Donnerstag, 14. August 2025

Strange New Worlds – die Star-Trek-Serie schwächelt, Teil 1

Zwei Staffeln lang bot die Serie der Showrunner Akiva Goldsman und Henry Alonso Myers eine originelle und kreative Version von Star Trek an. Nur selten gab es schwache Episoden, dafür viele Experimente, spektakuläre Ideen und eine spannende Crew. Angefangen mit einem Captain, der seine Menschlichkeit auch angesichts einer leider sehr gewissen Zukunft nicht verliert. 

Um so unangenehmer war die Erfahrung, dass die erste Hälfte der 3. Staffel zwar nicht floppte, aber nicht mehr restlos überzeugen konnte. Nur zwei der fünf Episoden erinnerten an die vertraute Qualität der ersten beiden Staffeln. Dabei hatten die Macher ihre Strategie nicht geändert. Was ist passiert?


Querbeet durch alle Genres

Zunächst die Enttäuschung: „Strange New Worlds“ ist die einzige aktuelle Serie des Franchise. Sie ist gut, sie soll es auch bleiben. Obwohl man weiß, dass nach der fünf Staffel Schluss ist. 
Wie geht es weiter? „Section 31“ war der Versuch, das Kino zu bedienen - ein schrecklicher Flop. Da fragt man sich, was Paramount+, oder besser gesagt: was die Paramount Skydance Corporation im Schilde führt. Für Anfang 2026 ist „Starfleet Academy“ angekündigt. Ansonsten scheint Paramount auf das Worldbuilding von Taylor Sheridan zu setzen. Keine schöne Zeit für Trekkies.

Dabei wurde „Strange New Worlds“ nicht nur von Trekkies (längst nicht allen) als eine der besten Serien des Franchise gefeiert. SNW war tatsächlich bis zur Schmerzgrenze innovativ. Die Showrunner führten als stilistische Element das Genre-Hopping ein. Eine Erzählstrategie, die alle bekannten Genres nutzt, um neue überraschende Geschichten zu erzählen und aus verschiedenen Perspektiven die Figuren und ihre Erlebnisse unter die Lupe zu nehmen. 
Viele Autoren mögen es, festgefahrene Narrative aufzubrechen, um von ‚neuen fremde Welten‘ zu erzählen. Und so gab es in SNW die gewohnten realistischen Dramen, aber auch Kostümklamotten, Crossover-Episoden, Science-Fiction-, Abenteuer- und Action-Episoden, aber auch Comedy und fatale Liebesgeschichten. Die Fans und die Trekkies hätten es ahnen können, denn „strange“ bedeutet nicht nur „fremd“, sondern auch „schräg“ und „sonderbar.“

Nichts Neues, dafür ist alles „witzig“!

Daran hatte sich auch in der 2. Staffel nichts geändert. Doch warum klappt es bislang in der dritten Staffel nur selten? Die Kritikpunkte:

1.Die Drehbücher sind schlechter geworden 

Zu oft zitierten die Autoren alte Star Trek-Serien. Dass in S3E2 „Wedding Bell Blues“ erneut eine Kostüm-Klamotte produziert wurde (die gab es auch in TNG zur Genüge) und sich auch noch in eine Q-Episode verwandelte, war ein Warnzeichen. Auch zu Zeiten von TNG holten die Autoren das Superwesen Q aus dem Fundus, wenn ihnen nichts mehr einfallen wollte. Nur war Q in S3E2 nur kurz zu hören, aber nicht zu sehen, dafür rückte sein Sohn Trelane in den Mittelpunkt.

Das Holodeck sorgte in TNG dafür, dass man alle möglichen Geschichten in allen nur denkbaren Settings erzählen konnte. Nur gibt es dies in der Zeitlinie von SNW nicht. Trotzdem tauchte es auf. Egal, irgendwie kriegt man das schon hin. Und so musste in S3E4 „A Space Adventure Hour“ die Sicherheitschefin La’An Noonien-Singh die Tauglichkeit des neuen Holodecks checken. Ein technischer Stressbelastungstest. Das nutzten die Autoren dazu, die im Musterpuffer gespeicherten Daten der Crew-Mitglieder in möglichst alberne Figuren zu verwandeln. Anson Mount spielte einen Regisseur, dessen Serie gecancelt wird. Man munkelt, dass man dabei an eine lächerliche Version des legendären Star Trek-Erfinders Gene Roddenberry gedacht hatte. Doch wer kann das eigentlich zuordnen? Und warum macht man so etwas?

2. Das Genre-Hopping geriet in eine Schieflage 

Unabhängig von den Genres bestimmte in fast allen neuen Episoden eine verkrampfte Heiterkeit die Tonalität. Auch dann, wenn es nichts zu lachen gab. Mit Humor hat das nichts zu tun, dafür sehr viel mit Groteske. 
„Star Trek darf nicht albern sein“, lautet ein Credo der Trekkies. Richtig! Auch „The Orville“ wurde richtig gut, als man damit anfing, ernste Geschichten zu erzählen. Angeblich soll es eine vierte Staffel geben.

3. Der Score, also die für die Episoden komponierte Musik, ist in der 3. Staffel miserabel. 

Zwar gibt es nur selten das verpönte Mickey-Mousing, dafür wurde Underscoring laut und mit Wucht eingesetzt. Das bedeutet, dass die Emotionen der Figuren durch den Score verdoppelt werden. Oder dass sich die Bedeutung von Szenen bereits durch die Musik ankündigt und damit dem Zuschauer aufgezwungen wird. Das war streckenweise lästig, da zu viele Dialogszenen mit Musik zugekleistert wurden. Tendenz: lustig, auch wenn es ernst zugeht.

4. Die Figuren entfernen sich immer mehr von ihren TOS-Vorbildern. 

Ethan Peck als Spock beschäftigt sich lieber mit seinen gekränkten Liebeserfahrungen als mit seinen Kernkompetenzen. Paul Wesley ist weit von dem süffisanten Humor und der natürlichen Autorität eines James T. Kirk entfernt und Martin Quinn als Montgomery „Scotty“ Scott läuft brabbelnd und unsicher durchs Schiff, um dann doch noch eine geniale Lösung für ein Problem zu finden. Damit ähnelt Quinn der von Simon Pegg verkörperten Version in J.J. Abrams „Star Trek-Universum. Die Charakterstärke, das Understatement und der pointierten Humor, den James Doohan in TOS perfekt verkörperte, sind nicht einmal ansatzweise zu erkennen.

Fazit: Zu viel wird in SNW auf witzig gebürstet.

 

Die Episoden 1-5

Episode 1: “Hegemony, Part II”

Fast zwei Jahre musste man nach dem Ende der 2. Staffel warten, um zu erfahren, ob Pike seine von den Gorn entführten Crewmitglieder retten kann oder aus politischen Gründen den Rückzug antreten muss. Pikes Entscheidung lautet: Rettung. Was sonst? Captain Pikes Entscheidung wird von Admiral April abgesegnet. 
Der zweite Teil der Doppelfolgen bietet eine 
visuell spektakuläre Weltraum-Schlacht mit den Gorn, die offenbar eine Invasion in den Föderationsraum planen. Interessant: Christopher Pike verwandelt sich in einen beinharten Hardliner, reagiert damit auf seine Erfahrungen in S2E10 „A Quality of Mercy”. Also keine Diplomatie, sondern eine militärische Lösung. Die Föderation, so Pike, scheint die Gefahr eines Rückzugs nicht zu erkennen.

Währenddessen kämpft Captain Batel gegen die ihr implantierten Gorn-Eier an. Eine aussichtslose Lage, bis eine verzweifelte, aber letztlich geniale Idee von Spock und Chapel das Leben von Pikes großer Liebe retten kann. Der Preis ist allerdings hoch.

M’Benga, La’An, Ortegas und Kirk können sich und die gefangenen Menschen von Parnassus Beta retten, während die Crew der „Enterprise" dank Una und Uhura entdeckt, wie man die Gorn in einen Winterschlaf versetzen kann. Diese Idee der Autoren wirkt arg konstruiert. Eine militante Spezies muss sich in permanente Kampfbereitschaft befinden. Nun dürfen sie kleines Nickerchen machen.
 
Das Drehbuch wurde von dem auf Action und Horror spezialisierten Davy Perez geschrieben. „Hegemony, Part II“ ist wie auch andere SNW-Episoden (z.B. “Under the Cloak of War”) Military-Science-Fiction. 
 
Was erfährt man in der Doppelfolge? Ganz einfach: Die Gorn sind eine überlegene imperialistische Rasse, die schlichtweg das „Böse“ verkörpert. Die Brutalität der Monsterechsen führt daher zwangsläufig zu einer Schwarz-weiß-Konfrontation, in der es keinen Raum für Diplomatie gibt. Auch die Star Trek-typischen moralischen Fragestellungen werden nicht mehr diskutiert.
 
Dabei ignoriert die Episode Folge die Charakterentwicklung von Christopher Pike. Warum Pike zum militär-politischen Hardliner geworden ist, muss sich der Zuschauer selbst zusammenreimen. Es sei denn, er schaut sich noch einmal „A Quality of Mercy” an, um zu erfahren, welches Dilemma Pike zu bewältigen hatte, als er angesichts der Konfrontation mit den Klingonen über Krieg oder Frieden entscheiden musste. 

Fazit: eine ordentliche, routinierte Episode, die einen aber nicht mitreißt.

Note = 3


Episode 2: „Wedding Bell Blues“ (Hochzeitsglocken-Blues)

Spock ist erneut die Figur, die fürs Komische zuständig ist. Für den Vulkanier ist es allerdings nicht lustig, dass Christine Chapel (Jess Bush) mit ihrem neuen Lover Dr. Roger Korby (Cillian O’Sullivan) auftaucht. Spock erkennt, dass es keine Zukunft mit Christine geben wird. Doch Trelane, der neue Barkeeper in der Schiffsbar, verspricht Spock eine Lösung. Am nächsten Tag wacht Spock auf: es ist der Tag seiner Hochzeit mit Christine.

In der Episode geht es also um das Thema „alternative Realität“. Der Einzige, der die Manipulation Realität erkennt, ist Korby (wieso eigentlich?), schließlich erkennt es auch Spock. Beide kämpfen gemeinsam um eine Aufklärung des Desasters, das Pike am Ende als „Massenwahn“ bezeichnen wird. Einziger Höhepunkt der grellen und grotesk überzeichneten Episode ist Spocks subtile Liebeserklärung vor dem Altar, die Christine tief bewegt. Plötzlich erkennt auch sie, dass die Hochzeit nur ein Fake sein kann.
 
Inszeniert wurde der „Massenwahn“ durch Q’s Sohn Trelane. John de Lancie hat aber keinen Auftritt in der Episode, sondern erscheint lediglich als Energiewolke. Und da sein deutscher Synchronsprecher nicht verfügbar war, kann man Q nicht einmal an der Stimme erkennen. Schade. 

Der Cliffhanger zeigt dann überraschend die völlig traumatisierte Ortega, die einen Gorn halluziniert. Einige Crewmitglieder haben den Gorn-Horror noch nicht verarbeitet. Gute Idee. Die Idee relativiert die klamaukige Episode ein wenig.

Leider schüttete Nami Melumad, die langjährige Komponistin der Serie, die schrill-komödiantische Episode mit einem schrecklichen Score zu. Das ging gründlich daneben, denn die erzwungene Heiterkeit des Sounds erinnerte an alte Hollywood-Komödien aus den 1940er-Jahren. Das könnte man als ironisches Stilmittel interpretieren, tatsächlich ist es albern. Selbst in Szenen, denen eine gewisse Tragik innewohnte, wären die Dialoge ohne Musik wesentlich bedeutsamer gewesen. 

Fazit: „Wedding Bell Blues“ zitiert nostalgisch einige TNG- und DS9-Episoden, ist aber (wieder einmal) kaum mehr als eine kitschige Soap-Opera. Da sich im Writer’s Room nicht viel geändert hat, wird die dritte Episode wohl erneut das Genre wechseln und hoffentlich ein Masterpiece werden.

 Note: 4,5

 

Episode 3: Shuttle to Kenfori (Shuttlenach Kenfori)

Auf die obligatorische Comedy-Episode folgte tatsächlich ein Drama, das sich erstaunlich brutal beim Zombie-Horror-Genre bediente. Da sich Batel doch nicht von den Auswirkungen der Gorn-DNA erholt und innerhalb weniger Tage sterben wird, suchen M’Benga und Spock immer noch verzweifelt nach einer Lösung. Spock schlägt vor, eine seltene Pflanze einzusetzen, die Chimera. Sie gibt es nur auf dem Planeten Kenfori. Aber Kenfori wurde nach dem Krieg zwischen der Föderation und den Klingonen im Friedensvertrags zum Sperrgebiet erklärt.
Pike und M’Benga erfahren schnell, warum. Auf dem Planeten entdecken sie, dass nur Fauna, aber kein organisches Leben existiert. Aber einige Leichenteile deuten an, dass sich irgendetwas auf dem Planeten befindet, was gefährlich ist. Wenig später werden Pike und M‘Benga von menschlichen und klingonischen Zombies angegriffen: „The Walking Dead“ lässt grüßen.

M’Benga findet eine Erklärung. In einer wissenschaftlichen Einrichtung auf Kenfori wurde mit der Chimera experimentiert. Als Superpflanze absorbiert sie Pflanzen. Aber nach dem Kontakt mit menschlicher DNA verwandelte sie Menschen und Klingonen in Zombies, die nunmehr alles Organische auffressen wollen.

Kompliziert wird die Situation mit dem Auftauchen eines klingonischen Schiffs, dessen Kommandantin ausgerechnet die Tochter von Dak’Rah ist, den M’Benga in Notwehr getötet hatte (S2E8: „Under the Cloak of War“). Als “Butcher of J’Gal” hatte der klingolische General während des Kriegs zwischen der Föderation und den Klingonen angeblich seine Offiziere getötet, weil diese Zivilisten umbringen wollten. Nach dem Krieg profilierte er sich als Diplomat des Friedens. 
Tatsächlich hatte aber Dak’Rah die Tötung von Zivilisten befohlen und M’Benga war es, der die klingonischen Offiziere liquidierte. Während eines diplomatischen Treffens auf der „Enterprise" bringt M’Benga seinen Widersacher in Notwehr um. Glaubte man jedenfalls. Seitdem wird M’Benga von Dak’Rahs Tochter verfolgt, die den Schiffsarzt töten will, um die Ehre ihres Hauses wiederherzustellen. Und M’Benga gesteht Pike, dass er den klingonischen Diplomaten in voller Absicht umgebracht hat.

Es ist nicht der einzige emotionale und moralische Konflikt, mit dem Pike in der Sci-Fi-Horror-Episode konfrontiert wird. So verschweigen Spock und M’Benga, aber auch Batel, ihrem Captain, dass eine Therapie mit der Chimera für Batel unbekannte Folgen haben kann. Denn die Pflanze, deren Name der „Chimäre“ aus der griechischen Mythologie entspricht, kann genetisches Material unterschiedlicher Spezies integrieren, ohne dass das Immunsystem die neue DNA abstößt. Wird sich die Frau, die Pike liebt, in einen Mensch-Gorn-Zwitter verwandeln? Das Thema Genetik erinnert entfernt an S2E2 „Ad Astra per Aspera“.

Wieder einmal wird Christopher Pike in eine ethischen Ausnahmesituation versetzt, auf die er wie in S1E6 „Lift Us Where Suffering Cannot Reach“ keinen Einfluss hat. Zwei seiner Crew-Mitglieder haben ohne ihn eine Entscheidung getroffen und auch Batel hat sich für eine Therapie mit der Chimera entschieden, ohne sich mit Pike auszusprechen. 
Fast alle Protagonisten haben dabei eine eigene Agenda, die Christopher Pike quasi zum Anti-Helden machen: alle wichtigen Entscheidungen werden ohne ihn getroffen.
 
„Shuttle to Kenfori“ ist ein actionreicher und sehr brutaler Abstecher ins Horrorgenre. Das dramatische Potential der Episode ist groß, auch weil bekannte SNW-Themen mit der neuen Story verzahnt wurden.
 
Und wie in einer klassischen TNG-Episode gibt es ein Meta-Thema. In „Shuttle to Kenfori“ ist es der alte Konflikt zwischen der Eigeninitiative der Crew und der Befehlskette, die ignoriert werden muss (DSC S1E1: „The Vulcan Hello“), um eine notwendige Entscheidung treffen zu können. 
Pike und M’Benga missachten ein Friedensabkommen, im Wissen, dass sie es vertuschen können. Ortegas ignoriert während eines riskanten Flugmanöver als Pilotin einen direkten Befehl der Nummer Eins. Obwohl sie Recht behält, wird sie von ihrer Vorgesetzten bestraft und für zwei Wochen suspendiert. Interessantes Verhältnis von Macht und Disziplin.
 
Fazit: Über die Zombies in „Shuttle to Kenfori“ kann man sich streiten. Aber kaum darüber, dass die Autoren Onitra Johnson & Bill Wolkoff ein bemerkenswertes Skript verfasst haben, das auch ein wenig an Pikes moralischer Integrität rüttelt. „Shuttle to Kenfori“ gehört bislang zum Besten, das die dritte Staffel bislang zu bieten hatte. 

Note: 1,5
 

Episode 4: A Space Adventure Hour (Weltraumabenteuerstunde)

Regie führte Jonathan Frakes (Picards „Nr. 1“ in TNG). Glaubt man Frakes, so sind die Darsteller von schrägen Geschichte begeistert. So beginnt S3E4 im Pre-Title mit einer Persiflage. In grell überzeichneten Farben muss sich ein arroganter narzisstischer Captain (dargestellt von Paul Wesley) mit einer boshaften Spezies auseinandersetzen. Das Ganze erinnert an TOS, allerdings auf freche Weise, denn Roddenberrys Philosophie wird konterkariert. Der Captain ist nämlich ein Macho, während die Frauen mit kurzen Röckchen durchs Bild huschen. 
„A Space Adventure Hour“ erinnert an die Ästhetik alter SF-Serien aus den 1950er-Jahren. TOS wird dabei grell überzeichnet, aber wer Ironie mag, kommt auf seine Kosten. Sogar der Main Title wurde komplett für diese Episode überarbeitet. Das ist witzig, auch weil man nicht ahnen kann, wohin das führen soll. 

Tatsächlich befinden wir uns nicht in einem Raumschiff, sondern auf dem Set der TV-Serie „The Last Frontier“. Und die steht kurz davor, gecancelt zu werden. Wir haben es also mit einem Film-Film-im Film zu tun, alles generiert von der Software des Holodecks, das von La’An an die Grenzen der Leistungsfähigkeit gebracht werden soll. Die sonst ständig deprimierte Sicherheitschefin hat viel Spaß an dem Rebuild eines Krimiromans – sie darf eine Detektivin spielen. Und die hat viel zu tun, denn am Set von „The Last Frontier“ geschehen nämlich Morde. Dass dann die Sicherheitskontrollen des Holodecks zum x-ten Mal ausfallen, ist ein abgenutzter Plot Twist – man hat es zu oft in anderen Star Trek-Serien gesehen. Heil aus der Sache rauszukommen ist nur möglich, wenn La'An den Fall löst.

La’An befindet sich also in einer ähnlichen Lage wie Data in der TNG-Folge „Elementary, Dear Data“ (Sherlock Data Holmes), die mit „Ship in A Bottle“ (Das Schiff in der Flasche) fortgesetzt wurde. Während die Auseinandersetzung mit Professor Moriarty nicht nur für Data viele Überraschungen bereithielt, ist Na’Ans Suche nach dem Mörder eher etwas dröge. Warum? Die Whodunit-Geschichte ist etwas zu kompliziert.
 
Die Autoren Dana Horgan und Kathryn setzten zudem auf Gags statt auf Substanz. Die fiktiven Figuren auf dem Holodeck werden nämlich aus den Kopien der Crew im Musterpuffer generiert und konsequent fehlbesetzt, damit es (wieder) lustig wird. Das führt zu einer eher plumpen Comedy und nicht zu einer emotional berührenden Dramödie wie in den beiden Data-Episoden.

Fazit: Paul Wesley mit einer schlechten William-Shatner-Parodie, die Crew als schräge Holo-Figuren und ein Krimiplot ohne echte Spannung. Das hätte mit einem Schuss Drama und Ernsthaftigkeit sehr immersiv werden können. Stattdessen musste alles heiter sein. So funktionieren Geschichten aber nicht. Dass Spock und Na’An sich am Ende näherkommen, ist die eigentliche Überraschung dieser Episode. „A Space Adventure Hour“ amüsiert durchaus. Ein Flop ist diese Episode nicht, aber mehr als Mittelmaß auch nicht.

Note = 3

Episode 5: Through the Lense of Time (Durch die Linse der Zeit)

E3S5 ist endlich eine Episode, die daran erinnert, dass Star Trek-Schiffe durch das All rasen, um fremde Kulturen und Zivilisationen zu entdecken. Doch diesmal gibt es keine wirkliche Lösung: die Crew einer Außenmission begegnet dem absolut Bösen und muss am Ende hoffen, dass es in einem gruftähnlichen Tempel für immer weggesperrt bleibt. Zuvor muss aber ein Crew-Mitglieder sterben, eine Wendung, mit der nicht zu rechnen war.

Alles beginnt harmlos. Dr Roger Korby und die ebenfalls archäologisch erfahrene Christine Chapel wollen ein mysteriöses Gebäude auf dem Planeten Vadia IX untersuchen. Korby ist überzeugt, dass eine alte Kultur offenbar die Unsterblichkeit entdeckt hat. 
Für die auf Vadia IX lebende Spezies der M’Kroon ist der Ort heilig, deshalb wird die Anzahl der Crew reduziert. Mit von der Partie sind der Fähnrich Dana Gamble (Chris Myers), der neu auf der „Enterprise" ist und im Off von seiner Begeisterung über seine erste Außenmission spricht. Ein makabrer Einfall der Autoren, wie man sehen wird. Ortegas Bruder Beto (Mynor Luken), der für die Föderation eine Dokumentation drehen soll, ist auch dabei wie auch Uhura, die Spezialistin für extraterrestrische Sprachen, und La’An, die Frau fürs Grobe. Später stößt auch Spock zur Gruppe. Alle spüren, dass in den riesigen Gewölben nicht alles tot ist, was tot sein sollte. Ziemlich tot sind aber verweste Grabräuber, die in der Halle liegen.

Dann holt Dana aus der Tasche eines der Toten ein kugelrundes Objekt. Innerhalb weniger Momente brennt die Kugel seine Augen förmlich aus dem Kopf. Als ein Begleiter der M’Kroon entsetzt fliehen will, wird er durch eine geheimnisvolle Waffe verdampft. Und natürlich verliert die Gruppe angesichts des Horrors (wieder einmal) die Verbindung zum Schiff. Es wird niemand kommen, um sie zu retten.

Erneut eine Horror-Episode. Obwohl zwischenzeitlich das Erzähltempo verlangsamt wird, sind die Settings so unheilvoll und düster, dass die Spannung beklemmend bleibt. Leider werden einige wenige Spannungslücken durch Star Trek-typisches Techno-Bubble aufgefüllt. Als die Gruppe getrennt wird, folgt eine ausführliche Erklärung über eine Phasenverschiebung, die Raum- und Zeitverschiebungen auslöst, obwohl alle sich am selben Ort aufhalten. Dass quantenphysikalische Phänomene auch in molekularen Strukturen existieren, ist gelinde gesagt entbehrlich. Dafür entdeckt das Team entdeckt, dass das Gebäude ein Gefängnis für eine mehrdimensionale Spezies ist, den Vezda. Eine Spezies, die das Böse verkörpert.

Der Horror macht auch vor der „Enterprise" nicht halt. M’Benga ist nicht in der Lage dem blinden Dana Gamble zu helfen. Noch schlimmer: er muss dem verzweifelten Fähnrich erklären, dass er faktisch tot ist. Hirnfunktionen können bei ihm nicht mehr nachgewiesen werden. Doch was hat sich in Dana eingenistet? 

Der Höhepunkt findet in M’Bengas Krankenstation statt, die Marie Batel betritt. Sie stürzt sich sofort wie eine Furie auf Dana, um ihn zu töten. Nun scheint es sicher zu sein: Batel ist ein Mensch-Gorn-Hybrid und ihr Gorn-Anteil erkennt, mit wem oder was es die Crew zu tun hat. Wir erinnern uns: auch die Borg wurden von einem übermächtigen Gegner dezimiert. Auf jeden Fall dürfte Batels Mimikry ausreichend Potential für weiter Episoden besitzen.

Fazit: Wer die schauerlichen Weird Storys von H.P. Lovecraft mag, wird von „Through the Lense of Time“ begeistert sein. Visuell und atmosphärisch ist die Episode abgesehen von einigen Rucklern beim Pacing gutes, konservatives Star Trek. Und dass Marie Batel vor einer Metamorphose steht, die sie zu einer Super Woman à la Marvel machen könnte, ist eine originelle und vielversprechende Idee des Autorenteams Onitra Johnson und Davy Perez. 

Note = 2


Postskriptum 

Star Trek, so glauben es viele Trekkies, darf nie albern werden. Es passierte trotzdem. Früher hatten die Staffeln allerdings so viele Episoden, das schräger Ulk schnell vergessen war. Bis auf die TNG-Episode S4E20 „Opid“ (Gefangen in der Vergangenheit) – die war unvergesslich … schrecklich! 
„Strange New Worlds“ hat daraus eine Strategie gemacht: auf eine emotional belastende und deprimierende Storys folgt eine ‚lustige‘ Episode. Die Genrewechsel sollen vermutlich viele Zielgruppen ansprechen. Stichwort: Bindungskräfte. 

In der ersten Staffel klappte das nicht immer. Die Weltraum-Piraten in Ep 7 „The Serene Squall“ waren zum Fremdschämen, die mittelalterliche Kostümkomödie Ep 8 „The Elysian Kingdom“ verwandelte die Crew in einen Haufen von Deppen. 
In der zweiten Staffel waren Ep 2 „Among The Lotus Eaters“ entweder ein Fehlschlag oder zumindest ein Fehlgriff wie Ep 5 „Charades“, eine Folge, in der Spock ein Mensch wird. 

Die dritte Staffel hatte – offen gestanden: für den Rezensenten überraschend – einige Probleme mit dem Storytelling. Alte Plots wurden ausgeweidet, zumindest zitiert. Und gelegentlich hatte man das Gefühl, dass dem Writer’s Room die kreative Puste ausging. Unterm Strich hat sich der Notenschnitt des Rezensenten mit 2,8 daher sehr der Note 
Befriedigend“ genähert. Staffel 1 erzielte einen Schnitt von 2, Staffel lag bei ebenfalls stabilen 2,2.

Das kann in den nächsten Episoden wieder besser werden. Ich zitiere gerne den bekannten Filmkritiker Alan Sepinwall, der in seiner Kritik für den „Rolling Stone“ schrieb: „Dennoch bleibt selbst „Strange New Worlds“ auf B-Niveau eine der stärkeren Serien des CBS-All-Access-/Paramount+-Zeitalters.“
Daran besteht kein Zweifel.

Fortsetzung folgt...

Star Trek: Strange New Worlds – Paramount+ 2025 – Showrunner: Alex Kurtzman, Akiva Goldsman – 10 Episoden: 46-62 Minuten – Musik: Nami Melumad – D.: Anson Mount, Jess Bush, Ethan Peck, Christina Chong, Celia Rose Gooding, Melissa Navia, Babs Olusanmokun, Rebecca Romijn, Paul Wesley.