Donnerstag, 26. Oktober 2017

The Walking Dead mit umstrittenem Staffelauftakt

War das die angekündigte Wende? Action und Explosionen hatte das Team um Scott M. Gimple versprochen. Sie lieferten. Dazu gab es auch Mysteriöses, Flashforwards, Traumvisionen - und es wurde kräftig mit der Zeitlinie gespielt. Easter Eggs und nostalgische Reminiszenzen schmeckten am Ende ein Horsd’œuvre ab, das sich als großer Wurf entpuppen kann – oder auch als fauler Zauber.

Dienstag, 17. Oktober 2017

Elle

Seit „Black Book“ hat Paul Verhoeven keinen Kinofilm mehr gemacht. Nach zehnjähriger Pause tauchte der holländische Regisseur wieder an einem Set auf und wurde danach für „Elle“ mit einer wahren Flut von Preisen überhäuft. Das Geringste, was man über Verhoevens Skizze einer schwer traumatisierten Frau sagen kann, ist, dass „Elle“ ein fesselnder Psychothriller geworden ist.

Ja, „Elle“ ist sogar komisch. Während Paul Verhoevens Hauptfigur
Michèle Leblanc sehr kompetent und dominant mit ihrer Freundin Anna (Anne Consigny) im gemeinsamen Unternehmen erfolgreich äußerst gewalthaltige Computerspiele produziert, ist ihre Familie ein Trümmerfeld. Michèles Sohn Vincent (Jonas Bloquet) hat es nur zu einem Job in einem Burger-Schuppen gebracht. Seine schwangere jähzornige Freundin Josie (Alice Isaaz) hat ihn vollständig unter ihre Fuchtel genommen und Vincent ist nach der Geburt des Kindes selbst dann nicht imstande, den wahren Vater zu erkennen, als ihm im Krankenhaus ein farbiges Kind in die Arme gelegt wird. Michèles greise Mutter Irène (Judith Magre) lässt sich regelmäßig mit Botox liften und führt ein reges Sexualleben mit deutlichen jüngeren Männern. Und Michèle? Die hat sich von ihrem Mann Richard, einem erfolglosen Schriftsteller, getrennt und unterhält mit dem Mann (Christian Berkel) ihrer Freundin Anna eine beinahe desinteressierte Affäre. Dabei mimt sie beim Sex auch mal eine Tote, um ihren Lover in Fahrt zu bringen.

Mittwoch, 11. Oktober 2017

Empörung

Mit „Empörung“ (Indignation) ist dem bekannten Independent Movie-Produzenten James Schamus bei seiner ersten Regiearbeit ein Glücksgriff gelungen. Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Philip Roth ist ein allegorisch-realistischer Film, der gerade wegen seiner inneren Ruhe eine subtile Tiefe bei der Figurenzeichnung erhält.

Geschichte ist ohne Fiktionalisierung nur noch schwer greifbar. Über die McCarthy-Ära erfährt man im Kino einiges in „Trumbo“, über das Abstreifen der 1950er Jahre erzählt die TV-Serie „Mad Men“ als Geschichte eines weitreichenden kulturellen Paradigmenwechsels, festgemacht am Aufkommen weiblicher Emanzipation und neuer sexueller Freiheiten. Filmische Reisen in die 1950er Jahre sind auch deswegen per se Spiegelbilder des Hier und Jetzt.
Das hört sich längst nicht mehr paradox an, denn die enorme kulturelle und politische Distanz zu einer Dekade, die man medial als Prä-„Mad Men“-Ära bezeichnen kann, zeigt besonders nachhaltig, was verschwunden ist und was uns immer noch widerfährt. Es scheint zwar, als sei der restaurative Mief der 1950er verschwunden, auch die bigotte Sexualmoral. Aber spätestens, wenn man die verklemmten ethnischen und religiösen Vorurteile in und Schamus’ Literaturadaption beobachtet, erkennt man, dass sich hinter den geschickt getarnten Grundsatzdiskussionen zwischen einem vermeintlich liberalen Dekan und seinem Studenten aus der jüdischen Mittelschicht ein Ungeist breitmacht, der 70 Jahre später nicht restlos verschwunden ist, sondern viel aggressiver und selbstbewusster auftritt.

Freitag, 6. Oktober 2017

Blade Runner 2049

Man darf nicht in die Falle laufen. Natürlich wird man Denis Villeneuves Sequel „Blade Runner 2049“ mit Ridley Scotts Masterpiece vergleichen. „Blade Runner“, jedenfalls in der Version des Final Cut (2007), ist ein Standalone Art Piece und ein Kinomythos dazu. Über drei Jahrzehnte später trifft das Sequel auf eine andere Zeit und auch ein anderes Kino. Und auf andere Zuschauer. Zwischen beiden Filmen liegen zudem komplizierte transmediale Strategien. Zieht man dies ins Kalkül, schneidet „Blade Runner 2049“ ordentlich ab. Denis Villeneuve ist ein streckenweise schöner Film gelungen, auch wenn man im Kino nicht mehr mit großen Augen staunt.

Die Debatten haben bereits begonnen. „Blade Runner 2049 entpuppt sich nicht nur als einer der besten Science-Fiction-Filme des Jahres oder der Dekade, sondern als einer der besten Science-Fiction-Filme überhaupt“, schreibt der Redakteur von Filmstarts, und überhaupt sei Villeneuves Sequel der bessere Film. 
Offen gesagt: Diesen Enthusiasmus kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe Probleme damit, Ridley Scotts komplexes Original (das - je nach Zählweise - in 3-5 verschiedenen Schnittversionen vorliegt) mit Villeneuves nicht weniger komplexen Interpretation des Themas abzugleichen, ohne „Blade Runner 2049“ ein zweites Mal gesehen zu haben. Trotzdem wird ein erster Versuch gewagt.