Donnerstag, 16. November 2017

„Bones“ ging zu Ende – nur wenige schauten zu

Serien haben ein Verfallsdatum. Andere nicht: „Die Simpsons“ gibt es seit 1989, eine Ende ist auch nach 29 Staffeln nicht in Sicht. Und Soaps wie „General Hospital“ laufen ununterbrochen seit 1963 und haben es auf über 10.000 Episoden gebracht. Die Geschichte um die forensische Anthropologin Dr. Temperance Brennan und FBI-Special Agent Seeley Booth ist allerdings nach 12 Staffeln und 246 gelösten Fällen endgültig auserzählt – sie war in ihren besten Zeiten eine Perle der konventionellen Erzählkunst. Bye bye, Bones.

Das Geheimnis von „Bones“ war die Leichtigkeit des Seins. Zwar wurde zu Beginn jeder Episode eine gruselige Leiche präsentiert, aber danach konnte sich der Zuschauer sicher sein, dass er in „Bones“ garantiert nicht dauerhaft mit deprimierenden Storylines konfrontiert wird. Die FOX-Serie war in Sachen Sex und Gewalt absolut familientauglich und überforderte nicht. Beinahe jeder Fall wurde am Ende der Episode gelöst und dabei setzte das Team der leicht unterkühlten und hochintelligenten Anthropologin Temperance Brennan (Emily Deschanel) alle nur erdenklichen Verfahren der modernen Wissenschaft ein, um die kriminalistischen Rätsel zu lösen. Und am Ende des Tages war dann die Welt wieder in Ordnung.

Freitag, 3. November 2017

Verleugnung

Gibt es geschichtliche Fakten, die sich einer Debatte entziehen, obwohl sie hieb- und stichfest bewiesen worden sind? Oder gehört es zu den postfaktischen Zeiten, dass alles neu verhandelt werden kann, auch wenn dabei gelogen wird, dass sich die Balken biegen? Mick Jackson und David Hare rekonstruieren in „Verleugnung“ den Prozess gegen die Historikerin Deborah Lipstadt, der 1996 in London mit der Niederlage des Klägers endet. Der hieß David Irving. Er ist bis heute einer der bekanntesten Holocaust-Leugner der Zeitgeschichte geblieben.

In dem amerikanisch-britischen Spielfilm „Verleugnung“ (Originaltitel: Denial) wird Deborah Lipstadt (Oscar-Preisträgerin Rachel Weisz), eine US-amerikanische Professorin für Holocaust-Studien, mit einer Verleumdungsklage konfrontiert, die der bekannte Holocaust-Leugner David Irving (Timothy Spall) in England gegen sie anstrengt. Der Grund: Die Historikerin hatte den zum Zeitpunkt des Prozesses 58-jährigen Buchautor in ihrem Buch Denying the Holocaust – The Growing Assault on Truth and Memory als Geschichtsrevisionisten und als Lügner bezeichnet und damit angeblich seine berufliche Reputation beschädigt. Nach britischem Recht liegt in einem Verleumdungsfall die Beweislast allerdings beim Angeklagten. Nicht David Irving muss seine Thesen untermauern, nein, Lipstadt musste dem Richter Sir Charles Gray beweisen, dass es den Holocaust gegeben hat.

Mittwoch, 1. November 2017

The Deuce - David Simons neue Serie fordert Geduld

Man soll es nicht tun. Nämlich Serien daran zu messen, was der oder die Showrunner zuvor gemacht haben. Aber man tut es. David Simon, der zusammen mit Ed Burns „The Wire“ kreiert hat, erzählt nun zusammen mit George Pelecanos in „The Deuce“ von der Erfindung der Pornoindustrie in den frühen 1970er Jahren. Eine interessante Geschichte, eine gute erste Staffel – „The Wire“ wird aber nicht vom Thron gestoßen.

Die Geschichte mit den Pornos kommt später, sie schleicht sich langsam an. „The Deuce“ erzählt überwiegend von Prostituierten und ihren Zuhältern. Das Zeitkolorit der 1970er Jahre fängt die Serie dabei visuell überzeugend ein. Der Times Square: dreckige Straßen, auf denen Unrat liegt und sich Penner in den Kellereingängen durch die Nacht bringen. Vergammelte Häuser, Neppläden für Touristen, Striptease-Bars und die nicht sonderlich einladenden Kinos auf dem Strip, in denen Bertoluccis “The Conformist“ oder „The Omega Man“ gezeigt werden. Sie warten förmlich darauf, dass bald ganz andere Filme über die Leinwand laufen werden. Und wer das Herz des Broadways so kennt, wie heute aussieht, wird es zu schätzen wissen, dass „The Deuce“ die Spuren des Niedergangs dieses legendären New Yorker Künstlerviertels so naturalistisch in Bilder fasst. Wohin das führt, kann man ahnen, wenn Curtis Mayfield im Main Title „Don’t worry. If there’s a hell below, we’re all going to go“ singt.