Dienstag, 30. Juni 2009

Terminator - Die Erlösung

USA / Deutschland / Großbritannien 2009 - Originaltitel: Terminator Salvation: The Future Begins - Regie: McG - Darsteller: Christian Bale, Sam Worthington, Anton Yelchin, Moon Bloodgood, Bryce Dallas Howard - FSK: ab 16 - Länge: 115 min.

Ich kann mich gut daran erinnern, wie in den medientheoretischen Seminaren, die ich besuchte, irgendwann einmal Bächlins „Der Film als Ware“ ideenkritisch durchgereicht wurde. Der Film „als Produkt des hochkapitalistischen Zeitalters“ wurde von nun an wie auch die Formen der traditionellen bürgerlichen Kunst unter den Verdacht der Lüge und des Blendwerks gestellt. Und als man dann noch Adorno entdeckte, wurde auch das elegante Vokabular des großen Entzauberers zum Gemeingut einer kleinen, gut sortierten Elite.
Die Fraktion derer, die trotz der Fuchtel von Benjamins Verdikt im Film mehr sahen als ein Vehikel im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit, amüsierte zwar Bächlins Vulgär-Marxismus („Der Film ermöglicht bei einem Mindestmaß von geistiger Anstrengung die Befriedigung natürlich vorhandener, jedoch von der Gesellschaft auf eine bestimmte Weise modifizierter Bedürfnisse“, Bächlin, S. 12), aber irgendwie blieb einem nicht mehr viel in all der Kunstbeflissenheit. Vielleicht ein wenig Nouvelle Vague oder Luis Bunuel oder Eric Rohmer.

Dann, als man immer noch verbissen die Kunst im Film verteidigte und die Meister des Genrekinos ideell resozialisierte, kam die Post-Moderne mit ihren De- und Rekonstruktionen und machte aus dem Kino eine Spielwiese, auf der man wieder nur zum Spiel zugelassen wurde, wenn man das verquaste Vokabular dieser Kaste übernahm. Erst Adorno, dann Derrida.
Und heute? Heute sitzt man vor seinem Full-HD-Fernseher und sieht sich die eleganten Kubricks an (ja, Film ist doch Kunst!) und dann geht man ins Kino und wird ein Opfer von McG, der dem guten alten Terminator methodisch den letzten Charme aus dem zerbeulten T-800-Körper prügelt. O Gott, wie gut war doch James Cameron, jammert man, während die Adressaten von „Terminator – Die Erlösung“ keineswegs auf Erlösung hoffen dürfen, sondern von einer kirre gewordenen Kino-Maschine so zugemüllt und zugedröhnt werden, dass der letzte Geist aus den geschundenen Kinogängern entweicht.

Also: dieser Film ist Schrott. Er ist deswegen Schrott, weil er Handlung und Figuren so dürftig zusammenklittert, dass es weh tut: die meisten Actionszenen sind schamlos und mit schmerzhafter Peinlichkeit aus dem „Transformers“-Fundus und der Welt des „Mad Max“ zusammengeklaubt; die Idee, dass die Figur des Marcus Wright (Sam Worthington), der sich selbst für einen Menschen hält, in Wirklichkeit ein Terminator ist, der den Kreis der Widerstandskämpfer unterwandern soll, gehört in Wirklichkeit zum Kernplot der Serie „Battlerstar Galactica“ – also auch geklaut, und zwar mit einer Hemmungslosigkeit, die nur dann funktionieren kann, wenn man unterstellt, dass der Großteil der Publikums ungefähr so viel Wissen über Kino- und Mediengeschichte besitzt wie ein zwangs-lobotomisierter Schimpanse.

Natürlich maulen die Kritiker und ihre Krabbelkiste für gängige Vokabeln der Kritik ist prall gefüllt. Aber warum jammern, wenn's halt doch nur eine ‚Ware’ ist?
Schauen wir doch mal genau hin: Das Budget für „Terminator – Die Erlösung“ betrug 200 Millionen US-Dollar, 320 Mio. US-Dollar wurden bereits weltweit eingespielt. Übertroffen wird das Ganze halt nur noch durch „Transformers – Die Rache“, der in nur fünf Tagen weltweit 387 Millionen US-Dollar einspielte und auf Platz 1 der USA-Charts steht.

„Albern, platt, peinlich, dümmlich“, schreiben sich die Kritiker die Finger wund. Aber wen wollen sie eigentlich retten? Den Zuschauer vor der Industrie? Dumm nur, dass kaum ein Mensch die noblen Filmmagazine in die Hand nimmt, in denen diese Rettungsversuche zelebriert werden. Muss man sich vielleicht an den Gedanken gewöhnen, dass das Publikum vielleicht genauso ist, wie die Filme, die er vorgesetzt bekommt? Zugegeben: das ist gehässig, wird aber garantiert durch ein paar Seiten Schopenhauer-Lektüre ins rechte Licht gerückt.
Was einem dann doch bleibt, ist die bedingte Freiheit, die der Markt unseren Entscheidungen einräumt: Wir können uns kaufen, was uns gefällt! Wir müssen nicht den Rest der Welt missionieren, das hat noch nie geklappt. Wir können uns Godard und Rohmer und Stanley Kubrick und John Ford so lange anschauen, bis der Arzt kommt. Und ich selbst werde es auch aushalten, dass in meinem Bekanntenkreis so mancher der Kopf schüttelt, weil ich „The Dark Knight“ für einen der besten Filme aller Zeiten halte und ganz heimlich George A. Romero für seine klugen Filme bewundere.

Das Leben ist paradox und das Kino ist kaum besser.

Noten: Melonie = 3,5, Mr. Mendez = 4, BigDoc = 5