Dienstag, 2. September 2025

Strange New Worlds Staffel 3 – die Star-Trek-Serie schwächelt, Teil 2

Die folgende Rezension analysiert und bewertet die Episoden 6-8. Das Ergebnis: zwei gute Episoden und ein Mega-Flop. Im Vergleich zu den Folgen 1-5 eine deutliche Verbesserung. 

Wäre da nicht die 8. Folge. Sie hat sowohl bei Fans als auch bei vielen Kritikern blankes Entsetzen ausgelöst. Aber längst nicht bei allen. Die umstrittene Episode heißt „Vier und ein halber Vulkanier“ und soll angeblich nur von denen verstanden werden, die echte Trekkies sind. Sagen die Trekkies. Ich glaube das nicht. Im Gegenteil: sie hat mit der Philosophie von Star Trek nichts zu tun, sie stellt sie sogar auf dem Kopf.

Die Episoden 6-8

 

3x06 "The Sehlat Who Ate Its Tail" (Der Sehlat, der sich in den Schwanz biss)

Der Begriff „Sehlat“ dürfte eingefleischten „Star Trek“-Fans bekannt sein: Es handelt sich um ein großes, bärenähnliches Tier vom Planeten Vulkan. Sehlats können zwar wild sein, werden aber gelegentlich als Haustiere gehalten. Das Allegorische des Episodentitels wird nachvollziehbar, wenn am Ende der Episode die geheimnisvollen Widersacher unserer Helden einen tödlichen Fehler begehen.

Die Story ist einfach und übersichtlich: Die USS Farragut unter dem Kommando von Captain V’Rel (Zoey Doyle) wird von der gigantischen Explosion eines Planeten beschädigt. Vernichtet wurde der Planet von einem Piratenschiff, das über Technologien verfügt, denen die Farragut wenig entgegensetzen kann. Als die Enterprise eintrifft, beamen Spock, Scotty, Chapel und Uhura auf das angeschlagene Schiff, auf dem James T. Kirk nun das Kommando übernommen hat. Captain V’Rel liegt nämlich schwer verletzt uf der Krankenstation. Die „Enterprise" wird indes von dem riesigen Piratenschiff geschluckt – die Piraten haben es offenbar auf die Energie-Ressourcen des Schiffs abgesehen. Sie fliegen davon und werden von der ramponierten Farragut verfolgt, aus der Scotty das Letzte herausholt.

Mit der 6. Episode rafft sich SNW zu alter Größe auf. „The Sehlat Who Ate His Tail” ist nicht nur gutes Star Trek, sondern beinahe perfektes Star Trek. Keine Crew, die als maskierte Clowns agiert, sondern Erwachsene, die einen Konflikt bewältigen müssen, der sie zwingt, schwierige Entscheidungen zu treffen. Paradigmatisch wurde dies an James T. Kirk vorgeführt, der zum ersten Mal ein Kommando übernehmen muss. Eine Aufgabe, die er unterschätzt und die ihn an seine Grenzen bringt. Aber allmählich wird der James T. Kirk, wie man ihn aus TOS kennt.

Ein tödlicher Fehler und eine tödliche Entscheidung

Paul Wesley spielt den Captain in spe sehr überzeugend. Aus dem locker-coolen Offizier, der zuvor V’Rels Befehle ständig in Frage stellte, wird ein Mann, der nicht mehr weiß, ob er seinem Bauchgefühl folgen muss oder besser vorsichtig vorgehen sollte. Das geht in die Hose, weil Kirk seine Ratlosigkeit mit Aggressivität übertüncht. Chapel kommt sogar auf den Gedanken, ihn aus medizinischen Gründen seines Amtes zu erheben. Dann kriegt Kirk aber die Kurve. Er hat gelernt, wie belastend es ist, mehr Autorität zu besitzen, und dass er als Leader gut kommunizieren muss, weil er ohne sein Team nichts erreichen kann. Das mag etwas altbacken sein, aber das von den routinierten David Reed und Bill Wolkoff geschriebene Drehbuch bietet starke Dialoge, die besonders durch pointierte Details überzeugen.

Am Ende rettet Kirk die Enterprise und dies stürzt ihn in das nächste Dilemma. Kirk hatte inzwischen herausgefunden, dass die Piraten Menschen sind. Die erste Crew bestand vor 200 Jahren aus NASA-Astronauten, die ohne Warp das All erkunden sollten. Es waren Astronauten und Wissenschaftler, die zu den Besten ihrer Zeit gehörten. Aber die nachfolgenden Generationen wurden Piraten, die ihr Schiff mit erbeuteten Technologien stärker machten. Auch solche, die ganze Welten zerstören können. 
Als es Pike gelingt, die Plünderung seines Schiffes zu verhindern, verlieren die Piraten das Interesse und lassen die „Enterprise" fliegen, ohne die Besatzung zu töten. Als sich der Hangar öffnet, machen die Piraten einen tödlichen Fehler. Die „Enterprise", entkommt zwar, aber Kirk lässt auf das Innere des Piratenschiffs schießen. Es wird vollständig zerstört und 7000 tote Menschen treiben im All.

„So what?“, könnte man sich fragen. Immerhin töteten die Piraten viele Millionen Lebewesen eines Planeten. Da aber das fremde Schiff ein Generationenschiff ist, muss sich Kirk moralisch damit auseinandersetzen, auch Kinder, Frauen und alte Menschen umgebracht zu haben. Hat er richtig gehandelt? War sein Schießbefehl ein Racheakt oder war es Prävention, um die Enterprise zu sichern? Zweifel, die auch Pike in einem Gespräch mit einem empathischen Kirk nicht beseitigen kann.

Fazit: Abzüge gibt es, weil die Story keine Antwort auf die Frage gibt, warum die NASA-Astronauten bzw. ihre Kinder und Enkel zu brutalen Plünderern wurden. Vor einigen Dekaden hätte andere Showrunner daraus eine Doppelfolge gemacht. 
Immerhin können sich ältere Star Trek-Fans nach „Shuttle to Kenfori” und der Sehlat-Episode wieder zurücklehnen: „Strang New Worlds“ kann es immer noch. Nämlich Geschichten zu erzählen, die zum Nachdenken anregen. Und das war meistens mit der Frage verbunden „Was hätte ich getan?“

Note = 2

 

3x07 “What is Starfleet?” (Was ist die Sternenflotte?)

Nach einer “klassischen” Episode springen die Autoren Kathryn Lyn & Alan B. McElroy in ein neues Genre, das in SNW bislang noch nicht zu sehen war: den Dokumentarfilm. Alles, was wir sehen, stammt aus der Kamera von Umberto „Beto“ Ortegas (Mynor Luken), der seit der ersten Episode alles Mögliche gefilmt hatte und der Crew damit auf den Geist ging. 
„What is Starfleet?“ ist die erste Schnittversion und sie zeigt, dass Erica Ortegas Bruder eine sehr spezielle Agenda hat: er will investigativ den imperialistischen Charakter der Föderation aufdecken. „Beto“ schneidet geschickt Sequenzen zusammen, die das Waffenarsenal der USS Enterprise zeigen. Auch das Nahkampftraining dient Beto als Beweis dafür, dass sich die Föderation nicht von einem kolonialistischen Imperium unterscheidet. Die Starfleet unterwirft fremde Spezies dem Föderations-Codex, notfalls mit Gewalt. Die Enterprise ist also kein Forschungs- sondern ein Kriegsschiff, so Beto im Off.

Damit haben wir es mit einer Film-im-Film-Erzählung zu tun. „A Space Adventure Hour“ (S3E4) war ähnlich konstruiert, aber komplexer. Ganz so kompliziert ist „What is Starfleet?“ nicht. Auch nicht die Story: Es geht es um den Planeten Lutani VII, der von den militanten Bewohnern des Schwesterplaneten Kasar überfallen wurde. Kasar wollte seine Nachbarn unterwerfen und deren Ressourcen plündern. Dabei kamen neun Millionen Lutani um. Nun sollen Pike und seine Crew einen Befehl der Starfleet ausführen, von dem der Captain nicht besonders begeistert ist. Es handelt sich um die Überführung einer fremden Spezies, der Jikura („Sternenlicht“), die auf dem Mond Tychus B lebt. Das als Nutztier bezeichnete Wesen soll den Lutani übergeben werden. Nicht ganz einfach, denn die Jikura lässt sich nicht fangen und erweist sich als äußerst widerstandsfähig. Als Mischung aus einem gigantischen Schmetterling und einem fliegenden Drachen ist das empfindungsfähige Wesen nämlich in der Lage, Energie in eine tödliche Waffe zu verwandeln, der die USS „Enterprise" auf Dauer nicht standhalten kann. Dann greifen die Lutani selbst die Jikura an und Pike ahnt, dass etwas aus dem Ruder läuft.

Warum sich Pike bei dieser Mission unwohl fühlt, bleibt unbekannt. Die Strategie der Starfleet bleibt nämlich eine Verschlusssache. Pike ist deutlich zugeknöpfter als sonst und verweigert seiner Crew alle relevanten Informationen, was Beto in die Karten spielt. Schließlich stellt sich heraus, dass die Lutani die friedliche Jikura genetisch so manipuliert haben, dass sie als Monsterwaffe gegen Kasar eingesetzt werden kann. Gegen ihren Willen. Für Pike ethisch ein No-Go, für das Föderations-Kommando offenbar nicht. Aber Befehl ist Befehl.

Ein Fehler geht jedoch auf das Konto von Pike: er hat nicht mit der Jikura kommuniziert. Spock versucht dies, aber die Geistesverschmelzung misslingt, er kollabiert und muss ins künstliche Koma versetzt werden. Uhura versucht es auf andere, nicht weniger gefährliche Weise. Nun erfährt Pike, dass die Jikura ihren Suizid plant und die Crew der USS „Enterprise" darum bittet, ihre Kinder zu retten. Pike akzeptiert die Bitte, die Jikura stürzt sich in die Sonne des Planetensystems und Pike teilt nach Rücksprache mit seinen Vorgesetzten den konsternierten Lutani mit, dass die Kinder der Jikura in einer von der Föderation bewachten Schutzzone leben werden. 

Am Ende siegt die Ethik 

Die siebte Episode ist originell. Auch ästhetisch überzeugt sie: verschiedene Blenden, Shaky Cam-Geruckel, Perspektivwechsel der Talking Heads und ein typischer Video-Look sorgen für einen authentischen Doku-Style. Zudem können Betos suggestive Off-Kommentare beim Zuschauen durchaus Zweifel auslösen. Ist es denkbar, dass die Starfleet tatsächlich von ihrem moralischen Kompass abweicht, wenn es um sogenannte höhere Interessen geht? Aber Betos Absichten sind nicht sonderlich durchdacht. In den vielen Monaten, die er auf der Enterprise verbracht hat, sollte er bemerkt haben, wie die Crew und ihr Captain moralisch ticken. 

Offenbar nicht. So sehen die ersten Sequenzen der Doku so aus, als würde man sich im Spiegeluniversum befinden. Allerdings auf der bösen Seite. Wer Star Trek kennt, dürfte gegen Betos Manipulationen aber resistent sein. Trotzdem bleibt unklar, warum die Föderation die Lutani aktiv unterstützt. Dass am Ende die Ethik siegt, ist Star Trek-typisch. Die politischen Absichten der Föderation bleiben aber der Elefant im Raum. 

Neu ist das nicht. Picard musste sich in TNG ebenfalls mit fragwürdigen Missionsbefehlen und inkompetenten Admiralen auseinandersetzen. Betos Wendung zum Guten ist aber etwas zu trivial. Er hat erfahren, dass die Föderation nicht so handelte, wie er erwartet hat. Auch Pikes finale Entscheidung ändert Betos Sicht der Dinge. Aber dann gibt er zu, dass er aus privaten, nicht aus politischen Motiven gehandelt hat. Er hasst die Starfleet, weil sie ihm die Schwester genommen hat. 

Und so endet „What is Starfleet“ mit einem oberflächlichen Plot Twist: Beto erkennt seinen Irrtum und wird ein Starfleet-Fan. Damit haben sich die Autoren billig aus der Story verabschiedet. Ein ambivalentes Ende hätte der Episode gutgetan, denn die in zahllose Kriege verwickelte Föderation handelt zwar nicht wie eine Kolonialmacht, ist aber keineswegs widerspruchsfrei. Dieser politischen Reflexion entzieht sich „What is Starfleet?“

 „What is Starfleet“ steht in der Tradition klassischer Star Trek-Themen. Wie zum Beispiel in „A Taste of Armageddon“ (Krieg der Computer, TOS S1E23), s. Anhang (1). Insgesamt gelingt SNW ein spannendes Genre-Hopping, das aufgrund einer subjektiven Erzählperspektive einige Figuren von einer neuen Seite zeigt. Etwa M’Benga, der vor Betos Kamera seine militärische Vergangenheit und seinen Mord an Dak’Rah verschweigt, ohne die Miene zu verziehen. 

Fazit: Am Ende siegt Betos konstruierte Katharsis über seine ursprünglichen Absichten. Der Zuschauer konnte zuvor aber erleben, wie suggestiv manipulative Medien sein können. Medienpädagogisch verdient die Episode daher eine glatte Eins, erzählerisch ist sie am Ende etwas mutlos. Denn die Message der Crew lautet: Nicht Starfleet bestimmt, was wir sind. Vielmehr ist es die Crew, die definiert, was Starfleet ist. Genau das ist in der Episode nicht geschehen. Es war der Captain, der sich ein Mandat für einen Abbruch der ursprünglichen Mission besorgte. Mit basisdemokratischer Ethik ist man machtpolitisch einem galaktischen Völkerbund sowieso nicht gewachsen, erst recht nicht, wenn dieser zweifelhafte Entscheidungen trifft.

Note = 1,5


Anhang

(1) In „Krieg der Computer“ tobt ein Krieg zwischen den Nachbarplaneten Eminiar VII und Vendikar, der aber nur noch digital stattfindet. Beide Nationen müssen nach fiktiven Angriffen des Feindes freiwillig eine vom Computer berechnete Anzahl ihrer eigenen Bürger liquidieren. Dadurch werden materielle Zerstörungen verhindert. Kirk zwingt die verfeindeten Nationen dazu, den Krieg real fortzusetzen, was wie erhofft zu Friedensverhandlungen führt. Eine unorthodoxe Entscheidung.


3x08: „Four-and-a-Half Vulcans” (Vier und ein halber Vulkanier)

Die Hoffnung, dass sich die dritte Staffel nach Episode 6 und 7 nun dauerhaft à la Star Trek präsentiert, war wohl naiv. Ich ahnte allerdings, dass nun wieder Ulk und Comedy folgen würden. Tatsächlich kam es schlimmer. „Vier und ein halber Vulkanier“ war die schlechteste Episode aller SNW-Staffeln. Einige Kritiker waren sogar davon überzeugt, die schlechteste Episode aller jemals produzierten TV-Serien gesehen zu haben. So hart möchte ich nicht zuschlagen, aber ganz falsch war das vernichtende Urteil nicht. Die Episode ist schlicht und einfach zum Fremdschämen.

Verlust der Originalität

Die Story ist schnell erzählt. Pikes Crew muss auf einem Planeten einen maroden Atomreaktor reparieren. Das Problem: die fremde Spezies hat bislang nur Vulkanier kennengelernt - und das lange vor Gründung der Föderation. Pike will zusammen mit Chapel, Uhura und La’an den Job selbst erledigen. Dazu müssen sie sich allerdings in Vulkanier verwandeln. Stichwort: Erste Direktive. Chapel verabreicht daher per Hypospray dem Außenteam ein genmanipulierendes Serum und – schwupps - sind alle Vulkanier. Einschließlich einer kompletten Charakterverwandlung. Als das Team nach erfolgreicher Aktion und einem harten Cut auf die „Enterprise“ zurückkehrt, ist eine Rückverwandlung nicht mehr möglich. Pike und sein Team sind nun Vulkanier und wollen es auch bleiben.

Neu ist der Topos „Verwandlung in eine fremde Spezies“ nicht. In TNG S4E18 „Identity Crisis“ verwandelt sich Picards Team unfreiwillig in eine fremde Spezies, was auch Archer und zwei Crewmitgliedern in ENT S3E03 „Transformation“ wiederfährt. In TOS S3E02 muss Kirk als Teil einer militärischen Mission wie ein Romulaner aussehen. Das sind nur einige Beispiele. Eine neue Body-Switch-Story sollte daher originell sein.
In „Vier und ein halber Vulkanier“ gelingt dies nicht. Eine „intellektuelle Frechheit“ nannte ein Kritiker die Folge. Kein Wunder: Pikes Außenteam behält zwar ihr Gedächtnis, verwandelt sich charakterlich aber in Vulkanier, was in der als Comedy erzählten Episode zu einer absurden Komik führt. Pike ist völlig emotionslos nur noch an der Effizienz seines Schiffs und der Tauglichkeit seiner Crew interessiert. Uhura, die von Beto gedatet wurde, manipuliert ihn mit einer Geistesverschmelzung und macht ihn kompatibel für eine vulkanische Liebesbeziehung. Chapel trennt sich von Korby und beendet alle freundschaftlichen Beziehungen, die für sie überflüssig geworden sind, weil sie lieber im Labor forscht. Am Schlimmsten erwischt es La’an, die plötzlich wie eine Romulanerin denkt und die „Enterprise" auf militärische Konflikte vorbereitet, die sie höchstpersönlich auslösen will. Dabei grimassiert sie pausenlos. 
Inszenatorisch wirkt das Quartett auch sonst wie eine Laienspielgruppe, die den Plot durch dämliches Overacting endgültig ruiniert. Von Pikes Frisur will ich lieber nicht reden.

Rassistisch und misogyn – das ist nicht Star Trek

Geschrieben wurde das Skript von Dana Horgan und Henry Alonso Myers (Showrunner zusammen mit Akiva Goldsman). Hätte die routinierten Autoren das Ganze als Drama oder Tragödie erzählt, wäre für dezent humorige Oneliner sicher Platz gewesen. Stattdessen entstand der primitive Abklatsch einer Comedy, die selbst mit dem Begriff Klamauk überbewertet wäre. 
Man hätte es ahnen können, denn im Main Title hört man Pike seinen Text in lächerlichem Falsett sprechen, und zwar auf eine Weise, mit der drittklassige Komödianten entnervend Schwule spielen. Peinlich. In „Vier und ein halber Vulkanier“ geht es offenbar nur darum, die Metamorphose der Figuren auf ein Rummelplatz-Niveau abzusenken, das Tortenschlachten aus den frühen Jahren des Stummfilms wie eine hochintelligente Form der Kommunikation aussehen lässt. 

Und Uhura? Auf Vulkan ist die Ethik mit der Logik verknüpft und nicht mit dem Bedürfnis nach Unterdrückung. Doch Uhura unterzieht Beto einer Gehirnwäsche, um ihn gefügig zu machen. Auf so eine Skriptidee muss man erstmal kommen.

Zudem ist die Body-Switch-Episode rassistisch und misogyn. Rassistisch, nicht nur weil Spock als halber Vulkanier von den ethnisch korrekten Pseudo-Vulkaniern dezent gemobbt wird, sondern auch, weil die Vulkanier als Clowns, Manipulatoren oder im Fall von La’an als gefährliche, kriegsgeile Subjekte präsentiert werden. Man kann sich als Star Trek-Fan immer wieder die Frage stellen, ob man die vulkanische Kultur mögen will oder nicht, aber sie als Charade zu interpretieren, wäre auch einem sturzbesoffenen und drittklassigen Serienautor nicht in den Sinn gekommen. Er hätte sich geschämt.

Misogyn wird die Serie, wenn „Number One“ Una Chin-Riley ihren Ex-Lover Doug (Patten Oswald) als Retter an Bord holt, weil dieser als echter Vulkanier mit vulkanischen Katras das Quartett zurückverwandeln kann. Patten Oswald ist ein kleinwüchsiger, beleibter Darsteller, den man nicht zwingend als attraktiv bezeichnen kann. Da hindert Una Chin-Riley nicht daran, in seiner Nähe vor sexueller Erregung zu zittern und völlig die Kontrolle zu verlieren. 
Dieser niederschwellige Humor adressiert vor allen Dingen ein männliches Publikum, dem die Macher offenbar niedrige Instinkte unterstellt haben. Vielleicht werden sich misogyne Männer tatsächlich fragen: Kann sich eine intelligente Frau allen Ernstes in einen Zwerg verlieben? Die Episode „Vier und ein halber Vulkanier“ beantwortet sie, indem sie die Figur der „Number One“ zur lächerlichen Idiotin macht. 

Lächerlich sind allerdings die Macher, die phantasielos vertraute Figuren zerstören, denen man nach diesem Erzählschrott keine ernsthaftes Space Adventure mehr zutraut. Es sei denn, eine vollständige Amnesie erspart ihnen die Erinnerung an das Geschehene. In „Unter den Lotusessern“ (S2E4) haben sie diese Erfahrung ja schon gemacht.

Das Niveau dieser Episode macht im Vergleich aus Bully Herbig einen König des Arthaus-Kinos. „Vier und ein halber Vulkanier“ ist aber kein Zufall oder der Unfall eines schlechten Autorenteams, sondern Teil eines Konzepts. Man war zwei Staffeln lang mit Genre-Hopping erfolgreich und machte damit weiter, obwohl zu oft zündende Ideen fehlten. Besonders in Staffel 2 gelangen Genrewechsel überwiegend, weil die Komik intelligent war. Nun entsteht immer häufiger Klamauk.

Fazit: Star Trek ist das nicht. Über Generationen hinweg hat Star Trek seine Fans mit Space Adventures unterhalten, aber auch immer wieder Fragen gestellt, die den Zuschauer unaufdringlich dazu angeregt haben, moralisch Stellung zu beziehen. Natürlich gab es Klamauk, aber der fiel nicht auf angesichts der vielen Folgen einer Staffel. Nun sind es aber nur noch zehn Episoden pro Staffel. Da fällt jeder Fehlgriff auf! 

Note = 6.