersatzväter manchmal nicht recht wahrgenommen.
Die erste Liebe, die erste Enttäuschung, das Ende der Highschool, der Einzug auf dem Collage-Campus, undeutliche Vorstellungen von der Zukunft und die Erkenntnis - all das muss die Hauptfigur allein in den Griff bekommen. Dass man das Meiste im Hier und Jetzt nicht herausfinden wird, aber erkennen kann, dass man im Hier und Jetzt den Moment genießen sollte, solange man jung ist, das ist die unaufdringliche Botschaft eines wahrhaft alltagstauglichen Films.

Und meiner persönlichen Lieblingsfilme? Ganz klar und mit großem Vorsprung „Her“ von Spike Jonze, einer der sensibelsten und intelligentesten Film, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Wenigstens schaffte es mein Favorit noch in die Top Ten.
Und dann „Der blinde Fleck“ von Daniel Harrich, der wie ein Paukenschlag daherkam. Warum dies so ist, habe ich in einer sehr langen Kritik zu beschreiben versucht. Und alle, die dies in meinem Bekanntenkreis gelesen und auch den Film gesehen haben, waren schockiert: Beweismittelvernichtung nach dem größten Terroranschlag auf deutschem Boden! Geheimarmeen in Europa! Windige Allianzen von Nachrichtendiensten mit terroristischen Organisationen! Dunkle Machenschaften von Alt- und Neo-Nazis!
Und das wirklich Spannende: Der Film erzählt nur einen Bruchteil von all dem, den Rest kann man nachlesen in den Sitzungsprotokollen des Europäischen Parlaments und denen des Deutschen Bundestages. Und während im Osten Deutschlands Zehntausende aufmarschieren, um das Abendland zu retten, scheinen sich offenbar nur wenige dafür zu interessieren, dass anderenorts die Demokratie von Strippenziehern im Hintergrund bereits ausgehöhlt worden ist. „Der blinde Fleck“ ist ein Kinofilm, der sich erst über die gründliche Recherche verstehen lässt. So sollte Kino auch sein!

Natürlich gehören zu einem gepflegten Jahres-Rückblick auch die totalen Flops. Es waren wenige, aber waren spektakulär. Filme mit Notenschnitt von 3plus gehören eigentlich nicht in die Liste, aber sei’s drum – wir wollen ja vollständig sein:



Groß kommentieren will ich dies nicht. Nur so viel: Der 3. Teil von Sam Raimis „Spiderman“ war einmal Jahressieger bei uns – die Remakes erinnern nun daran, dass für so etwas die Filmindustrie verantwortlich ist, die am liebsten immer das Gleiche zeigen würde, wenn sie könnte.
Ich empfehle dazu das Buch „Die besten Filme, die Sie nie sehen werden“ von Simon Braund (Hrsg.). Dort werden Projekte beschrieben, die nie auf die Leinwand kamen. Und viele spannende Drehbücher sind im Reißwolf gelandet, weil die Studiobosse der Ansicht waren, dass man damit den ‚jungen Leute’ nicht das Geld aus der Tasche ziehen könne. Die Spiderman-Remakes gehören dazu: sie sind so sterbenslangweilig und kalt kalkuliert, dass wir es kaum geschafft haben, den 2. Teil zu Ende zu gucken.

Dass sich unter den Flops auch weitere populäre und erfolgreiche Filme befinden, überraschte dann auch mich. Im Niemandsland zwischen den beiden Kategorien sind zudem noch einige Filme versandet, von denen man es nicht erwartet hätte. Etwa Scorseses „The Wolf of Wall Street“, Ozons „Jung & schön“ oder Stephen Frears „Philomena“ – zum Teil mit guten Noten, aber es reichte nicht für die Top Twenty.


Neue Medien: Der Filmclub streamt!

„Hat das Kino überhaupt noch eine Zukunft oder wird es lediglich zu einem Teil einer großen medialen Verwertung, in der man Filme nur noch gelegentlich im Kino sieht? Sondern öfter im (...) im Internet auf YouTube oder iTunes, auf dem Smartphone oder gestreamt von einem Medienserver auf den großen Flatscreen“, fragte ich im Dezember 2013. Gemeint war damit nicht etwa das statistische Verhalten der bundesdeutschen Kinogänger, sondern die Veränderung unserer eigenen ganz persönlichen Sehgewohnheiten im und außerhalb des Filmclubs.

In Sachen Kino behielt ich Recht. Dort tauchten wir relativ selten auf. Das Kino mutierte zur Popcorn-Zone, in die wir uns für ein 3 D-Spektakel locken ließen und/oder um sich ein saftiges Stück Mainstream wie den Hobbit, die X-Men oder Iron Man schmecken zu lassen. Mit dem Hobbit war das aber so eine Sache, man bekam in der letzten Etappe des dreiteiligen Sinkflugs eher Sodbrennen. Peter Jackson hat aus einer schönen Mythologie das Battlefield Middle-earth gemacht und die Tolkien-Saga in eine durchgeknallte Gelddruckmaschine verwandelt – ein herzloses Industrieprodukt, das sich aber verkauft wie geschnitten Brot.

Stattdessen verlagerten sich wie vermutet unsere Aktivitäten noch stärker ins Heimkino. Und auch ins World Wide Web. Und das war die eigentliche Überraschung des vergangenen Jahres: 75% der Filmclub-Mitglieder haben sich für Streaming-Portale und die entsprechende Hardware entschieden: 1x Apple TV, 2x Amazon Fire TV.
Dies war zunächst einmal eine technische Revolution, denn zuvor wurde bereits via Browser auf Inhalte von Amazon zugegriffen. So konnte man die vierte Staffel von „Game of Thrones“ sehen, lange bevor die dritte im Free TV ausgestrahlt wurde. Exklusivität macht Spaß.

Nun stehen seit einigen Wochen bei uns die kleinen, flachen Streamer vom Amazon und Apple im Regal, und tatsächlich überzeugen sie in Sachen Bildqualität ungemein, besonders dann, wenn sie direkt am Router hängen. Dies kurbelte in der zweiten Jahreshälfte den Konsum nachhaltig, aber nicht übermäßig an (dazu später mehr).

Video on Demand war also die spürbarste Zäsur in unserem Medienverhalten des letzten Jahres. Und es hat sich gelohnt: „True Detective“ entdeckte ich recht früh dank VoD, ein anderes Clubmitglied stürzte sich auf die aktuelle Staffel von „Downton Abbey“ und zum Jahresende konnte ich mich darüber freuen, dass die Episoden der 4. Staffel von „Homeland“ bereits einen Tag nach der US-TV-Ausstrahlung als OmU zu sehen waren. Und mit meiner Rezension von „The Strain“ tauchte zum ersten Mal auch eine VoD-Serie im Blog auf. 

Times They Are a Changin’ ...

Auch bemerkenswert: es wurde vieles gemeinsam geschaut. Dabei wurde auch diskutiert, welche Konsequenzen die Diversifikation des neuen Medienverhaltens hat. Und während laut einer Umfrage viele US-Konsumenten bereit sind, durchschnittlich 200$ pro Monat für Prime-Inhalte von Amazon auszugeben, war uns schnell klar, dass man am besten fährt, wenn man sich die exklusiven Inhalte gemeinsam anschaut und sich die Kosten teilt. 

Mein persönliches Portfolio sieht so aus: mit Fire TV sehe ich überwiegend interessante Serien, immer häufiger auch in der Originalsprache. Zusätzlich habe ich mit SkySnap und dessen unschlagbarem Pauschalpreis ein Portal, das ich via Browser nutze und das den Zugriff auf zahlreiche HBO-Serien ermöglicht. Als „The Wire“-Fan konnte ich so nicht mehr ganz so aktuelle Geheimtipps wie „Generation Kill“ von David Simon & Ed Burns, die Special Interest-Serie „Treme“ (David Simon) oder den leider zu früh gefloppten „Copper“ sehen kann.


Serien am laufenden Band

Der Schnellste wird gewinnen.

Noch eine Frage aus dem letzten Rückblick: „Ist der Film überhaupt noch ein mediales Event oder ist er bereits abgelöst worden von den Serien, vom viel beschworenen Quality TV?“
Das war natürlich eine kleine Provokation, sie spiegelt die raschen Trend- und Themenwechsel wider. Serien und Kinofilme konkurrieren aber schon längst nicht mehr im Fernsehen miteinander, sondern liegen plattformübergreifend im Clinch. Dabei spielen das öffentlich-rechtliche Fernsehen und auch die privaten Anbieter keine entscheidende Rolle mehr. 
Während ARTE das Finale von „Breaking Bad“ nach über einjähriger Pause (!) im Januar 2015 ausstrahlen wird, haben die Fans diesen Job bereits zum Jahreswechsel 2013/14 per Bluray, DVD oder Pay TV erledigt.
RTL II hat mit „The Walking Dead“ ein echtes Quotenpferd und kann es sich noch erlauben, alles mit einem Jahr Verspätung zu zeigen. Aber es ist wie es ist: die Contents werden erst im Pay TV und als VoD durchgenudelt, bis sie irgendwann den frei empfangenden Verbraucher erreichen.
Natürlich läuft der Erwerb der Lizenzen nicht so, wie es sich die normalen TV-Gucker wünschen, aber ich rechne damit, dass im Wettbewerb die VoD-Anbieter immer mehr Boden gegenüber dem Pay-TV gewinnen werden und dies die Abwendung vom herkömmlichen Fernsehen beschleunigt.

Auf der Strecke bleiben dann die Privaten und die Öffentlich-Rechtlichen. Und solange Letztere das horizontale Erzählen intern als Schimpfwort nutzen, weil sie den deutschen TV-Normalo nicht ganz zu Unrecht als überfordert einschätzen, wird sich am Bedeutungsverlust der Anstalten nicht viel ändern. Als Lizenznehmer hinken sie der Konkurrenz längst hinterher und bedienen entweder nur noch die Gruppe der Spätberufenen oder präsentieren mit überaus guten Nischenprodukten wie „The Returned“ wenigstens einen kleinen Kreis von Kennern. 


Hat das Quality TV den Zenit überschritten?

Viele Medienexperten halten das Quality TV für ein Phänomen, das seinen Zenit überschritten hat. So weit möchte ich mich nicht aus dem Fenster lehnen, aber nach dem Ende von „Breaking Bad“ und dem bevorstehenden Finale von „Mad Men“ sind potente Nachfolger nicht leicht zu finden.

Und HBO? Natürlich setzte „True Detective“ ein dickes fettes Ausrufezeichen, es gibt weiterhin „Game of Thrones“, „Girls“ läuft seit 2012 recht erfolgreich, hinzu kommen noch einige Comedyserien und seit 2014 „The Leftovers“, aber man darf gespannt sein, ob HBO auch in den kommenden zwei, drei Jahren das glückliche Händchen hat, um neue Showrunner vom Kaliber eines Vince Gilligan („Breaking Bad“ für AMC) oder Matthew Weiner („Mad Men“ für AMC) zu finden. Immer deutlicher wird, dass es nicht nur die clevere Firmenpolitik von HBO ist, die Erfolgsserien garantiert, sondern dass es Kreative wie Nic Pizzolatto sind, die starke Ideen haben und dann auch noch exzellent umsetzen.


Über allen thront die AMC-Serie „The Walking Dead“, die auch in Deutschland sagenhafte Quoten generiert, obwohl das Free TV mit elender Verzögerung an den Start geht und zum Beispiel die vierte Staffel dann zeigt, wenn sich die Fans bereits die Hälfte der fünften sonst wo angeschaut haben.
Unsere (inoffiziellen) Serienhits in der Reihenfolge der quantitativen Nutzung:

  1. True Detective
  2. Downton Abbey
  3. Game of Thrones 4
  4. Homeland 4

Mediale Übersättigung

Die nachhaltigen Veränderungen im Medienjahr 2014 führten aber auch zu ganz unerwarteten Ergebnissen. Dem Filmclub standen im Laufe des Jahres ca. 150 Kinofilme auf DVD und Bluray zur Verfügung. Gesehen wurde nur knapp ein Drittel. Das ist nicht schlecht.
Die zunehmende Bedeutung der TV-Serien und die Nutzung der Streaming-Portale haben aber zu einem Überangebot geführt, das man beinahe schon als Erschöpfung erlebt. 
Immer kritischer werden die Angebote und Inhalte im Club geprüft. Und immer häufiger schleicht sich das Gefühl ein, dass dies alles zu viel des Guten ist.
Der moderne Film- und Serienjunkie wird die Frage zu beantworten haben, was er mit seiner Freizeit anfängt und wie er sie sich einteilt. Beherrschbar wird dies nur mit konsequenter Selektion und viel Disziplin, aber ausgerechnet dies sind Fähigkeiten, die dem Junkie von Natur aus fehlen. Und wenn auch noch nach langen Jahren der HBO-Klassiker „Oz“ auf dem deutschen DVD-Markt erscheint, verdreht man gequält die Augen – und legt kurz danach los.
Im Filmclub hat dies irritierende Konsequenzen gehabt. Häufiger als früher wurden schlechte Film bemängelt, noch häufiger wurden Termine abgesagt. Man hat keine Zeit mehr für riskante Experimente, der alltägliche Stress nimmt zu und an der nächsten Ecke wartet ja die spektakuläre Alternative. Die Zeit wird knapper, das Murren nimmt zu.
 Sicher ist aber nur eins: Noch nie haben wir so viele gute Filme gesehen wie im letzten Jahr. Der Beweis: Der Notenschnitt. Das Kino ist also gerettet. Der Filmclub auch. Vorläufig.

Ich wünsche allen Lesern ein überraschendes und spannendes Kino-, Film- und Serienjahr 2015!


Samstag, 27. Dezember 2014

Serien-Review: The Bridge

„Alles, was Vorstellungen von Schmerz und Gefahr hervorrufen kann, ist eine Quelle des Erhabenen“, schrieb der englische Schriftsteller Edmund Burke 1757. Damit meinte er allerdings den Schauerroman, über den DIE WELT ausgerechnet am 2. Weihnachtsfeiertag einen lesenswerten Rückblick schrieb.  

Dessen Erfinder, der vermögende Sir Horace Walpole, vertraute im ausgehenden 18. Jh. noch auf knarrende Dielen, unheimliche Verliese und bedrohliche Geräusche, wenn er seinen Lesern das Gruseln beibringen wollte.
Davon lässt sich der Horrorfan im 21. Jh. nicht mehr erschüttern. Es werden zwar noch Bücher gelesen, aber die sind nicht weniger explizit als die audiovisuellen Vertreter des Genres. Auch Krimis werden spätestens seit dem
Schweigen der Lämmer mit saftigen Horror- und Gore-Elementen aufgefrischt. 
„The Bridge - America“ fackelt da auch nicht lange und präsentiert gleich zu Anfang eine Frauenleiche auf der „Bridge of the Americas“, die Texas und Mexico verbindet. Fein säuberlich ist sie da abgelegt worden – allein, sie besteht aus zwei Hälften. Eine liegt in den USA, die andere in Mexiko. Die obere Hälfte gehört einer US-Richterin, die untere einer Mexikanerin, die zu einer Gruppe von über 20 Frauen gehörte, die in Mexico umgebracht und in einem „Todeshaus“ abgelegt wurden. Natürlich leben beide Frauen nicht mehr, wie sollte das auch gehen.

„The Bridge“ ist ein Remake der dänisch-schwedischen Erfolgsserie „Broen/Bron“ (dts. Die Brücke), die in zwei Staffeln von 2011-2013 gezeigt wurde und international zu einem großen Erfolg wurde. Produziert wurde die US-Serie für FX (The Shield, Nip/Tuck, Justified, Sons of Anarchy, The Strain, American Horror Story). Entwickelt wurde der Stoff von der bekannten Produzentin und Autorin Meredith Stiehm (NYPD Blue) zusammen mit Elwood Reid.
Der Horror des US-Remakes besteht allerdings nicht nur aus Splatter. Es geht um einen Serien- und Massenmörder, der die US-Ermittlerin Sonya Cross (Diane Krüger) und ihren mexikanischen Kollegen Marco Ruiz (Demián Bichir) systematisch terrorisiert und sie wie im Original in ein dichtes Netz undurchsichtiger Machenschaften zieht, an denen obskure und häufig auch sadistische Nebenfiguren beteiligt sind. Da bleibt schon mal eine Gruppe illegaler mexikanischer Einwanderer auf der Strecke, vergiftet ausgerechnet mit dem Wasser, das den halb Verdursteten mitten in die Wüste gestellt wurde. 
Ein Tunnel zwischen Mexico und den USA dient dunklen Geschäften, natürlich ist dabei das Leben eines Menschen nichts wert. Und last but not least geht es auch um die Abertausende junger Frauen, die im berüchtigten Ciudad Juárez verschwinden und danach als verstümmelte Leichen in der Wüste auftauchen. „The Bridge“ öffnet so dem Horror nicht nur einen Spalt breit die Tür, sondern reißt diese ganz weit auf. Kein Wunder, dass die meisten Episoden der deutschen DVD-Edition nur ab 18 Jahren freigegeben worden sind.



Reise ins Herz der Finsternis

Schmerz und Gefahr sind also reichlich vorhanden, aber ob dies im Sinne Edmund Burkes eine Quelle des Erhabenen sein kann, darf bezweifelt werden. „The Bridge“ zieht seinen eigentlichen Horror vielmehr aus der kalten Realität und seinen zynischen Chiffren, der grandiosen Brücke, die eher trennt als verbindet, und dem muffigen Tunnel, der genau das Gegenteil darstellt. Aber auch aus der abgrundtiefen moralischen Verdorbenheit des berüchtigten amerikanisch-mexikanischen Grenzgebietes, das nicht ohne Grund zur Topographie des modernen Genrekinos und der TV-Serien wie etwa „Breaking Bad“ gehört.
Sichtbar wird der Abgrund etwa, wenn in einer Nebenhandlung eine junge Mexikanerin auf einem Polizeirevier eine sexuelle Belästigung anzeigt, dann aber ausgerechnet von den vernehmenden Polizisten unter Drogen gesetzt wird, damit sie auf einer Party von den mexikanischen Cops massenvergewaltigt werden kann. Alles ist gut organisiert, es ist nicht das erste Mal. Es wird klar, dass das benutzte Fleisch von den Ordnungshütern anschließend in der heißen Wüste entsorgt werden soll. Wie auch all die anderen Frauen, die von all den anderen Männern aus all den verschiedenen Gründen getötet worden sind.

So ist „The Bridge“ eine schauerliche Reise in das Herz der Finsternis. Soziopathische Kartell-Bosse, rachsüchtige Serienkiller, eine kaltschnäuzige Mörderwitwe und ein drogenabhängiger, alkoholsüchtiger und gänzlich empathiefreier Journalist steuern mehr oder weniger entscheidende Beiträge zu dieser Comédie Humaine bei. Lustig ist das nicht und alles wird nahezu ironiefrei bis zum bitteren Ende erzählt, das ähnlich wie im Original mit schlimmen Grausamkeiten aufwartet, bevor einer der Bösewichter zur Strecke, aber nicht ums Leben gebracht wird.



Besser als das Original

Inmitten dieser Hölle auf Erden, irgendwo zwischen Ciudad Juárez und El Paso, sind auch die Hauptfiguren fragil verortet: Diane Kruger spielt die am Asperger Syndrom leidende Polizistin nicht ganz so authentisch wie Sofia Helin im Original und damit auch nicht restlos überzeugend, aber so wird die Krankheit auch nicht zum narrativen Zentrum der Geschichte. Kruger deutet ‚ihr’ Asperger mit etwas starrer Mimik dezent an, eine Frau, die wie Temperance Brennan in „Bones“ damit zu kämpfen hat, dass sie nicht versteht, was im Inneren der Menschen vorgeht.
Während der Mainstream-Forensik-Krimi das aber humorig auf die Schippe nimmt, ist die Figur der Behinderten in „The Bridge“ trotz ihrer genialen Intuition eine Grenzgängerin, die ohne den väterlichen Beistand ihres Vorgesetzten Lieutenant Hank Wade (ich habe den tollen Ted Levine lange nicht mehr so überzeugend gesehen) in der Cop-Welt nicht existieren könnte.
Glatt an die Wand gespielt wird Diane Kruger allerdings von dem mexikanischen Schauspieler Demián Bechir (2011 bei den Academy Awards nominiert für seine Rolle in „A Better Life“ von Carlos Galindo). Bechir spielt mit enormem Charme einen ehrlichen Cop, der sich im Gegensatz zu seinen Kollegen nicht schmieren lässt, aber gerne Informationen aus Verdächtigen prügelt und sein Machismo nicht in den Griff bekommt. Kleine sexuelle Abenteuern gefährden seine Ehe und sind auch für all das mitverantwortlich, was in „The Bridge“ geschieht. Am Ende wird er mitsamt seiner Familie wegen dieser Schwäche auch ins Fadenkreuz des Killers geraten.

„The Bridge“ ist summa summarum besser als das Original. Dessen verwirrende Plot-Twists funktionierten wie ein Perpetuum Mobile – einmal in Gang gesetzt, läuft es und will nicht aufhören. Das Remake bietet auch verzwickte Handlungsstränge, behält aber dabei die Ermittler mehr im Fokus. Der Unterschied zum Original ist auch daran zu erkennen, dass der sozialkritische Aspekt der dänisch-schwedischen Serie nur eine Behauptung gewesen ist. „The Bridge“ zeigt dagegen ziemlich realistisch eine Welt, die ganz gut zu dem in „Breaking Bad“ oder in „The Counselor“ gezeigten Erzählraum passt und von schwärzestem Pessimismus geprägt ist. Es ist schade, dass FX die Serie nach der 2. Staffel eingestellt hat.


Nachtrag zur zweiten Staffel (29.1.2015)

In der aktuell erschienenen 2. Staffel haben sich die Macher für eine etwas andere Gangart entschieden: Das Remake koppelt sich vom europäischen Original vollständig ab und erzählt eine eigene Geschichte. Dabei wird einerseits großen Wert auf die Figurenentwicklung gelegt, andererseits werden in punkto Brutalität und Sadismus alle Register gezogen. 

Sonya Cross muss sich abseits des Hauptplots nicht nur damit auseinandersetzen, dass der Mörder ihrer Schwester im Krankenhaus stirbt, bevor sie mit ihm sprechen konnte, sondern auch mit einer heftigen Affäre, die sie mit dem Bruder des Mörders eingeht. Der mexikanische Cop Marco Ruiz gerät dagegen in eine gefährliche Nähe zum Kartell und wird dadurch deutlich ambivalenter, was zwischen ihm und seiner Kollegin zunehmend für Entfremdung sorgt. Und Lieutenant Hank Wade gerät als Sonyas Mentor in einen gefährlichen Konflikt, als er ihr gestehen muss, dass er den Mörder von Sonyas Schwester liquidiert hat, obwohl dieser unbewaffnet war.

Im Mittelpunkt der 2. Staffel stehen aber nicht mehr die sozialen Verwerfungen der Brennpunkte El Paso und Juarez, auch nicht das Asperger-Syndrom der weiblichen Hauptfigur, sondern die Auseinandersetzung mit dem Kartell, dessen Boss Fausto Galvan (Rámon Franco) bald selbst auf der Abschussliste der politischen Strippenzieher steht. Alle Hauptfiguren der ersten Staffel geraten nämlich in einen monströsen Konflikt, in dem sich die Drogenbehörde DEA und die CIA wütend bekämpfen. Offenbar protegiert die Agency die global organisierte Geldwäsche der mexikanischen Drogenkartelle, die im Gegenzug keine Morde in den USA begehen. Und zwischen allen Fronten geistert Franka Potente als Eleanor Nacht herum - eine verstoßene Mennonitin, die zunächst als weiblicher "Fixer" für Fausto Galvan aufräumt und eine Spur von Leichen hinterlässt, sich dann aber auf die Seite der wirklich Mächtigen schlägt.
"The Bridge America" büßt in der 2. Staffel weder Spannung noch Tempo ein. Auch der scheinbar an den Haaren herbeigezogene Main Plot erweist sich als wasserdicht, wenn man weiß, dass die CIA seit fast 40 Jahren immer wieder beschuldigt wurde, ihr Geld mit aktiver Teilhabe am Drogenhandel und an der organisierten Geldwäsche zu verdienen. Der prominenteste Ankläger der CIA ist übrigens der heutige US-Außenminister John Kerry.

Etwas irritierend wirkt dagegen die beinahe dramatische Steigerung der Gewaltdarstellung in der Serie. Sie geht wohl auf das Konto des Executive Producers Elwood Reid. Im Bonusmaterial erklärt er programmatisch, dass man den Zuschauer bewusst mit seiner Ekelgrenze konfrontieren wollte, um ihn noch stärker in die auf realen Missständen basierende Geschichte einzubeziehen. Dies hört sich fadenscheinig an und dies ist es auch wohl auch. 
Verblüffend ist die Altersfreigabe der FSK. Wurde die deutlich gewaltärmere 1. Staffel noch mit einer Altersfreigabe ab 18 Jahren belegt (allerdings nur wegen einer einzigen Episoden, alle anderen Episoden hatten eine Freigabe ab 16 Jahren), so ist die exzessiv brutale 2. Season komplett ab 16 Jahren freigegeben. Nachzuvollziehen ist das nicht.

Obwohl die 2. Staffel nichts von dem realistischen Potential der Story einbüßt, laufen nicht alle Handlungsfäden befriedigend zusammen. Einige Nebenfigur verschwinden für längere Zeit aus dem Plot, tauchen wieder auf, aber kompakt wirkt dies nicht. Unterm Strich ist "The Bridge" also dunkler, brutaler und beinahe trostloser geworden, hat dafür aber etwas an inhaltlicher Konsistenz eingebüßt.
Dass die Macher trotz mäßiger Quoten davon ausgegangen sind, dass FX eine dritte Staffel bestellt, zeigt auch das offene Ende: Die meisten Protagonisten haben die Gewaltexzesse überlebt, auch die Bösewichter leben noch, es kann weiter gehen. Tat es aber nicht.

Technik und Ausstattung

Bildtechnisch lässt die DVD nur wenig zu wünschen übrig. Auf einem Player mit gutem Upscaler ist sogar durchgehend Hi Def-Qualität zu erkennen. Serien müssen also nicht schmuddelig aussehen, auch wenn die Welt es ist, in der sie spielen.

Im Bonusmaterial der 1. Staffel gibt es neben dem obligatorischen Making of auch eine Dokumentation, in der Damien Cave, Mexiko-Korrespondent der New York Times über die Hintergründe der Frauenmorde in Ciudad Juárez spricht: „The Other Side Of The Bridge“. Cave sieht eine der Hauptursachen für das Morden in der Straflosigkeit, bedingt durch die Unfähigkeit des Polizeiapparates. Mittlerweile zieht, so Cave, eine Rächerin mordend durch die Stadt. Sie erschießt Busfahrer, die bereits von Beginn an auch zu den Verdächtigen gehört haben.
In einer 9-minütigen Doku lässt sich nicht viel berichten. Wer etwas recherchiert, findet heraus, dass 2003 ein Mörder, der beim Verstauen einer weiblichen Leiche festgenommen wurde, nur zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, obwohl das Opfer vor seinem Tod massiv gefoltert wurde.
Die Erklärung des Täters: Er habe das Opfer in Notwehr getötet.
Dies spiegelt recht anschaulich die Atmosphäre der Serie wider.


Die 2. Staffel bietet im Bonusmaterial 3-minütige Clips, in denen jede einzelne Episode kommentiert wird. Das erhellt tatsächlich die psycholgischen Aspekte der Handlung, aber auch einige Plot-Twists. Die Clips sollte man sich nach jeder Episode ansehen, denn die 2. Staffel ist noch komplexer als die erste.

The Bridge – America (USA 2013-2014) – Executive Producers: u.a. Meredith Stiehm, Elwood Reid – D.: Diane Kruger, Demián Bichir, Ted Levine, Annabeth Gish, Thomas M. Wright, Matthew Lillard, Emily Rios – Staffel 1 und 2 (13 + 13 Episoden)

Dienstag, 2. Dezember 2014

Serien-Review: The Strain

Ein Wurm, der in ein menschliches Auge eindringt? Als im Sommer der Cable TV-Anbieter FX mit großflächigen Plakaten entschlossen Werbung für seine neue Horrorserie „The Strain“ machte, war die Detailansicht des invasiven Parasiten einigen Passanten zu viel des Guten. FX musste die Plakate entfernen. Amazon zeigt die Serie im Original (OmU) – kostenpflichtig im Instant Video Shop. Den Wurm gibt es auch zu sehen.

Ein Flugzeug landet auf dem JFK Airport in New York. Aus dem Inneren kein Lebenszeichen. Und auch sonst scheint nichts mit diesem Flug zu stimmen, denn an Bord sind alle tot. Bis auf drei Passagiere und den Kapitän. Gesund sehen die Vier aber auch nicht aus. Seuchenexperte Dr. Ephraim Goodweather (Corey Stoll: House of Cards) rät, die scheinbar von einer mysteriösen Krankheit Befallenen in Quarantäne zu schicken und die Toten gründlich zu untersuchen. Natürlich geschieht dies nicht.



Gepflegter Trash

Um einen Outbreak in Zeiten von SARS und Ebola reibungslos zu ermöglichen, müssen alle Verantwortlichen entweder völlige Idioten oder wenigstens mittelschwer korrupt sein. In „The Strain“ werden beide Bedingungen erfüllt. Während der Zuschauer bereits nach zehn Minuten ahnt, dass eine Pandemie ins Haus steht, demonstrieren Goodweathers Vorgesetzte im Center for Desease Control (CDC), Politiker, Polizei und Stadtverwaltung entschlossen ihre Beratungsresistenz. Selbst als Goodweather irgendwann mit schicken Handyvideos beweist, dass ein monströses Supervirus die Infizierten in Zombie-Vampire verwandelt, glaubt ihm niemand. Verschwörung? Natürlich. Man hetzt das FBI auf ihn. Und wer nicht korrupt ist, ist strohdumm und macht garantiert immer das Falsche, was garantiert tödlich endet.

Dumm und korrupt: Guillermo del Toro und Chuck Hogan, die ihr gemeinsames Serienprojekt zunächst als dreiteiligen Roman veröffentlichten und nun mit Produktionsleiter Carlton Cuse („Lost“) drei bis vier Seasons planen, haben mit „The Strain“ wortwörtlich und ziemlich lustvoll Trash („Müll“) produziert. Der Plot funktioniert in der Millionenstadt New York aber nur, weil der ‚mächtigste Mann der Welt’, der todkranke Milliardär Eldritch Palmer (Jonathan Hyde), und der Nazi-Vampir Thomas Eichhorst (Richard Sammel) die Rückkehr des „Meisters“ ins Auge gefasst haben. Palmer möchte bei dem Deal von dem uralten und übermächtigen Vampir die Unsterblichkeit erhalten und das menschliche Genom durch Vampzombifizierung verbessern, der Altnazi ist dagegen seit seiner abrupt beendeten SS-Karriere im KZ Treblinka mit dem großen Sauger verbandelt. Damit alles reibungslos funktionieren kann, besticht Palmer eine Handvoll Politiker und die Seuchenkontrolle und lässt von einer Hacker-Gruppe das Internet abstellen, damit bloß keiner mitbekommt, was auf den Straßen los ist. Und während im nächtlichen
N.Y. bereits Scharen finsterer Zombie-Vampire auf die Jagd gehen, berichten die Medien immer noch von merkwürdigen Erkältungskrankheiten.


The Walking Zompires

Wer sich mit Plausibilität und Handlungslogik nicht lange aufhalten möchte, wird in „The Strain“ mit insgesamt mittelmäßiger Horrorlust belohnt. Del Toro, der nicht nur „Hellboy“ gemacht hat, sondern auch den brillanten Film „Pan’s Labyrinth“ und als Regisseur und Autor auch für einige der jüngsten Hobbit-Events verantwortlich zeichnet, hält sich zusammen mit Co-Autor Chuck Hogan nicht lange mit raffinierten Wendungen auf. Die Serie des Kabelsenders FX (The Shield, Justified, American Horror Story, The Bridge (US-Version), Fargo) 
ist eine am Reißbrett entworfene Kopie von „The Walking Dead“ mit den bekannten Ingredienzien: dystopisches Grundmuster; keine eleganten Vampire à la Christopher Lee, sondern wankende Zombies, denen ein zwei Meter langer Saugarm aus dem Mund schnellt; wie in TWD ist die erforderliche schnelle Zerstörung ihres Hirnstamms dringend erforderlich und wie in TWD gibt es die mutig entschlossene Kleingruppe, die zu diesem Zweck in den Krieg zieht, die obligatorischen schmerzvollen Verluste mental verarbeiten muss, aber garantiert pro Episode etliche „Zompires“ (so nannte „Entertainment Weekly“ die Neuzombies) köpft oder sonstwie ins Jenseits befördert.
 

Bei der Figurenentwicklung wird nicht etwa wie in TWD regelmäßig am Charakter und an moralischen Grundsatzfragen gewerkelt, sondern lediglich eine einigermaßen funktionierende Grundstruktur skizziert. Nur der Treblinka-Überlebende Professor Abraham Setrakian (David Bradley: „Argus Filch“ in den Harry-Potter-Verfilmungen) und der städtische Schädlingsbekämpfer (!) Vasily Fet (Kevin Durand) sorgen regelmäßig für zynischen und rustikalen Charme. Alle anderen Figuren bleiben blass wie die Vampire, die sie jagen. Auch Corey Stoll kämpft vergeblich gegen diverse Rollenklischees an - wie etwa die Rettung seiner von gewaltigen Eheproblemen belasteten Familie. Mal ehrlich: Welche Hauptfigur, egal wo, kämpft nicht um die Rettung seiner von gewaltigen Eheproblemen belasteten Familie?

Auch sonst bleibt „The Strain“ der Konvention treu und auch
tricktechnisch mit nicht sonderlich überzeugenden Gore-Effekten eher minimalistisch. Großzügige Settings gibt es im 70-minütigen Piloten und danach nur selten. Die Jagd nach den Monstern findet in Häusern, Tankstellen, Kanalisationen statt. Informationen aus der Außenwelt werden durch regelmäßige TV-Einspieler gegenwärtig. Dies erklärt aber nicht, warum die Nationalgarde nicht schon längst im nächtlichen New York unterwegs ist, wo doch bereits massenhaft hässliche Sauger die Straßen bevölkern. Etwas mehr hat man sich von Guillermo del Toro schon erhofft.

Allein die Rückblenden ins KZ Treblinka erinnern auf makabre Weise an die phantasievollen Trashideen, die man von del Toro gewohnt war. Ob die nächtliche Verfütterung von Juden an einen Vampir wirklich politisch korrekt ist, wage ich zu bezweifeln. Die allegorische Umbesetzung von Adolf Hitler durch einen nicht minder größenwahnsinnig nach Weltherrschaft strebenden Supervampir, der seine Jünger zudem telepathisch steuert, ist allerdings tiefschwarzer Humor vom Feinsten. Etwas mehr davon wäre notwendig gewesen, um „The Strain“ aus dem Mittelmaß herauszuheben. 

 

Fazit: Mit „The Strain“ bietet Amazon seinen Prime-Kunden zeitnah eine in den USA erfolgreiche Horrorserie an, die in Maßen unterhaltsam ist. Guillermo del Toro und sein Team fügen dem Genre nichts Neues hinzu, „The Strain“ gehört aber auch nicht in den Mülleimer. Trash-Mainstream.
Einigen Fans von „The Walking Dead“ ist von „The Strain“ allerdings abzuraten, denn die neue Serie bietet keine unscharfen und verrauschten Bilder. Also kein „Dirty Look“, sondern alles richtig scharf und in bestem HDTV. Gruselig.
 
Note: 3,5

The Strain – FX, USA 2014 – 13 Episoden - Amazon Instant Video Shop: Original mit deutschen Untertiteln - Showrunner: Guillermo del Toro, Chuck Hogan – Executive Producer:  Carlton Cuse, Gary Ungar, Guillermo del Toro, Chuck Hogan – D.: Corey Stoll, David Bradley, Mía Maestro, Kevin Durand, Jonathan Hyde, Richard Sammel, Miguel Gomez.

Mittwoch, 26. November 2014

Die Bücherdiebin

Wenn ein Kinder- und Jugendfilm das Nazi-Deutschland ohne deprimierende Schonungslosigkeit und weitgehend auch ohne die bekannten Grausamkeiten nachzeichnet, dann wird der politisch korrekte Zuschauer hellwach. Darf man den deutschen Faschismus poetisch fiktionalisieren, nur um zu zeigen, dass für Kinder auch in dieser Welt die Phantasie und das Bücherlesen lebensrettend sein können? „Die Bücherdiebin“ polarisiert, überzeugt aber durch die Glaubwürdigkeit der kindlichen Erzählperspektive.

Erzählt wird die Geschichte vom „Tod“, ausgerechnet. Im Off tritt als diskreter Beobachter auf und hört sich an wie Ben Becker: Ein Jahr vor Beginn des Zweiten Weltkriegs werden die 9-jährigen Liesel Meminger (Sophie Nélisse) und ihr Bruder zur Pflegefamilie Hubermann nahe München gebracht. Der entkräftete Junge überlebt die Reise nicht. Liesel muss sich nun allein in einer fremden Welt zurechtfinden. Die resolute Rosa Hubermann (Emily Watson) zwingt das Kind, sie „Mutter“ zu nennen und ihren Mann Hans (Geoffry Rush) „Vater“. Hans ist es, der dem Mädchen mit seiner immerwährenden Freundlichkeit die Scheu nimmt und der Analphabetin (dieser Umstand wird nicht weiter erklärt) das Lesen beibringt. Als Hans den Juden Max (Ben Schnetzer) im Keller versteckt, weil er damit eine alte Schuld einlösen kann, entwickelt sich zwischen Liesel und dem jungen Mann eine Freundschaft, über der die Gefahr der Entdeckung wie ein Damoklesschwert schwebt.

„Die Bücherdiebin“ ist die Verfilmung des Jugendbestsellers Bestsellers „The Book Thief“ von Markus Zusak. In der deutschen Übersetzung erhielt das Buch den Deutschen Jugendliteraturpreis 2009. Dass sich die Verfilmung ebenfalls an Kinder und Jugendliche richtet, liegt in der Natur der Sache und ist nicht zu übersehen. Aber wie der Film das schwierige Thema umsetzt, ist spannend, gefühlvoll und akzeptabel.
Das Buch habe ich leider nicht gelesen, was nicht ganz unproblematisch ist. In den Foren verorten sich die Reaktionen der Zusak- Fans auf den Film irgendwo zwischen Kitsch und Rührung. Auch das ist nicht unproblematisch, denn Überwältigungskino ist mir nie geheuer. Aber diese Debatte findet in meiner Kritik nicht statt, weil mein Interesse der Konnotierung der Erzählorte gilt. Und die Nebenbedeutungen sind gelegentlich wichtiger als die plakative Message eines Films.

Liesels Erleben der fahnenumwehten Nazi-Kultur zeigt die „Bücherdiebin“ nicht frei von melodramatischen Gefühlsmomenten, bleibt aber sehr glaubwürdig, wenn es darum geht, die Binnenwelt einer anfangs Neunjährigen in Bilder zu fassen. Liesel versucht das für sie unbegreifliche historische Geschehen mitsamt seiner merkwürdigen Bedrohungen zu ordnen und sich selbst einen Überlebensraum darin zu verschaffen. Der Not gehorchend, könnte man sagen. Das ist für ein Kind, das von der Mutter (Heike Makatsch in einem Kurzauftritt) in fremde Obhut gegeben wurde, sich wenig später in einer BDM-Uniform wiederfindet und als Analphabetin einen schweren Stand hat, mit einer erwachsenen Perspektive nicht zu bewältigen. Kindliche Reaktionen fallen daher magisch und/oder symbolisch aus. Dies setzt der Film überzeugend um.


Der Keller als Insel

So entdeckt Liesel das Buchstabieren und dann im Laufe der nächsten Monate das Lesen (etwas zu schnell?). Die Wände des Kellers, in dem auch Max schließlich landet, bezeugen diese Kulturisation. Liesel schreibt die Wörter (im Film, der für den internationalen Markt produziert wurde, ist alles in Englisch, was ich nicht als glücklich empfinde), die sie von Hans lernt, an die Wand. Sie übt das Lesen ausgerechnet mit einem Handbuch für Totengräber (Achtung: Symbolik!) und erfährt später von dem (selbstverständlich?) gebildeten Max, was das Lesen für ein zivilisiertes Wesen bedeutet. Und als Max dann im dunklen und feuchten Verlies bedrohlich erkrankt, liest das Mädchen dem Todkranken aus H.G. Wells „The Invisible Man“ vor.

Das inselartige Refugium des Kellers wird in Brian Percivals Film zu einem Topos der Menschlichkeit. Dort, im Keller, triumphiert der Raum über die Zeit, der Ort des Lesens über die Bedrohungen des Alltags. Was von einigen Kritikern als versimplifizierendes „Märchen“ gedeutet wurde, kann auch als universelles Erzählmittel gedeutet werden. Nämlich als Fluchtraum oder soziales Experimentierfeld, so wie er immer wieder in der europäischen und amerikanischen Literatur, etwa bei Thomas Morus oder Aldous Huxley, auftaucht. In der Marginalität der Insel, nämlich etwas Kleines und Bedrohtes zu sein, zeigt sich auch auf andere Weise ihre besondere Funktion: nämlich nicht so schnell entdeckt zu werden und damit Freiheit zur Verfügung zu stellen.

„Die Bücherdiebin“ erzählt dies exemplarisch in einer Szene, in der die Entdeckung droht. Als die NSDAP-Ortsgruppe die Keller der Einwohner prüft, kann Max nur im letzten Moment in Sicherheit gebracht werden. Aber gesucht werden nicht etwa versteckte Juden, sondern Kellerräume, die sich als Luftschutzräume eignen. Die Insel der Hubermanns ist ausgerechnet für diesen Zweck ungeeignet.
So ist der Keller als Insel trotz oder wegen seiner fehlenden Funktionalität für das herrschende Regime ein Raum des Erprobens und Einübens der zivilisatorischen Restbestände. Und damit auch ein Erkenntnisraum, in dem die bedrohlichen Erscheinungen der Außenwelt überschaubar werden, auch wenn man sie nicht beherrschen kann. Diese Symbolik kann man auch ohne Bildungswissen intuitiv erfassen und wer sich an die eigene Kindheit erinnert, der findet vermutlich sehr schnell die eigenen Inseln.


Die Außenwelt als Alptraum

Die Flucht in die Welt der und der Phantasie ist der Versuch, sich selbst immer noch als fühlendes und erkennendes Wesen zu erleben. Die Außenwelt ist aber ein anderer Erzählort als der Keller. Dies zeigen die kleinen, aber nicht leichten Schritte Liesels, wieder Vertrauen in Dinge wie Vertrauen und Freundschaft zu finden. Außerhalb des Kellers ist dies per se gefährlich. 
Liesel entdeckt in dem Nachbarsjungen Rudi (Nico Liersch) einen Gleichgesinnten, auch weil der partout nicht verstehen kann, warum die Bewunderung für den farbigen Sprinter Jesse Owens in einer rassistischen Gesellschaft gefährlich ist. So stellt sich die gefährliche Außenwelt als das Gegenteil eines Erkenntnisraums dar: sie ist kalt und erstarrt und bedrohlich. In dieser Welt kann man sich nur misstrauisch an eine Freundschaft herantasten. Die Regeln dieser Welt werden nicht verhandelt, es gibt ‚richtige’ und ‚falsche’ Bücher und die falschen werden verbrannt. Die Kinder schreien zwar heimlich im Wald, dass sie Hitler hassen, aber ob der Name mehr als eine Chiffre für die Angst und die seltsamen Verbote ist, kann man nur vermuten.

Als Liesel bei der Frau des Bürgermeisters Hermann (Rainer Bock als Vorzeige-Nazi) eine große Bibliothek entdeckt, erlaubt ihr Ilsa Hermann (Barbara Auer) so viel zu lesen, wie sie möchte. Doch irgendwann entdeckt Hermann diese heimliche Verabredung und verbietet dem Kind weitere Besuche. Rosa Hubermann, die als Wäscherin den Unterhalt der Familie bestreitet, verliert ihren wichtigsten Kunden. Liesel, und das ist natürlich ein Märchen, verschafft sich aber weiterhin Zugang zur Bibliothek und „leiht“ sich dort Bücher: Die Bücherdiebin weiß sich zu helfen.

Aber die Außenwelt bleibt ein Alptraum, in der es auch Bullying gibt, ausgeübt durch den jungen Franz Deutscher, der mit Rudi und Liesel auf die gleiche Schule geht und der in „Die Bücherdiebin“ stellvertretend für die Deformierung durch Ideologie, also Hass, Missgunst und Denunziantentum steht. Das kann man verkürzt als Schulmobbing rezipieren, aber auch als symbolische Fokussierung.
Alptraumhaft ist auch eine andere Szene: Als Max die Familie verlässt, um sie nicht zu gefährden, wird Liesel Zeugin der ersten Judendeportationen. Die Juden werden von Soldaten durch die Straßen getrieben. Verzweifelt läuft Liesel den endlosen Zug der Menschen entlang und ruft „Max?“, bis sie von einem Uniformierten zu Boden geschleudert wird. Aber was da geschieht, wird nicht erklärt, der Film wirkt indifferent. Was der erwachsene Zuschauer wissen sollte, wird für die eigentliche Zielgruppe des Films nicht unmissverständlich adressiert.

Hier entdeckt man aber auch eine Schwäche des Films: er ist im Kern unpolitisch. Die symbolische Erzählweise des Films verdichtet weitgehend den herrschenden Ungeist am Beispiel des klassischen Bösewichts, der ausgerechnet „Deutscher“ heißt, schafft es aber nicht, den Holocaust zu benennen. Sicher, es brennen Bücher und SA-Männer verwüsten jüdische Geschäfte und misshandeln Juden auf offener Straße. Aber dass ein Großteil der Deutschen bis in die späten Kriegsjahre nicht nur aus Mitläufern bestand, sondern halt auch aus begeisterten Claqueuren bestand, die ihren Profit aus den herrschenden Verhältnissen zogen, bleibt unerzählt. 
Das kann man, vielleicht muss man es sogar, auch Kindern und Jugendlichen zumuten.
Michael Petronis Drehbuch (The Chronicles of Narnia: The Voyage of the Dawn Treader, 2010; The Rite (2011) hält sich zwar an die Vorlage, spiegelt aber mit dieser Weichzeichnung den Mythos von den verführten Deutschen wider, die von einer Bande unheimlicher Monster in die Irre geführt worden sind. Nach Kriegsende weiter kolportiert, wurde dies als Geschichtsumdeutung auch von der Politik instrumentalisiert.
„Die Bücherdiebin“ strickt die Legende weiter, aber der Film sollte, wie Petroni einräumte (s.a. Pressespiegel), auf Wunsch der Produktionsgesellschaft halt ‚familienfreundlich’ werden. Ein schlimmer Euphemismus.

In Percivals Film gibt es für meine Geschmack einfach zu viele ‚rechtschaffene’ Deutsche – angefangen bei Hans, der sich gegen die Verschleppung eines ‚guten Juden’ wehrt und danach auf der Liste der Gestapo steht. Auch die Bürgermeisterin bleibt ein schimärenhaftes Wesen, dessen gute Motive unergründlich sind. Das wird zwar der kindlichen Perspektive der Filmerzählung gerecht, das Geschichtliche wird aber nivelliert.


Eine kleine Bemerkung am Rande: Ihr werdet alle sterben!

Der Tod, der in „Die Bücherdiebin“ als zurückhaltender Erzähler fungiert und von Ben Becker gesprochen wird, findet inmitten des nur dezent dargestellten Grauens zwar reichlich Arbeit, ist kein allwissender Alleserklärer. Für ihn bleiben die Menschen ebenso rätselhaft wie für Liesel und Rudi die historischen Ereignisse. 
Er studiert die Menschen, aber eher unter ferner liefen, weil auch andere Dinge sehr interessant sind. Er ist erstaunt über sie, findet ihr Leben gelegentlich berührend und ihr Sterben gelegentlich auch, aber er bleibt machtlos, obwohl er mythologisch die mächtigste Instanz ist, die man kennt und fürchtet. Gelegentlich heilt er die Seelen der Sterbenden, manche drängen sich ihm auf. Ihm laufen die Menschen nach, stellt er resigniert fest. Aber auch die, die es nicht tun, müssen am Ende sterben.

Von Auferstehung ist dabei nicht die Rede, der Tod ist im Film (über Buch kann wie ausgeführt nichts sagen) nicht der Tod des Christentums, also eine Verkörperung des durch den Sündenfall erfahrenen Verlustes des ewigen Lebens, sondern ein Zaungast, der nur das vollzieht, was er vorfindet. Er bestraft nicht die Sünde, er vollzieht das Ende. Wäre man zynisch, dann könnte man ihn unparteiisch nennen. 
Mit diesem Tod bin ich nicht warm geworden, aber so viel steht fest: Es ist nicht der Tod, den alle Faschisten glorifizieren und idealisieren. Es ist ein Tod, der eher bestürzt ist über die Anträge, die man ihm macht. Und am Ende, und das ist für den ans Happyend gewöhnten Zuschauer nicht leicht zu verdauen (erst recht nicht für Kinder), wird er alle holen, die Liesel lieb und teuer sind. Er hat es angekündigt: Ihr werdet alle sterben!

„Die Bücherdiebin“ verwandelt sich so am Ende trotz der humanistischen Botschaft in ein trauriges Mysterium. Vielleicht ist das in einem Film, der als Melodram nachdrücklich auf Symbolismen, Überhöhungen und universelle Erzähltopoi setzt, irgendwie auch realistisch. Aber wie immer segelt das Melodram dabei hart am Wind und muss den Kitschvorwurf aushalten. Nicht nur aus meiner Sicht ist das gelungen, auch die überragenden Noten im Filmclub sind sicher kein Zufall.

Das abschließende Urteil fällt daher trotz eines gelegentlichen Unbehagens positiv aus. Brian Percivals Film ist eine stilsichere Adaption des Jugendbuches gelungen, die mit einem ausgezeichneten Darstellerensemble und aufwändigen Settings punktet. Geoffrey Rush, Emily Watson und besonders die junge Sophie Nélisse spielen wirklich vorzüglich und damit hat sich auch der Verzicht auf deutsche Darsteller in den Hauptrollen gelohnt. Dass Florian Ballhaus mit seinen Bildern schon ein wenig an seinen prominenten Vater erinnert, sei nur am Rande erinnert. John Williams hat für seine pathetische Filmmusik einige Preise und Nominierungen abgeholt – ich hätte mir dagegen einen minimalistischen Score gewünscht.

Und wenn die einleitende Frage lautete „Darf man das?“, so lautet die Antwort: Ja, das darf man, auch wenn in dem Kampf zwischen einer humanistischen Botschaft und einer nihilistischen Weltordnung für den skeptischen Betrachter der Humanismus häufig den naiven Part einnimmt. Diese Skepsis ist angebracht und möglicherweise wird die Menschlichkeit am Ende den Kürzeren ziehen. Man darf aber trotzig das Gegenteil beteuern.

Noten: Melonie, Mr. Mendez = 1, BigDoc = 1,5, Klawer = 2,5

Die Bücherdiebin (The Book Thief) - Deutschland, USA 2013 – Regie: Brian Percival – Drehbuch: Michael Petroni – Kamera: Florian Ballhaus – Musik: John Williams - Laufzeit: 125 Minuten – FSK: ab 6 Jahren - D.: Geoffrey Rush, Emily Watson, Sophie Nélisse, Nico Liersch, Ben Schnetzer, Ben Becker (Erzähler), Rainer Bock, Barbara Auer.


Der Film ist seit Mitte September auf DVD und Bluray erhältlich.


Pressespiegel

„Doch so eindringlich die Begegnungen zwischen den Personen im Haus gelingen, so seltsam fad wirken Straßenszenen und Schulsituationen. Es scheint fast, als sei Regisseur Brian Percival durch seine großartige Fernsehserie „Downton Abbey“ auf die intimen Momente spezialisiert. Die Straßen, erbaut im Studio Babelsberg, scheinen leer und rein, auch wenn sie bevölkert sind. Die Bücherverbrennung ist nicht nur historisch zu spät angesetzt, sie wirkt auch steril und befremdet“ (Cornelia Geissler, Frankfurter Rundschau)

„Drehbuchautor Michael Petroni bekannte kürzlich in einem Interview , dass das Studio 20th Century Fox und der Regisseur Brian Percival seine ursprüngliche, dem magischen Realismus des Buch stärker verhaftete Drehbuchversion zugunsten einer ‚familienfreundlicheren’ Variante verworfen hätten. So ist der Tonfall nun allzu versöhnlich, und dank der heimeligen Gold- und Brauntöne von Florian Ballhaus' Kamera und der gepflegten Inszenierung von Bombenopfern und Juden-Transporten sind die Ereignisse beunruhigend leicht auszuhalten. Zusaks Buch fesselte mit der Spannung zwischen Liesels kindlichem Blick und der Erbitterung, die sogar den Tod angesichts des Kriegsentsetzens packt, aber der Film scheitert daran, dies zu übersetzen“ (Nina Rehfeld, SPIEGEL ONLINE)

„The pieces of the story, which begins in 1938, are so neatly arranged that the movie has the narrative flow and comforting familiarity of a beloved fairy tale (...) I can’t imagine that the creators of “The Book Thief” were aware of their movie’s underlying message that it really wasn’t that bad. John Williams’s score — a quieter, more somber echo of his music for “Schindler’s List” — lends the film an unearned patina of solemnity, for “The Book Thief” is a shameless piece of Oscar-seeking Holocaust kitsch“
(Stephen Holden, The New York Times).

Mittwoch, 19. November 2014

Im Labyrinth des Schweigens

Mit seinem Spielfilmdebüt packt Giulio Ricciarelli ein Thema an, von dem die Nation in den ersten zwei Nachkriegsjahrzehnten nichts wissen wollte und an dem fast 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs erneut das Interesse offenbar erlahmt. In dem Kino, in dem ich das „Labyrinth des Schweigens“ sah, saß nur eine Handvoll alter Leute.

„Im Labyrinth des Schweigens“ erzählt die Geschichte von Johann Radmann (Alexander Fehling), der sich trotz völliger Unkenntnis der historischen Zusammenhänge als einziger Staatsanwalt der Frankfurter Justizbehörde mit dem Thema Auschwitz und den NS-Kriegsverbrechen beschäftigen will. Unterstützt wird er dabei nicht nur von dem Journalisten Thomas Gnielka (André Szymanski), sondern auch von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (großartig der nach den Dreharbeiten verstorbene Gert Voss). 
Bauer selbst hat als Jude und Sozialdemokrat ein Lager überlebt und sagt Radmann auf den Kopf zu, dass die Nation kein Interesse an dem Thema hat und zudem in entscheidenden Positionen viele Alt-Nazis sitzen. Radmann wird bei seinen Ermittlungen auf ein Labyrinth stoßen, in dem alle schweigen, so Bauer. Tatsächlich werden sie aber nicht nur schweigen, sondern die von Radmann gesuchten NS-Kriegsverbrecher sogar decken oder aktiv unterstützen. Zu den Netzwerken gehören in Ricciarellis Film nicht nur die Polizeibehörden, sondern auch das BKA. Tatsächlich konnte man aber auch von den deutschen Nachrichtendiensten wenig erwarten. Der BND wurde erst ab Mitte der 1960er Jahre von Nazis gesäubert.

Der Nürnberger Prozess wurde von der Öffentlichkeit als ein Prozess der Alliierten wahrgenommen. In der Folge wurden zwar 50.000 weitere NS-Täter vor Gericht gestellt, aber nur wenige Urteile gefällt. Danach wollte die junge Republik nichts mehr von ihrer Vergangenheit wissen. Die Akten von 600.000 SS-Männern lagerten derweil in endlosen Regalgängen der US-Militärverwaltung. 

Ricciarelli zeigt die als Selbstverständlichkeit erlebte Immunisierung in seinem Film anhand von zwei exemplarischen Szenen: der Journalist Thomas Gnielka sucht mit dem Auschwitz-Opfer Simon Kirsch (Johannes Krisch) die Frankfurter Staatsanwaltschaft auf, um einen ehemaligen SS-Mann aus Auschwitz anzuzeigen, dem Kirsch zufällig begegnet ist. Der Mann unterrichtet unbehelligt an einer Schule. Die Staatsanwälte zeigen sich völlig desinteressiert. Die Anzeige landet im Papierkorb. Nur Radmann, der sich ausschließlich mit Verkehrsdelikten herumschlägt, wird zögern und das Schreiben wieder aus dem Abfall ziehen.
Später zeigt Ricciarelli, wie im Gerichtsgebäude zufällig Menschen angesprochen werden, darunter auch sehr junge Mitarbeiter der Justizbehörde: Was ist Auschwitz? Was passierte dort? Man sieht fragende Gesichter. Auschwitz war doch ein Schutzlager, sagt ein Kollege zu Radmann.
Wir sind im Jahr 1958.


Aspekte der Verdrängung

Damit zeigt Ricciarelli gleich am Anfang seines Films, dass die kollektive Verdrängung zwei Seiten hat: Einerseits gab es Täter und Mitläufer, die ein hohes Interesse daran hatten, dass ihre Schuld nicht öffentlich wurde, andererseits haben Ende der 1950er Jahre bereits viele junge Menschen de facto nichts über die Nazi-Verbrechen gewusst. Ist das authentisch? 

Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass ich in den späten 1960er Jahren in der Schule nur spärlich über den Holocaust informiert wurde und erst während des Studiums erfuhr, dass große Teile der Justiz, der Verwaltung und der Ermittlungsbehörden mit ehemaligen Parteigenossen besetzt waren. Sie hatten dank der umfassenden Entnazifizierung kaum etwas zu befürchten.

Andererseits, und das ist eines der größten Themen der Aufarbeitung geworden, sprachen die Väter nicht mit ihren Söhnen.

„Wollen Sie, dass alle Söhne ihre Väter fragen, ob sie Mörder gewesen sind?“, wird Radmann von Oberstaatsanwalt Walter Friedberg (Robert Hunger-Bühler) gefragt. „Ja, genau das will ich!“, antwortet Radmann.
Er wird am Ende der fünfjährigen kräftezehrenden Ermittlungsarbeit fast zusammenbrechen, als er erfährt, dass sein Vater ebenfalls ein Parteimitglied war. Der junge Jurist wusste dies nicht, nein, er konnte es sich nicht einmal vorstellen. Auch das ist eine Form der Verdrängung, die Giulio Ricciarelli psychologisch sehr glaubwürdig spielen lässt.

Überhaupt gelingen Ricciarelli in seinem Debütfilm bewegende Szenen: Radmanns Sekretärin Schmittchen (Hansi Jochmann) kann kaum noch den psychischen Druck der Grausamkeiten bewältigen, von denen sie beim Stenografieren der Zeugenaussagen erfährt. Und Kollege Haller (Johann von Bülow), der die Gerüchte über Auschwitz für ein arrangiertes Hirngespinst der Siegerjustiz hält und widerwillig als Verstärkung zu Radmanns Team hinzugezogen wird, wird bereits nach der ersten Akteneinsicht vom Saulus zum Paulus.

Überhaupt ist der Film durchgehend exzellent gut besetzt. Alexander Fehling („Goethe!“, „Wir wollten aufs Meer“) spielt den jungen Staatsanwalt als Simplicissimus, der nicht zu Unrecht als „Grünschnabel“ bezeichnet wird und sich das fehlende historische Wissen auf schmerzhafte Weise erarbeiten muss. Die Arbeit an den Fällen verändert ihn spürbar und macht ihn beinahe manisch, als er sich zu sehr auf die Jagd nach dem berüchtigten Auschwitz-Arzt Dr. Josef Mengele fokussiert.
Johann von Bülow ist die Rolle des Staatanwaltes Otto Haller wie auf den Leib geschrieben. Überragend die Interpretation von Gert Voss, der den Generalstaatsanwalt als altersweisen, aber beinahe schon resignierten Überlebenden des NS-Regimes spielt, dennoch aber eine beinahe unheimliche Energie bei der Unterstützung Radmanns aufbringt.
Friederike Becht als Radmanns Freundin Marlene bedient nicht nur das Love Interest des Films, sondern führt vor, dass Radmanns Arbeit zu einer psychischen Extremsituation führt, an der Beziehungen zerbrechen können. Becht funktioniert damit zwar als Plotvehikel, spielt die junge Moderschöpferin
aber glaubwürdig als intelligente Frau, die in die Zukunft blickt und nicht nach hinten schauen will und dabei ihre naive Arglosigkeit erst noch entdecken muss.
Richtig gut hat mir aber die tolle Hansi Jochmann gefallen, die in ihrer kleinen Rolle wenig zu sagen hat, aber durch ihre Körpersprache und Mimik mehr ausdrückt, als andere mit vielen Worten erklären können. Eine tolle, sehr gelungene Nebenrolle.

Auch formal kann „Im Labyrinth des Schweigens“ überzeugen. Kameraarbeit (Roman Osin, Martin Langer) und Schnitt (Andrea Mertens) vermeiden eine minimalistische Montage aus theaterhaften Totalen, wie ich es schon einigen Filmen mit diesem Sujet gesehen habe, lösen die Szenen aber nicht mit zu viel Tempo auf und sorgen damit für einen ruhigen Erzählfluss, der sein Tempo aus der zunehmend beschleunigten Entwicklung der Ereignisse bezieht. Schlicht, aber dadurch messerscharf ist die Montage, wenn sie auf die anfänglichen noch gezeigten Einlassungen der Beschuldigten gänzlich verzichtet und nur noch die Gesichter der Angeklagten aneinanderreiht: Es sind normale Männer. Aber sehen Monster anders aus? Eher nicht.


Überzeugende Rekonstruktion deutscher Geschichte

Die Arbeit von Fritz Bauer, Johann Radmann und dessen Kollegen (tatsächlich waren es damals drei Staatsanwälte) führt schließlich zur Festnahme von Robert Mulka, dem Adjutanten des Lagerkommandanten Rudolf Höß, und weiterer NS-Verbrecher. Real sind in dem Film neben den historischen Ereignissen und den zeitgeschichtlich bekannten Personen die Figuren des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer, des Journalisten Gnielka und des Mitbegründers des Internationalen Auschwitz Komitees Hermann Langbein (Luhas Miko). Die meisten anderen Figuren sind fiktiv. 
1963 findet der erste von drei Auschwitz-Prozessen vor dem Landgericht Frankfurt am Mai statt. Einige Nebenprozesse mit eingerechnet, enden die Verfahren erst Anfang der 1980er Jahre.

Mit seinem Spielfilmdebüt hat Giulio Ricciarelli einen großen Wurf gelandet. „Im Labyrinth des Schweigens“ wird der beginnende Wandel der deutschen Nachkriegsjustiz mit präzisen, genau beobachteten und gut recherchierten Szenen zu einer durchweg spannenden, aber nicht künstlich dramatisierten, einzigartigen Rekonstruktion deutscher Geschichte und deren Be- und Empfindlichkeiten. Ricciarelli und Drehbuchautorin Elisabeth Bartel ist ein starkes Stück Kino gelungen, das auch die Frage hinterlässt, warum man so lange auf einen derartigen Film warten musste. 

Über die Figur des Johann Radmann hat Ricciarelli in einem Interview gesagt: „Auf einer Metaebene ist er die junge Republik, mit der Naivität am Anfang und dem Fast-Zerbrechen daran. Die Mengele-Figur, in die er sich verbeißt, hat auf der psychischen Ebene viel damit zu tun, denn es ist leicht, den Dämon zu hassen, aber was ist mit den Normalen, die, die z.B. das Zyklon B eingefüllt haben - sind die nicht dramatisch genug? Das ist auch ein Reifeprozess der Figur, sich der Normalität zu stellen.“

Möglicherweise eine Feststellung mit Schlüsselcharakter, denn es waren nicht nur die ‚normalen’ Täter (ein bezeichnender Euphemismus), sondern auch die stillen Mitläufer und Profiteure des NS-Regimes, die erfolgreich verdrängt haben. Aber zum Verdrängen gehörte eben nicht nur das Unterdrücken des eigenen unangenehmen Wissens, sondern auch dessen Nichtvorhandensein. Wer dies für paradox hält, sollte sich diesen Film einfach mal anschauen. Denn wer die eigene Geschichte nicht zur Kenntnis nimmt, auch wenn er nicht schuldhaft daran beteiligt war, sorgt für eine Haltung, die durchkreuzt werden muss. Gerade weil Viele mittlerweile glauben, dass nun endlich Schluss sein müsse.


Die historischen Hintergründe: Der Bock wird zum Gärtner gemacht

„Durch die Denazifizierung ist viel Unheil und viel Unglück angerichtet worden“ stellt Konrad Adenauer 1945 vor dem Bundestag fest und fügt hinzu, dass die Schuldigen bestraft werden müssen, aber man nicht länger zwischen zwei Klassen von Menschen in Deutschland unterscheiden soll. Die Unterscheidung zwischen politisch Einwandfreien und nicht Einwandfreien müsse verschwinden. 

Adenauer hatte dies formuliert, weil geheime Umfragen der Alliierten ein ernüchterndes Ergebnis präsentierten: Die Mehrheit der Deutschen hielt den Nationalsozialismus nach wie vor für eine gute Idee, die lediglich schlecht durchgeführt worden war. 

Rasch wird ein Gesetz eingebracht, das minderschwere Verbrechen aus der Nazizeit amnestiert. Eines der ersten Gesetze des Bundestages. Die Akten sollen nach Adenauers Vorstellung unter Verschluss bleiben, was leicht fällt, da die Amerikaner den Zugang kontrollieren, so wie es auch im „Labyrinth des Schweigens
dargestellt wird. 

Anfang der 1950er will Adenauers junge Republik dann wegen Personalmangels wieder auf hoch belastete Täter zurückgreifen, die von den Alliierten aus ihren Ämtern entfernt worden sind. Mit dem 131er-Gesetz (nach Art. 131 Grundgesetz) wird diese Tätergruppe nicht zugelassen, es sei denn, sie sind von Amtswegen beordert worden. Was wie die Formulierung einer Ausnahme klang, war indes der Normalfall.
Nun konnten über 50.000 NS-Beamte wieder in den Staatsdienst aufgenommen werden. Darunter auch belastete NS-Juristen, die nun darüber entscheiden konnten, ob gegen NS-Verbrecher Ermittlungen aufgenommen werden sollten.


1951 scheint nur ein Thema die Presse zu interessieren: die
Versorgungsansprüche und zu leistenden Abschlagssummen, die fällig werden bzw. an die neuen Staatsdiener gezahlt werden sollen. Die ZEIT schreibt am 13.12.1951: „Die verdrängten Beamten, die ihrem Unmut über das ihnen unverständliche Hinausziehen in zahllosen Protestschreiben an Behörden und Zeitungsredaktionen Ausdruck geben, haben Anspruch darauf, daß sich der Amtsschimmel wenigstens dort, wo man ihm schon die Hürden aus dem Weg geräumt hat, in Trab setzt.“
Dem Gesetz stimmen alle Parteien ohne Gegenstimmen zu, sogar die KPD.
Auf diese Weise wird das Justizministerium zu einer „Hochburg der Nazis“, wie die ARD unlängst in einer Dokumentation bilanzierte.

Die wegen Protesten aus dem Ausland gegründete Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen (Ludwigsburg) wird lahm gelegt, als Adenauer den Beitritt der Bundesrepublik zur NATO von der Niederschlagung aller Gerichtsverfahren abhängig macht, die im Ausland gegen deutsche Kriegsverbrecher eingeleitet werden sollen.
Akten
werden weggeschlossen.

Alles scheint alles irgendwann verjährt und vergessen zu sein, nur Mord im Zusammenhang einer klar nachweisbaren Einzeltat kann den Tätern noch gefährlich werden, wenn ein Ermittlungsinteresse besteht und Zeugen beigebracht werden können. Häufig ist beides nicht der Fall.
Fritz Bauer und seine Staatsanwälte haben schließlich diesen ungleichen Kampf angenommen. Das Ergebnis kann in Wort und Schrift auf der Homepage des Fritz Bauer Instituts geprüft werden (s.a. Quellen).

Quellen:

  1. ZEIT-Archiv „Die enttäuschten 131er“
  2. Interview mit Giulio Ricciarelli, zitiert aus: epd-film
  3. „Akte D - Das Versagen der Nachkriegsjustiz“, ARD 2014, Dokumentation, Infos.
  4. „Der Auschwitz-Prozess“, Online Dokumentation
  5. „Tonbandmitschnitt des 1. Frankfurter Auschwitz-Prozesses“, Fritz Bauer Institut (sehr empfehlenswerte Website; die Mitschnitte stehen auch als Mitschrift (PDF) zur Verfügung)

BigDoc = 1,5

Im Labyrinth des Schweigens – D 2014 – Laufzeit: 123 Minuten – Regie: Giulio Ricciarelli – Buch: Elisabeth Bartel, Giulio Ricciarelli – D.: Alexander Fehling, Gert Voss, André Szymanski, Friederike Becht, Johann von Bülow, Robert Hunger-Bühler, Hansi Jochmann, Johannes Krisch.

Sonntag, 16. November 2014

„Interstellar“ und die Medien (ähm ...Kritiker)

„Eßt Scheiße, zehn Millionen Fliegen können nicht irren“ ist nicht einfach nur ein Aphorismus aus der Gosse, sondern tatsächlich ein Buchtitel. Mal abgesehen davon, dass die Rechtschreibung nicht up to date ist und man mit etwas mehr Sprachgefühl „sich irren“ schreiben würde, beschreibt dieser eloquente Spruch sehr genau einen Mechanismus, der sich auch bei Filmkritikern breit macht. Das will ich in drei Kritiken der WELT etwas genauer untersuchen. Da ich das Blatt abonniert habe, kann man das gerne auch als Kundenbeschwerde lesen.

Fangen wir mit dem Umkehrschluss an. Sind zehn Millionen Fliegen an einem Ort versammelt, lässt dies den Schluss zu, dass besagte Körperausscheidung in der Nähe sein muss. Gehen also zehn Millionen Menschen in einen Film...
Halt, das muss nicht weiter ausgeführt werden. Die Ableitung liegt auf der Hand und sie zeigt, wie man Logik missbrauchen kann.

Ähnliche rhetorische Tricks haben Literatur- und Filmkritiker auch auf Lager. Sie wollen gelesen werden und glauben, allein mit Chuzpe so etwas wie ein Karl Kraus des modernen Kinos zu werden. Chuzpe bedeutet aber Frechheit und Geschmacklosigkeit.
Ich möchte nun aber nicht Menschen angreifen, sondern Texte. Das nur mal so am Rande. Fangen wir an. Eigentlich lese ich die Kritiken von Hanns-Georg Rodek aus der WELT ganz gerne. Immer häufiger kommt aber dabei der Verdacht auf, dass sich der WELT-Kritiker gerne auf Blockbuster einschießt, die etwas mehr Ansprüche haben als nur platt unterhalten zu wollen. Das war bereits bei „Cloud Atlas“ so. Rodek schrieb nun aktuell zwei Glossen über „Interstellar“. Mit viel Sarkasmus – und Behauptungen, ohne sich die Mühe zu machen, diese mit lästigen Argumenten zu stützen.

  • McConaugheys Cooper sinniert darüber, "wie wir früher hoch in den Himmel geblickt und uns gefragt haben, wo unser Platz zwischen den Sternen sei". Es ist ein Sentiment, das man viel hört in Amerika, unter Patrioten, unter Neoliberalen. Es ist die Denkweise eines Kindes, das nicht auf den Boden schauen möchte, wo es gerade sein Spielzeug kaputt getrampelt hat, warum auch, wenn man hoch ins Regal blicken kann, wo ja ein neues zum Kauf bereitsteht.
Diese Psychologisierung der Hauptfigur, die ganz nebenbei als Neoliberaler entdeckt wird, ist schlichtweg falsch, weil die Figur des Cooper eben nichts kaputt getrampelt hat, sondern deprimiert ist, weil andere dies getan haben.
  • Unsere Zukunft liegt im All, schlussfolgert Cooper kühl, aber nur für einige Auserwählte. Schwamm drüber.
Himmel, ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Figur das irgendwo preisgibt. Tatsächlich trifft dies für den von Michael Caine gespielten Charakter zu, der seinen Plan A heimlich verworfen hat, während Plan B beabsichtigt, einige Auserwählte mit befruchteten und tiefgefrorenen Eiern auf einen neuen Planeten zu schicken. Aber egal.
  • Kubrick holte absichtlich unbekannte Schauspieler, und Nolan benutzt absichtlich große Stars – neben McConaughey noch Jessica Chastain, Anne Hathaway und Matt Damon – und damit steckt er unentrinnbar in der Große-Gefühle-Mühle. Am Schluss blickt die zur Greisin gealterte Tochter gerührt auf ihren jung gebliebenen Vater. That's Zeitreise.
Ganz einfach zu kurz gesprungen. Wieso in aller Welt bedeutet ein bestimmtes Casting, dass nun große Gefühle (Achtung: Kitsch!) auf uns zurollen und wieso bekommt das zweimal verwendete Wort „absichtlich“ so einen drohenden Unterton? Natürlich hat Nolan das „absichtlich“ getan, was denn sonst? 
Aber vielleicht reiße ich alles nur aus dem Zusammenhang. Schauen wir uns den zweiten Beitrag an.

In dieser Kritik erklärt uns Rodek, was wir von der Darstellung der Physik in
Interstellar" zu erwarten haben und von unserer Zukunft. Sie ist eine ...
  • ...des Pessimismus, die Nolan mit allen Mitteln der Manipulation in ihr Gegenteil verkehrt, mit halb wissenschaftlichem Mumpitz und tränentropfendem Herzschmerz. Jede Menge Bewunderung, kein Quäntchen Ironie. (...) Für den Mumpitz ist Michael Caine zuständig, dessen Nasa-Chef uns spekulative Theorien der Quantengravitation unterjubelt, wonach die Raumzeit aus einer schwammartigen Struktur von Wurmlöchern bestehe, in die man nur schlüpfen müsse, um zeitreisen zu können.
Gut, zugegeben, es gibt „Mumpitz“ in Nolans Film (ach ja: für die Ironie sorgen in dem Film ausgerechnet die beiden Roboter, aber zu Ironie und Humor kommen wir später noch), aber der WELT-Journalist macht sich nicht einmal die Mühe, dies mit Argumenten zu belegen. Um Quantengravitation geht es in dem Film höchstens perspektivisch (das Ganze ist auch in Wirklichkeit nur ein theoretisches Modell), tatsächlich dreht sich alles, auch die emotionalen Konflikte der Figuren, um die relativistische Zeit und damit um Einsteins Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie. Und diese Effekte gibt es. Aber ein Kritiker muss das nicht wissen, kann ja nicht jeder nebenbei Physiker sein. Und wenn’s der Glosse dient ...
Und der Pessimismus, der angeblich manipulativ verdreht wird, will bis zur Schlusseinstellung nicht weichen: das Ende ist deprimierend und wer da ein Happyend hineinliest, hat nicht hingehört und hingeschaut.


Etwas fieser treibt es dann sein WELT-Kollege Jan Küveler aus dem Feuilleton. Der schreibt gleich frontal los: „Warum Christopher Nolan heillos überschätzt wird“. Ob ihn Hybris treibt („Im Grunde kommt es mir vor, als schriebe ich Ihnen stellvertretend für das amerikanische Kino des 21. Jahrhunderts, für das Beste und das Schlechteste darin“) weiß ich nicht.
Ich halte dies für anmaßend.

Um seine Häme (und nichts anderes ist es) listig zu verpacken, wählt er die Briefform („Lieber Christopher Nolan“) und lobt die tollen Bilder in „Interstellar“ („...mein Gott, die Saturn-Sequenz wird in die Filmgeschichte eingehen“), um dann weitschweifig mit Nolans Gesamtwerk abzurechnen. Und da er
Nolan pausenlos vorwirft, dass dieser keine witzigen Filme macht (warum sollte er?), bemüht er sich, diese Lücke auszufüllen und macht sich über alle Zuschauer lustig, die z.B. in der IMDB Nolan zum Meisterregisseur erkoren haben. Über „The Dark Knight“ weiß er zu berichten: „Mir hat auch gut gefallen, wie in "The Dark Knight" der Laster umkippt...“
Und sonst?

  • Heath Ledgers Grimassieren und Schmatzen als Joker ließ mich eher ratlos zurück, das war doch angestrengtestes Overacting, wie es seitdem nur Joaquin Phoenix in "The Master" besser hingekriegt hat. Christian Bales Humorlosigkeit war über die drei Filme hinweg ganz schön nervig. Kein Wunder, dass Katie Holmes bald zu Two-Face überlief. Und dann das viele Gequatsche. Hand aufs Herz, Mr. Nolan: Ihre Filme sind doch hauptsächlich deshalb so lang, weil die armen Figuren drei Viertel der Zeit damit herumbringen, sich gegenseitig den Plot zu erklären.
Gut, er ist nicht vom Fach, sonst hätte er gewusst, das Katie Holmes in „Batman Begins“ spielt und Two-Face eine Figur aus „The Dark Knight“ ist. Aber vielleicht wollen es die Leser gar nicht so genau wissen und bewundern den tollen Stil des Verfassers, weil sie auch mal so abledern möchten. Schwamm drüber.
Dass Heath Ledger Millionen Fliegen ... sorry, Zuschauer, begeistert hat und posthum einen Oscar für seinen „Joker“ bekommen hat – gut, man kennt ja die zahllosen Fehlentscheidungen der Academy.
Irgendwie zwanghaft wirkt das ständige Gejammer über die Humorlosigkeit, die er bei Christian Bale ausmacht, der ja nun wirklich seine Rolle als ständig deprimierter Superheld mitsamt seinem aufreibenden Lebensstil kaum anders spielen konnte.
O.K., dass Nolan keine Komödie über Batman gemacht hat, ist unverzeihlich. Aber wo bitteschön erklären sich die Figuren pausenlos den Plot? Nach Küvelers Zeitrechnung müsste dieses Gequatsche 105 Minuten gedauert haben.
Und so etwas ist für eine nicht ganz unbeträchtliche Anzahl von Fans einer der besten Filme aller Zeiten? 
Oh, natürlich, die Fans denunzieren sich ja selbst, ich habe meine eigene Einleitung vergessen: „Gehen also zehn Millionen Menschen in einen Film...“

Aber nicht alles, was der WELT-Feuilletonist ist schreibt, ist kalter Kaffee. Zugegeben. Aber es handelt sich um eine rechthaberische Generalabrechnung mit einem Filmemacher und der durchgehend nassforsche, polemische Tonfall erinnert dann doch sehr an jene Sorte Filmkritiker, die glauben, dass ihrer Arbeit darin besteht, pausenlos witzig sein zu müssen und dass Filmkritiken lediglich Produktberatungen für Verbraucher sind. Und diese wollen natürlich vorher alles über schädliche Nebenwirkungen wissen, aber bitte keine Spoiler lesen. Und witzig soll der Film auch sein. Und die Kritik hip.

Einige Absätze später: schon wieder sind wir beim fehlenden Witz in „Interstellar“:

  • Interstellar ist komplett unwitzig, dafür selbstverliebt und bedeutungsschwanger. Und in den Nebenrollen hadern tolle Schauspieler mit der totalen Unglaubwürdigkeit ihrer Figuren.
War ich im falschen Film? Narzissmus ist zum einen eine Eigenart von Menschen und Filmkritikern, also zwei besondere Spezies, und ob jemand mit seiner Rolle gehadert hat, erfährt man vielleicht später mal in „Variety“ – ansonsten sind dies Mutmaßungen ohne argumentative Bodenhaftung. Dafür folgt wenig später ein Halbsatz über die Physik in „Interstellar“ und wie ein lästiger Running-Gag der mittlerweile alte Kalauer:
  • ...wobei Sie wiederum auf Rasanz und Komik verzichten.
Fehlte bislang der Witz, so fehlt jetzt auch noch die Komik. Clowns sind komisch, aber vielleicht war doch der Witz gemeint. Worte sind halt wie Schall und Rauch. Also noch mal in Kurzfassung: Die Erde ist verloren, der Held findet zwar die Weltformel, landet aber in einer todtraurigen Szene am Sterbebett der eigenen Tochter und ist am Ende in seiner Heimat so fehl am Platze, dass er zu einer einsamen Frau auf einem einsamen Planeten reist, wo ihn vermutlich der sichere Tod erwartet. Richtig: Wo bleibt da der schenkelklopfende Brüller?
Immerhin weiß der Autor so viel über Physik, dass er angesichts der Nähe der Astronauten zum Schwarzen Loch zum Schluss kommt:

  • Abgesehen davon, dass einen in der Nähe eines solchen Gravitationsmonsters das eigene Gewicht erdrücken würde...
Nö, man wird vielmehr gravitativ auseinandergezogen wie Spaghetti. Deshalb sprechen auch einige Physiker ‚lustig’ von „Spaghettisierung“!
Aber hier bin tatsächlich etwas kleinlich, denn dass der Aufenthalt in der Nähe eines Schwarzen Lochs auch aus ganz anderen Gründen ungesund ist, gilt als gesichert.

Küvelers Kritik am Filmende kann ich dann doch unterschreiben. War ja nicht alles Käse in der Glosse. Und besonders den Schlusssatz des Briefes an „Herrn Nolan“ fand ich 'witzig':

  • Lieber Herr Nolan, (...): Schluss mit dem hohlen Getöse. Greifen Sie an durch Unterhaltung. Dass Sie das eigentlich können, daran zweifelt doch keiner. Lassen Sie den verharmlosenden Quatsch und gehen Sie mutig voran ins Irrenhaus. Wir kommen dann schon nach.
Ich ahne es, mir graut davor: Hier ist wohl eine lustige Apokalypse wie in Seth Rogens "Das ist das Ende" gemeint.
Ich will das jetzt nicht weiter kommentieren. Nur so viel: So schreibt man nicht über Filme, die erkennbar eine gute Geschichte erzählen wollen, auch wenn das nicht immer restlos klappt. Vielleicht geht das Rausrotzen von Glossen bei den schlechten Exemplaren, deren kalkulierte Dämlichkeit offensichtlich ist. Ein guter Kritiker kann das eine vom anderen unterscheiden.

Stattdessen möchte ich, der mit Hans C. Blumenberg, Wolf Donner, Enno Patalas und vielen anderen guten und seriösen Kritikern das Kino lieben gelernt hat, mit zwei Zitaten zum Ende kommen:

  • Es ging aber Enno Patalas und seinen Mitarbeitern nicht allein darum, endlich ernsthaft Filmkritik zu betreiben, sondern sie wußten auch „wie“ und gegen was und formulierten eine entschiedene Programmatik: „Wir wollen es mit Walter Benjamin halten: Das Publikum muß stets unrecht erhalten und sich doch durch den Kritiker vertreten fühlen... Nichts ist so überholt wie die feuilletonistische Kunstkritik, die Eindrücke und Einfälle notiert, statt Strukturen nachzuweisen, die beschreibt, statt zu interpretieren.
Das schrieb Uwe Nettelbeck 1963 über das Team der 1957 gegründeten Zeitschrift „Filmkritik“. Zu einer Zeit, als immer noch Volontäre, so Nettelbeck, für dieses Ressort verantwortlich waren.
  • Filmkritiker sind unsympathische Menschen. Unablässig nörgeln sie an dem herum, was zugleich der einzige Grund ihres Daseins ist, am Kino, das sie ausbrütet und ernährt. Es gibt keinen Glücksmoment, keinen Augenblick der Rührung und des Verstehens, den sie nicht zerreden, keinen originellen Einfall, den sie nicht bekritteln müssen.
    Wenn sie älter werden und merken, daß das Kino nicht mit ihnen altern will, lassen sie ihre Enttäuschung an den jungen Filmen und den jüngeren Kritikern aus. Sie versteinern und vergreisen, die Liebhaberei ihrer Anfänge verkehrt sich in Haß auf das Publikum, die Filme, sich selbst. An der Kathedrale des Kinos sind sie die Wasserspeier, die Chimären, die den Gläubigen Furcht und Schrecken einjagen, wenn sie zur Messe gehen.
Das schrieb Andreas Kilb 1994 zum Tod von Wolf Donner und er fügte hinzu: „Wolf Donner war keiner von ihnen.“
Die Chimären aber warten immer noch irgendwo da draußen auf uns.

Samstag, 15. November 2014

Interstellar

Christopher Nolan bedient mit seinem waghalsigen Film Sehnsüchte und Visionen der traditionellen Science-Fiction: Der Aufbruch zu den Sternen ist nicht nur ein Abenteuer, sondern eine Menschheitsaufgabe. Allerdings treibt die Helden in „Interstellar“ nicht Forscherdrang an, sondern die Rettung der maroden Welt. So ist der Film auch ein gelungener Gegenpol zu den aktuellen und mittlerweile ermüdenden Dystopien, deren Figuren die Kraft und der Mut fehlen, den ökologisch ruinierten Heimatplaneten zu verlassen. In „Interstellar“ haben sie Kraft und Mut, aber sie müssen einen hohen Preis bezahlen.

Die Erde ist auf dem besten Wege, sich in einen Wüstenplaneten à la Frank Herbert zu verwandeln, nur ohne Sandwürmer. Sie ist so vollständig am Ende, dass nur noch die Flucht bleibt. Wer oder was für das Desaster gesorgt hat, bleibt offen. Aber wenn man die gegenwärtig peinlich minimalistischen Bemühungen sieht, mit denen die Politiker das Weltklima retten wollen, braucht man eigentlich keine weiteren Erklärungen.
Trotzdem will diese Geschichte erzählt werden.


Science-Fiction, keine Fantasy

Mitte des 21. Jh. haben auf der Erde die Überlebenden des großen Öko-Kollaps eine Agrargesellschaft etabliert, in der das Interesse an Naturwissenschaften nicht mehr existiert. Parasiten und Krankheiten verhindern den Anbau von Getreide und Gemüse, als letztes Nahrungsmittel ist allein Mais übrig geblieben. In dieser sterbenden Zivilisation bewirtschaftet der Ex-Pilot Cooper (Matthew McConaughey) zusammen mit seinem Schwiegervater (John Lithgow), seiner zehnjährigen Tochter Murphy (Mackenzie Foy als Kind, Jessica Chastain als Erwachsene und Ellen Burstyn als alte Frau) und seinem Sohn Tom (Timothée Chalamet, Casey Affleck) eine Farm. Murphy glaubt aufgrund merkwürdige Vorkommnisse in ihrem Zimmer, dass sie eine mysteriöse Botschaft von einem unbekannten Wesen, möglicherweise einem Geist, erhält. Cooper kann das Ganze allerdings als Morsezeichen decodieren. Die Botschaft besteht aus zwei Mitteilungen: später aus der zunächst unverständlichen Aufforderung „Stay“, zuvor als Koordinaten eines Ortes - es ist der verborgen vor der Öffentlichkeit operierende letzte Standort der NASA.
Hier trifft Cooper auf Professor Brand (Michael Caine) und dessen Tochter Dr. Amelia Brand (Anne Hathaway), die Cooper in ihr Projekt einweihen. Es soll die Menschheit retten. Wer auch immer es war: geheimnisvolle „Sie“ haben ein Wurmloch in der Nähe des Saturn positioniert, durch das bereits vor einigen Jahren Wissenschaftler geschickt worden sind. Das Projekt „Lazarus“ sollte am anderen Ende in einer fernen Galaxis nach neuen Lebenswelten zu suchen. Und die Reiseroute scheint von einer höheren Intelligenz vorbereitet worden zu sein. Kubricks Monolith lässt grüßen.

Cooper lässt sich gegen den heftigen Widerstand „Murphs“ dazu überreden, als Pilot ein Raumschiff sicher ans Ziel zu bringen. Brand will inzwischen Relativitätstheorie und Quantenmechanik zusammenführen, um der Natur der Gravitation auf die Schliche zu kommen. Nur so könne man eine Rettungs-Raumstation mit Menschen durch das Wurmloch bringen, um auf der anderen Seite einen erdähnlichen Planenten zu besiedeln.
Das ist Plan A. Plan B sieht als letzten Ausweg vor, mit einer kleineren Population und tiefgefrorenen Eizellen die menschliche Evolution neu anzustoßen.
Die letzte Mission führt das Astronautenteam Cooper, Amelia Brand und die beiden Wissenschaftler Romily und Doyle zusammen mit den KI-Robotern TARS und CASE dann auch erfolgreich durch ein Wurmloch. Allerdings auch in die Nähe eines Schwarzen Loches, wo drei der als bewohnbar geltenden Planeten ihre Bahnen ziehen. Allerdings führt die gravitative Zeitverzerrung des Schwarzen Lochs zu berechenbaren, aber keineswegs vorhersehbaren Extremsituationen, die alles auf den Prüfstand stellen. Alle drei Planeten kann das Team an Bord der „Endurance“ nicht mehr prüfen. Nicht nur der Treibstoff ist knapp geworden, auch die Uhren an Bord ticken in der Nähe des Schwarzen Loches extrem langsamer als auf der Erde. Braucht man also zu viel Zeit für den Job, würde man nach der Rückkehr auf die Erde womöglich nicht einmal mehr seinen Enkeln begegnen, sondern die ganze Menschheit wäre futsch.

Ein Wurmloch mit mythologischen Qualitäten, sarkastische Roboter und eine schwindelerregende Fahrt durch ein Wurmloch: Das hört sich so an, als wären Stanley Kubricks „2001 – A Space Odyssee“ und „Star Wars“ eine Allianz eingegangen. Beide Filme haben Christopher Nolan in jungen Jahren beeindruckt und das sieht man auch „Interstellar“ an.
Science-Fiction und Fantasy, und dazu gehören die beiden großen Vorbilder, leben allerdings in zwei Welten: SF orientiert sich an bekannten oder zumindest plausiblen und rational begründbaren Naturgesetzen, es will erzählte Wissenschaft sein; Fantasy nimmt sich dagegen die Freiheit, diese frei zu erfinden, wenn es der Story dient.
„Interstellar“ ist zweifellos SF, zumindest am Anfang. Mit der korrekten Darstellung der relativistischen Zeit und der gravitativen Zeitdilatation gelingt Nolan ein realistisches Szenario. „Interstellar“ funktioniert auch recht überzeugend als Beschreibung der emotionalen und moralischen Fragen, die auf uns zukommen, wenn wir uns im Kosmos von Albert Einstein bewegen. Unser psychologisches Erleben von Zeit ist an diesem Ort zwar nicht irrelevant, aber die Art und Weise, wie die Raumzeit unter bestimmten Bedingungen funktioniert, stößt an die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung: Man kann sie zwar berechnen, aber man spürt nicht, wie es sich anfühlt. 

Verlust der Heimat, Verlust der Menschen, die man geliebt hat, der Familie, möglicherweise der Kultur, in der man gelebt hat – all dies sind unausweichliche Konsequenzen der Zeitdilatation, die an der Grenze zur Lichtgeschwindigkeit und in der Nähe massiver Gravitationseffekte zu extremen Zeitunterschieden führt. Sie definiert radikal Biografien um und fordert Entscheidungen: Darf man das tun, was man kann? Welche Folgen hat dies für die Zurückgebliebenen? Was fühlt man dabei?

Cooper will irgendwann wieder nach Hause. Er hat es seiner Tochter versprochen. Amelie Brand will nur zu einem der drei Planeten, weil sie als Wissenschaftlerin dort die besten Ergebnisse erwartet, aber auch, weil dort ihr Geliebter auf sie wartet. Möglicherweise, aber vielleicht auch nicht. Persönliches ist, so scheint’s, genauso wichtig wie Rettung der Erde.

Als neulich im Fernsehen der DEFA-Klassiker „Der schweigende Stern“ zu sehen war, konnte man das Gegenstück zu dieser Misere sehen: ideologisch gefestigte und humanistisch gebildete Astronauten, deren Empathie dem großen Ganzen gilt. Auch wenn man an diesen Alphatieren der Zukunft doch noch einen Rest Privates spüren konnte, waren sie so vernunftgeleitet, um für das Projekt und das große Ziel notfalls in den Tod zu gehen. Auch Michael Caines Figur des nicht immer aufrichtigen Physikers wird dieses Empathiekonzept andeuten. Es gehört zu den großen Science-Fiction-Themen und Nolan deutet es an, zeigt es aber nicht in seiner ganzen Ambivalenz.

Dennoch ist es konsequent, dass es auch um die Liebe geht, wenn in Nolans Film die Protagonisten ihr nächstes Reiseziel verhandeln. In „Interstellar“ sind die Figuren, auch nicht Cooper, eben keine Alphatiere. Einige Kritiker haben den Film angegriffen, weil sich alles so verquast und spirituell anhört, wenn Amelie die „kosmische Liebe“ als Argument einbringt. Dialoge unter Kitschverdacht.
Ich glaube aber nicht, dass Nolan unfähig war, vernünftige Dialoge zu schreiben (Christopher Nolan hat zusammen mit seinem Bruder Jonathan das Drehbuch verfasst). Vielmehr ist alles der emotionalen Hilflosigkeit der Figuren geschuldet. Sie können zwar die Zeitdilatation berechnen, nicht aber die Leere in ihrer Seele. Und deswegen fangen sie an, pathetisches und metaphysisches Zeug zu reden, während sie eigentlich das meinen, was sie zu glauben kennen. Nur ist halt die Liebe im Gegensatz zu physikalischen Phänomenen noch unberechenbarer. „Interstellar“ ist ein pessimistischer Film, mindestens aber ein melancholischer. 


Im Grunde eine Familiengeschichte

„Interstellar“ ist aber kein Nachhilfeunterricht in Physik und Existenzialismus, was einige Kritiker murrend vermuteten, sondern eine richtige Kinogeschichte. Und die beginnt clever, denn Nolan stürzt sich nicht übergangslos in die Weiten des Raumes, sondern erzählt in einer fast einstündigen Exposition mit epischer Breite eine subtile Familien- und Sozialgeschichte. In der bauen die Überlebenden verzweifelt ihre Weltbild um, während gewaltige Sandstürme über die gigantischen Maisfelder ziehen und der Mehltau die Ernte vernichtet.

Als Connor während einer Elternsprechstunde damit konfrontiert wird, dass seine Tochter naturwissenschaftliche Bücher in den Unterricht gebracht hat, wird dieses Sakrileg mit ausgesuchter, aber eisiger Höflichkeit diskutiert. Wie im Zerrbild einer Orwell’schen Neusprech-Öko-Gesellschaft hat man die Geschichte buchstäblich umgeschrieben: die Mondlandung war ein inszenierter Fake, das Ganze wurde inszeniert, um die Russen in einen verhängnisvollen Wettbewerb zu treiben, den sie finanziell nicht bewältigen konnten. Auch alles andere war Schwindel. Ingenieurswissenschaften und besonders die Raumfahrt sind Verschwendung von Ressourcen, Technologie ist nicht länger eine Utopie, sondern ein frivoler Scherz der menschlichen Intelligenz. 
Es ist die Skizze einer milden Revolution, die aus pragmatischen Gründen die Wissenschaftsgeschichte umschreibt, um die Menschen von sinnlosen Träumen und Visionen zu befreien. Erklärt von freundlichen Lehrern, die vorgeben, dies zu glauben. Gebraucht werden nur noch Farmer. Connor ist inmitten dieses sanften Öko-Terrorismus’ ein Fremdkörper. Aber immer noch der „Last Man Standing“, der seinen Blick nach oben zu den Sternen und nicht nach unten auf den Dreck richten will.

Die außergewöhnlich lange Exposition sorgt für differenzierte Figuren und bereitet auch die bevorstehenden Tragödien vor. Diese erlebt Connor dann als Schweigen. Während die „Endurance“ keine Botschaften mehr absetzen kann, erreichen das Schiff immer noch Videobotschaften von der Erde. Und während Coopers Tochter zunächst eisern schweigt, erzählt ein mit jedem Video älter gewordener Tom seinem Vater, für den nur Tage oder Wochen vergangen sind, vom Sterben und der Ausweglosigkeit. Bis er dann ganz aufgibt. Es antwortet ja niemand.
Irgendwann, wir ahnen es, wird der Sohn älter sein als der Vater. Und tatsächlich wird Cooper ganz am Ende seiner Tochter begegnen: als sterbende Greisin in einem Krankenhausbett, umringt von Kindern und Enkeln, die Cooper noch nie gesehen hat. In „Interstellar“ geht es nicht nur um den Ereignishorizont eines superschweren Black Holes, sondern auch um den emotionalen und moralischen Horizont in einem kaum zu begreifenden Universum.


„Interstellar“ und die Wissenschaft

Haben wir „Star Trek“ wegen seiner profunden Wissenschaftlichkeit geliebt? 
Eher nicht. Wenn Captain Kirk und seine Nachfolger mit Warp beschleunigten, dann schoss die Enterprise mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit in die unendlichen Tiefen des Weltraums.
Dass „to warp“ aber „etwas biegen“ heißt und der Antrieb darauf basierte, dass der Raum, durch den die Enterprise flog, gebogen wurde, war für das Funktionieren der Serie nicht so wichtig. Und immer, wenn die Enterprise zwischendurch von ihren Missionen zum Heimatplaneten Erde zurückkehrte, liefen dort die Uhren synchron. Bei Gene Roddenberry gab es Einsteins spezielle und allgemeine Relativitätstheorie nicht. Tatsächlich leben wir in einem Universum, in dem nur die Geschwindigkeit des Lichts konstant ist, während sich Länge und Zeit ständig ändern.

„Interstellar“ will den Spagat zwischen Wissenschaft und Gefühl, Plausibilität und Phantasie, mit Bedacht stemmen. Auch wenn sich einige hemdsärmelige Blogger an ‚endloses Geschwafel ohne Logik, Sinn und Verstand’ erinnern und etwa seriösere Kritiker über zu viel Meta- und Quantenphysik klagen, beschränkt sich der Film auf kurze und prägnante Informationen zu diesen Themen, die (wo auch sonst?) in den Dialogen platziert werden. Überfordert wird dabei niemand. In der 12. Und 13. Klasse müssen deutsche Schüler bereits die komplexen Formeln zur Berechnung der Zeitdilatation anwenden können. 

Um seine Geschichte einigermaßen glaubwürdig erzählen zu können, hat sich Christopher Nolan zudem einen kompetenten Physiker ins Boot geholt: Kip Thorne. Thorne hat für das Filmteam ein ausgefeiltes Black Hole entworfen. Als er das Ergebnis sah, stellte er fest, dass dies so innovativ sei, dass es ihn wissenschaftlich weitergebracht hätte. Er hat bereits ein Buch darüber geschrieben.
Spannend und verblüffend ist auf jeden Fall die Szene, in der Connor und sein Team etwas mehr als drei Stunden lang den ersten Planeten erkunden, einen unwirtlichen Wasserplaneten mit riesigen Tsunamis. Ihr auf dem Schiff zurückgebliebener Kollege ist während dieser drei Stunden 23 Jahre älter geworden.

Ganz gelungen ist die Synthese zwischen Kinoplot und Einstein aber nicht. Man konnte ziemlich schnell die ersten Kritikpunkte von Astrophysikern nachlesen. Drei Planeten ohne Fixstern in der Nähe? Bullshit. So nah am Schwarzen Loch vorbeifliegen? Geht nicht, Röntgenstrahlen würden die Crew braten. Und so weiter.
Natürlich ist das interessant zu lesen, aber „Interstellar“ ist halt Kino und damit auch Phantasie und Fiction. Viele SF-Autoren wollten früher überhaupt nicht wissen, ob ihre Stories plausibel sind. Stanislaw Lem hat sich sogar entschieden geweigert, die Schwerelosigkeit am eigenen Leibe zu erfahren. Ich kann diese Immunisierung zwar nicht nachvollziehen, aber insgesamt sollte man nicht jede Plotidee an der Tafel mit Kreide nachrechnen. Immerhin hat die gravitative Zeitdilatation Einzug in den Film gefunden und das wird vielleicht den einen oder anderen Zuschauer ins Grübeln bringen. Nur wenigen Regisseuren dürfte ein ähnliches Vorhaben gelingen, geschweige denn von knochenharten Produzenten gestattet werden. 


Das Ende floppt

Wie immer entscheidet das Ende über den bleibenden Eindruck, den man von einem der am heftigsten diskutierten Blockbuster der Saison aus dem Kino mitnimmt. Und das Ende enttäuscht heftig, denn Nolan entscheidet sich für Fantasy und gegen Science Fiction. Cooper dringt in das Schwarze Loch ein und bewegt sich dort völlig gefahrlos in einer Raumzeit, in der alle Ereignisse gleichzeitig existieren und wie Bücher in einem Regal stehen. Man wandert von einem zum anderen. 
„Interstellar“ kehrt damit sehr spekulativ zu einem Zeitbegriff zurück, der eher an Newtons Annahme einer physikalisch realen Zeit erinnert, nur dass sie in einer fünfdimensionalen Matrix angeordnet ist. Das wirkt leider lächerlich, beinahe wie ein überdrehter Nachschlag von „Inception“ und ist zudem bei Kurt Vonnegut geklaut worden („Slaughterhouse-Five“).
Ohne die Pointe zu verraten, steht für mich fest: Nolan und seinem Bruder ist es nicht gelungen, die Finger von einem überhitzten Ende zu lassen, das – koste es, was es wolle – die Themen Familie, Liebe und Verlust gewaltsam mit wilden Spekulationen über Gravitation und Quantenphysik zusammenbringen musste. Wissenschaftlich ist das Nonsense, erzählerisch eine kapitale Bauchlandung.

Wenn Cooper am Ende in einem geheimnisvollen Tesserakt tatsächlich Zeit und Raum manipulieren lernt und in seine eigene Vergangenheit zurückreist, beschreibt dies auch das ganze Elend jener Time Travel-Geschichten, die immer wieder der Verführung erliegen, mit einer Reise in die Vergangenheit die Probleme der Vergangenheit und der Gegenwart auf einen Schlag zu lösen. So kommt es leider zu einem Hauptübel der SF, dem Großvater-Paradoxon. Jemand reist in der Zeit zurück, bringt seinen Großvater um, der nun nicht mehr den Vater zeugen kann usw. Kein Wunder, dass sich Nolan aus diesem kruden Plot-Twist nur mit einem harten Schnitt befreien kann: sein Held, eben noch im Schwarzen Loch, wacht einfach im Krankenhaus auf. Teleportation? Mit einem überzeugenden Ende wäre der Erde so mancher Sandsturm erspart geblieben. Vielleicht hat aber auch Arthur C. Clarke Recht:
Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“

Kubrick hatte in „2001“ das unlösbare Rätsel des schwarzen Monolithen als unlösbar präsentiert und eine Erklärung verweigert. Am Ende weiß Kubricks Astronaut nicht, was ihm widerfährt. Der Zuschauer auch nicht. Dies kommt den zu erwartenden Realitäten erheblich näher, nämlich dann, wenn wir wirklich mit den Antworten auf die letzten Fragen konfrontiert werden. Wenn diese gefunden werden und wenn wir ganz viel Pech haben, wird nur eine Handvoll Physiker alles verstehen und dies vermutlich nicht einmal verbal kommunizieren können, sondern nur Formeln auf die Schiefertafel schreiben.
Die zwanghafte Umtriebigkeit, mit der in „Interstellar“ eine Lösung für alle Probleme aus dem Zylinder gezogen wird, ignoriert Kubricks intelligenten Gedanken, dass wir von der Evolution keine Sinne mitbekommen haben, die uns ein intuitives Verstehen des Kosmos ermöglichen. Wie sollte dies auch der Fall sein in einer Welt, in der wir vor kurzer Zeit noch Felle getragen haben und mit Keulen durch die Savanne stapften?

Stark ist „Interstellar“ dann, wenn es darum geht, die ethischen, sozialen und physikalischen Dilemmata zu beschreiben, die den Menschen angesichts der absurd erscheinenden physikalischen Gesetze in schwer zu begreifende Extremsituationen bringen. Nolan zeigt klug die Begrenzung des Menschen, der vertraute emotionale Bindungen benötigt, um in der Welt der relativen Zeit, der Wurmlöcher und Schwarzen Löcher zu überleben. Human Interest – ohne diese Dreingabe würde so mancher Zuschauer vermutlich in den Grundfesten seines Bildungswissens erschüttert werden. 

Gut ist „Interstellar“ beim Erzählen einer Familiengeschichte, die keineswegs zu sentimental ist, wie einige Kritiker vermuteten. Befriedigen kann der Film durch einen guten Cast, in dem Matthew McConaughey, Mackenzie Fox und auch Casey Affleck besonders auffallen. Befriedigend ist auch der Space-Look. Christopher Nolan gelingen trotz einiger Logiklöcher spektakuläre und verblüffende Bilder, darunter ein Schwarzes Loch, wie wir es noch nie gesehen haben. Aber insgesamt ist „Interstellar“ mit seinem Space-Look weniger spektakulär als „Gravity“, auch das überrascht.
Mau wird es beim gelegentlich zu pathetischen Soundtrack (Orgeln!) von Hans Zimmer (der übrigens in der deutschen Fassung elendig laut abgemischt wurde). Zimmer hat die Musik ohne Kenntnis des Drehbuchs geschrieben.
Das Ende floppt leider, kann aber nicht das Gefühl beschädigen, einen außergewöhnlichen Film gesehen zu haben. Allerdings schöpft „Interstellar“ sein Potential nicht ganz aus. Man wird sich diesen Film noch einige Male anschauen müssen.


Pressespiegel


„Tatsächlich ist ‚Interstellar’ so sensibel wie klug, so anspruchsvoll wie unterhaltsam - dies ist Kino, wie es sein soll, und wahrscheinlich der beste, jedenfalls der interessanteste Science-Fiction-Film seit "Matrix".“ 

Rüdiger Suchsland auf: heise.de

„Nolan scheitert am Versuch, seine fantastische Reise wissenschaftlich fundieren zu wollen und gleichzeitig seinen zahlreichen Kino-Vorgängern und Inspirationen gerecht zu werden, von "Oz" bis "Odyssee". Dabei brilliert und verblüfft er, wie schon in seinen Batman-Filmen und natürlich in "Inception" oder "Memento", immer wieder im Detail.  Das große Ganze aber, Herz und Zusammenhalt seiner Story, verliert er aus den Augen.“
Andreas Borcholte auf. SPIEGEL ONLINE

Noten: BigDoc, Klawer = 2


Interstellar - USA 2014 Regie: Christopher Nolan Buch: Christopher & Jonathan Nolan Darsteller: Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Michael Caine, John Lithgow, Mackenzie Foy, Jessica Chastain, Casey Affleck, Ellen Burstyn, Wes Bentley, David Gyasi Länge: 169 Minuten Altersfreigabe: ab 12 Jahren