Freitag, 10. August 2007

Die Simpsons - Der Film

USA 2007 - Originaltitel: The Simpsons Movie - Regie: David Silverman - Darsteller: (Stimmen) Norbert Gastell, Anke Engelke, Sandra Schwittau, Sabine Bohlmann, Michael Rüth, Angelika Bender, Reinhard Brock - FSK: ab 6 - Länge: 87 min.

Eigentlich bin ich ja kein echter Simpson-Fan. Gut, ich habe schon mal das eine oder andere aus Springfield gesehen, aber nur, weil sich unser lieber Klawer als Simpson-Fan outete und ich danach zumindest ahnungsvoll einige Episoden sah, die mir signalisierten, dass ich einiges verpasse, wenn ich nicht weitermache. Leider kam es so, ich habe wohl einiges verpasst. Offen gestanden: die Versuchung ist größer geworden, denn „Die Simpsons“ (The Simpson Movie) sind so herausragend geraten, dass ich anfange, fast täglich und ganz vorsichtig nach der TV-Zeitschrift zu schielen.

„Warum guckt ihr euch das im Kino an? Im Fernsehen gibt’s das doch alles umsonst!“
Gleich am Anfang konfrontiert uns Homer mit dieser medienkritischen (?), naiven (?) oder gar philosophischen (?) Einsicht, die mittlerweile von Millionen Kinogängern weltweit ad absurdum geführt wurde. Vielleicht ist Homer ja doch kein Vollidiot und seine gelegentlichen Anflüge von Weisheit, die er vermutlich auf der Stelle wieder vergisst, sollte man sich möglicherweise ins kleine Handbuch der Simpson-Aphorismen eintragen. Auf jeden Fall werden Homer, Marge, Bart, Lisa und Maggie für die 20th Century Fox, und damit auch für Rupert Murdoch, Milliarden an den Kinokassen abräumen, was auch klappen wird, wenn sich wirklich alle an Barts kategorischen Imperativ halten (den er in bewährter Manier an die Schultafel schreibt): „I will not download this movie!“.

Aber bevor man dem dusseligen Oberhaupt der Simpsons zuviel Ehre erweist, sollte man wissen, dass es Homer ist, der in Springfield eine folgenschwere Katastrophe auslöst: er verklappt nämlich aus Faulheit die Fäkalien seines Hausschweins in den Kühlwassersee des Atomkraftwerks, wonach sich der See in eine DNA-verändernde Fäkalienbrühe verwandelt – und das obwohl Lisa in bester Al Gore-Manier vor der drohenden Apokalypse gewarnt hat. Was die Kirche in Springfield ziemlich lapidar mit den Worten "We told you so" kommentiert. Als daraufhin eine dubiose US-Umweltbehörde die verschlafene Heimatstadt der Simpsons unter einer riesigen Käseglocke hermetisch vor der Außenwelt versiegelt, drohen Lynchjustiz und Anarchie (man will Homer an den Kragen und seine Überlebenschancen dürften etwas geringer ausfallen als die von Jack Bauer in einer durchschnittlichen Episode von „24“). Homer und seine Lieben müssen also fliehen und dann trotzdem die Welt retten und die Story mäandert in einem raffinierten Feuerwerk boshafter Pointen, gemeiner politischer Anspielungen und selbst-referentiellen Späßchen seinem guten Ende entgegen.

„Was in einer guten Simpsons-Folge in 22 Minuten auf den Zuschauer einprasselt, lässt sich gerade noch verarbeiten. Für die vier- bis fünffache Menge ist das menschliche Hirn einfach nicht gebaut“ schreibt Jürgen von Rutenberg in der ZEIT. Tatsächlich aber weisen aktuelle Ergebnisse der Hirn- und Kognitionsforschung darauf hin, dass dem nicht so ist und einer allgemeinen Simpsonisierung des Kinogängers nicht viel im Wege steht. Und das ist durchaus positiv gemeint. Man muss ja nicht so doof wie Homer werden, sondern könnte mit Lisas subversiver Intellektualität auf das Absonderliche und Paradoxe unserer Lebensweise verweisen und sagen, was sonst keiner sagt.

Der französische Philosoph Michel Foucault hat zu den Regelns des gesellschaftlichen Diskurses folgendes geschrieben: „Man weiß, dass man nicht das Recht hat, alles zu sagen, dass man nicht bei jeder Gelegenheit von allem sprechen kann, dass schließlich nicht jeder Beliebige über alles Beliebige reden kann“. Nun, nicht nur Fußballfans, sondern auch die Simpsons beweisen tagtäglich, dass Foucault sich wohl irrte. Und vor dem heutigen Besuch bei meinem Lieblingsverein finde ich folgende Einsicht wesentlich erhellender: „Wenn man an so einer Sportveranstaltung teilnimmt, geht es nicht darum, ob man gewinnt oder verliert, sondern wie besoffen man wird“ (Homer Simpson).
Noten: Melonie = 1,5, BigDoc = 1,5