Geld und Qualität gehen nicht immer Hand in Hand. 85 Mio. US-Dollar sollen George Clooney, Brad Pitt und Regisseur/Autor Jon Watts als Zugpferde erhalten haben, um Apple TV+ einen fetten Blockbuster zu ermöglichen. Das ging in die Hose.
Dabei hat die Geschichte von zwei Cleanern, die für zwielichtige Auftraggeber den Dreck (meistens Leichen) verschwinden lassen, durchaus das Potential für eine veritable Buddy-Story. Aber Jon Watts, der das Drehbuch geschrieben hat, gelingt es fast zwei Stunden lang nicht, den Hauptfiguren irgendetwas ins Drehbuch zu schreiben, was Spannung und Neugier erzeugt. Das Schlimmste: Es wird bereits über ein Sequel nachgedacht.
Stinklangweilige Dialoge
Das Rezept für „Wolfs“ ist einfach zusammengefasst: Jon Watts (Regisseur der Spider-Man-Filme „Homecoming“, „Far From Home“ und „No Way Home“) nimmt zwei Stars, die als Sexiest Men Alive gelten oder zumindest galten, und versucht die Erfolge des Duos in „Ocean’s Eleven“ und „Burn After Reading“ zu wiederholen. Filme, die finanziell erfolgreich waren. Doch die Zeiten haben sich geändert.
Gelingen kann dies aber immer noch, wenn die Dialoge witzig sind. Wenn Figuren aber Sätze nachplappern, die ihr Gesprächspartner gerade von sich gegeben haben, nennt man das Echolalie. Das ist psychopathologisch betrachtet nicht gut und leider behandlungsbedürftig. Mit etwas Wohlwollen kann man auch von Paraphrasieren sprechen, was zumindest eine bekannte rhetorische Strategie ist. Aber leider ist auch das totlangweilig.
In „Wolfs“ machen Jack (George Clooney) und Nick (Brad Pitt) in ihren Dialogen von derartigen Spaßbremsen zu häufig Gebrauch. Das ist fatal, denn Jon Watts hat seinen Hauptdarstellern eine fast 40 Minuten lange Szene ins Skript geschrieben, die ausschließlich im Apartment eines Hotels spielt. Das Theaterhafte sollte wohl der szenische Rahmen für spritzige Dialoge sein. Eine Screwball Comedy war also zu erwarten, aber Watts liefert stattdessen pure Langeweile ab.
Die Handlung forciert dies nicht, im Gegenteil. In dem Apartment liegt eine Leiche (Austin Abrams spielt „Kid“ ziemlich gut), die Jack im Auftrag der Staatsanwältin Margaret diskret entsorgen soll. Margaret (Amy Ryan) hat den jungen Mann an der Hotelbar angebaggert und mit auf ihr Zimmer genommen. Doch Kid fällt im Drogenrausch krachend in die Zimmerbar und ist tot. Der professionell und sehr ruhige Jack ist gerade dabei, seinen Job zu erledigen, als Nick auftaucht. Und der soll im Auftrag der unsichtbar bleibenden Hotelbesitzerin Pamela (mit der Stimme von Frances McDormand) ebenfalls die Leiche beseitigen. Immerhin steht der Ruf des Hotels auf dem Spiel. Nick soll zudem dafür sorgen, dass ein Drogenpaket, das Kid hinter einem Schrank abgestellt hat, den Besitzern zurückgeben wird. Und dabei handelt es sich um die albanische Mafia.
Während Pamela vor ihren Monitoren sitzt und jederzeit weiß, was in dem videoüberwachten Apartment geschieht, schleppt sich das Intro des Films fast 40 Minuten dröge dahin. Der ironische und zynische Nick und der professionelle Old School-Jack mögen sich auf Anhieb nicht. Zwei einsame Wölfe, die es gewohnt sind, alles im Alleingang zu erledigen. „Wolfs“ soll wohl an Quentin Tarantinos Figur „Mr. Wolf“ erinnern. Harvey Keitel spielte in „Reservoir Dogs“ einen wortkargen Cleaner, der eine ikonische Figur wurde.
In Jon Watts Film erfüllt der vorherbare Streit zwischen den beiden Profis zwar die Erwartungen des Genres und der Zuschauer kann darauf wetten, dass die beiden wie in einem ordentlichen Buddy Movie am Ende Best Friends werden, aber obwohl Clooney und Pitt ihr Bestes geben, reicht es nicht. Zu ang ist der Prolog, zu gehetzt der Rest des Films. An Highlights des Genres wie Martin McDonaghs „Brügge sehen… und sterben“ oder den charmanten Witz von Klassikern wie George Roy Hills „Der Clou“ mit Robert Redford und Paul Newman reicht Jon Watts Film nicht einmal ansatzweise heran.
Die Action wirkt überkonstruiert
Nach 40 verplemperten Minuten nimmt die Handlung im nächtlichen Manhattan endlich Fahrt auf. Jack und Nick entdecken verblüfft, dass der Tote gar nicht tot ist, sondern sich aus dem Staub machen will. Die Verfolgungsjagd wird von Watts ordentlich inszeniert. Als Kid von einem Auto fast überfahren wird, wirbelt er in einer Super SloMo so artistisch über das Fahrzeug, dass den beiden Verfolgern die Luft wegbleibt. Immerhin kann Watts Action…
As Jack und Nick endlich Kid erwischen, stellt sich heraus, dass er von Diego, einem Freund, als Drogenbote missbraucht werden sollte. Diegos Auftraggeber, der Drogenboss Lagrange, war es, der die Drogen den Albanern gestohlen hatte. Die beiden Cleaner wissen nun, dass der Job auch für sie zu einen lebensgefährlichen Job geworden ist.
Jacks Credo „You take a job, you give your word, and that word is the measure of a man“ zwingt die Cleaner zu einer wilden Jagd durch die nächtliche Stadt. Gesucht wird ein Pager, der einzige Kontakt zu Kids Auftraggeber. Jack, Nick und Kid landen dabei auf der Hochzeitsfeier der kroatischen Mafia, für die Jack und Nick bereits gearbeitet haben. Aber nicht als Team. Ihr gemeinsames Auftauchen ist für den Mafia-Boss offenbar eine Gefahr (Zlatko Buric) und wenig später finden sich die Cleaner in einem wilden Schusswechsel mit den Kroaten wieder. Genau genommen eine überflüssige Sequenz.
Diese Plot Twists von „Wolfs“ ziehen zwar das Tempo an, aber alles wirkt ziemlich verwirrend und leider auch überkonstruiert. Während sich die albanische Mafia mit den Männern von Lagrange ein wüstes Feuergefecht liefern, das niemand überlebt, müssen sich Jack und Nick nur ein paar Meter entfernt die schießwütigen Kroaten vom Hals halten. Das ist wie ein Witz, bei dem die Pointe versaut wurde.
In emotionale Stresssituationen geraten die Cleaner nicht. Das verschenkt dramatisches Potential. Der einzige moralische Konflikt ist am Ende Jacks gnadenlose Bereitschaft, Kid zur Drogenübergabe zu zwingen und notfalls den Jugendlichen selbst zu liquidieren, falls dies nicht Langrange‘ Männer getan haben. Denn Kid weiß einfach zu viel über die beiden Cleaner. Dies ist eine Wendung bei der Figurenentwicklung von Clooneys Figur, die ebenfalls konstruiert und wenig glaubhaft ist. Natürlich bleibt Kid am Leben, weil Jacks Empathie ihn von der Liquidation aufhält.
Am Ende sind aus zwei Männern, die sich spinnefeind waren, echte Buddys geworden. Zu diesem Zeitpunkt hat man aber bereits das Interesse an einem Film und seinen Figuren verloren, ein Film, dessen Pacing so unausgegoren ist wie die Figurenentwicklung und die hektische Action in der zweiten Hälfte des Films. Im cinephilen Gedächtnis wird „Wolfs“ nur für jene bleiben, die George Clooney und Brad Pitt gemeinsam in einem Genrefilm sehen wollen. Mehr ist nicht zu erwarten. Denn unterm Strich ist Jon Watts kein guter Film gelungen und erst recht nicht eine Neuauflage alter Erfolgsrezepte.
Diese werden am Ende auf gewagte Weise zitiert, denn „Wolfs“ endet mit der gleichen Einstellung wie in George Roy Hills „Butch Cassidy und Sundance Kid“. Auch das ist nur beschränkt witzig, weil „Wolfs“ auch mit diesem Buddy Movie kaum mithalten kann. Aber am Ende ist dies bereits egal.
Note: BigDoc = 4
Wolfs – Apple TV+ 2024 – Regie und Buch: Jon Watts – Laufzeit 108 Minuten – D.: George Clooney, Brad Pitt, Austin Abrams, Amy Ryan.