Sonntag, 10. Juni 2007

Deutsche Komödien

Auf DVD liegen einige deutsche Komödien vor, die wieder einmal Glanz und Elend dieses Genres vorführen.

Emmas Glück
Deutschland 2006 - Regie: Sven Taddicken - Drehbuch: Ruth Toma, Claudia Schreiber - Darsteller: Jördis Triebel, Jürgen Vogel, Hinnerk Schönemann, Martin Feifel, Karin Neuhäuser, Nina Petri, Arved Birnbaum, Benjamin Blömer, Sebastian Rüger, Christian Kitscha - FSK: ab 12 - Länge: 99 min.

Emma (Jördis Triebel) lebt als Schweinezüchterin auf dem hoffnungslos verschuldeten Hof ihrer Familie. Sie liebt nicht nur ihre Schweine und schlachtet sie einfühlsam und zärtlich, sondern sie hat auch eine intensive Beziehung zu ihrem Moped, das sehr unrund läuft und ihr dadurch bei der Beseitigung sexueller Defizite hilft.
Max (Jürgen Vogel), der Autoverkäufer, erfährt beim Arzt, dass er Krebs hat und nicht mehr lange leben wird. Er klaut das Geld seines Chefs und will seine letzten Tage möglichst weit weg verbringen. Doch die mit einem gestohlenen Jaguar misslingt und der Todgeweihte landet auf Emmas Hof, wo eine tödlich-skurrile Romanze beginnt, die nicht nur mit dem Thema „Sterbehilfe“ zu tun hat, sondern auch mit der Suche nach dem ach so fragilen Glück.

Die Verfilmung des Erfolgsromans von Claudia Schreiber durch Sven Taddicken hat im Filmclub zu großen Kontroversen geführt. Fast alle fanden den Film anrührend und originell – eine romantische Komödie mit Gummistiefel-Flair und hervorragenden Darstellern. Nur der Rezensent war bitterböse, denn er hat es nicht so gerne, wenn die erste Szene eines Films gleich den finalen Twist des Plots verrät. Der Begriff „Twist“ hat in Literatur und Kino nun einmal die Bedeutung „unvorhergesehen“ erhalten und eine Komödie darf als formal gescheitert betrachtet werden, wenn man gleich nach den ersten fünf Minuten ahnt, dass Jürgen Vogel am Ende das Schlachtmesser an den Hals gesetzt bekommt.
Gleichwohl ist trotz dieser einschneidenden Schwäche Taddickens Film über weite Strecken originell und pointiert erzählt, auch wenn das Drehbuchteam Ruth Toma und Claudia Schreiber glaubte, den Film mit einigen Komödientopoi anzureichern, die nicht einmal mehr in ein B-Picture passen: so fand ich den bieder-doofen Dorfpolizisten genauso peinlich wie dessen schrille Mutter, aber wenn man seinem Stoff nicht traut, rutschen einem schon einmal Lachangebote für Einfaltspinsel ins Script. Das ist ja ein Problem der deutschen Komödie: sie möchte intelligent und skurril sein und landet am Ende doch nur bei der Karikatur.
Melonie: 2, Mr. Mendez: 2, Klawer: 2, BigDoc: 4

Die Könige der Nutzholzgewinnung
Deutschland 2006 - Originaltitel: Lumber Kings - Regie: Matthias Keilich - Darsteller: Bjarne Ingmar Mädel, Frank Auerbach, Steven Merting, Peter Sodann, Barbara Phillip, Christina Große, Monika Lennartz, Simon Schwarz - FSK: ab 6 - Länge: 94 min.

Dass es auch weitgehend ohne Karikaturen möglich ist, eine Komödie zu erzählen, zeigt Matthias Keilichs Film über „Lumber Kings“ im Ostharz. Das sind die muskelbepackten Jungs, die wie der Teufel massive Baumstämme in Windeseile durchsägen und auch sonst durch Geschick und Kraft auffallen. Unter vielen Königen ist der Hallodri Krischan der echte „König der Nutzholzgewinnung“, denn sein eigentliches Geschick besteht darin, die Marketingidee eines Wettbewerbs in seinem alten und von Arbeitslosigkeit und Strukturschwächen abgewirtschafteten Waldarbeiterdorf Tanne zu realisieren. Mit seinem auch beim weiblichen Geschlecht nicht ganz unwirksamen Charme heilt er nach jahrelanger Abwesenheit nicht nur alte Wunden, sondern überwindet auch die Skepsis der Dörfler und seiner alten Freunde Ronnie und Bert.
Die unaufdringliche deutsche Sozialkomödie besteht mit seinem derben Humor und dem fein gezeichneten Lokalkolorit durchaus einen Vergleich mit seinen (fast) unnachahmlichen britischen Vorbildern. Peter Sodann (als Kommissar bekannt aus der Tatort-Reihe) spielt als Supporting Actor mit Routine und gedimmtem Witz den Hauptdarsteller Bjarne Ingmar Mädel keineswegs an die Wand.
Melonie: 3, Mr. Mendez: 3, Klawer: 3, BigDoc: 3

Wahrheit oder Pflicht
Deutschland 2005 – Regie, Drehbuch: Jan Martin Scharf, Arne Nolting - Darsteller: Katharina Schüttler, Thomas Feist, Jochen Nickel, Therese Hämer, Thorben Liebrecht, Thorsten Merten, Wanda Perdelwitz, Ingeborg Westphal - FSK: ab 12 - Länge: 89 min.

Hausbacken wie der Titel ist dagegen die Teenie-Komödie der Jungs-Regisseure Scharf / Nolting: erzählt wird von der achtzehnjährige Annika, die die 12. Klasse nicht geschafft hat und ihr Abitur davonschwimmen sieht. Um ihren Eltern ein intaktes Schulleben vorzugaukeln, geht sie jeden Morgen aus dem Haus – allerdings nicht zur Schule. Annika verbringt ihre Tage in einem abgewrackten Reisebus und hängt ab.
Das Script verlangt der zuletzt an der Schaubühne Berlin überaus erfolgreichen Katharina Schüttler einige romantische side-steps und erste sexuelle Erfahrungen ab, bevor sie in Kai einen echten Freund findet und in sich eine Lösung findet, die aus dem Lügengebäude führt, das sie um sich herum aufgebaut hat.
Die Abschlussarbeit an der Filmhochschule Köln verbreitet trotz einer unaufdringlichen und wenig moralisierenden Erzählweise leider nur gepflegte Langeweile, weil der Plot sehr schlicht gestrickt ist und kein echtes dramaturgisches Potential besitzt. Man lacht nicht, man weint nicht, man denkt nicht nach – und den Rest hat man auch bald vergessen.
Melonie: 4, Mr. Mendez: 3,5, Klawer: 4, BigDoc: 4