Donnerstag, 29. Mai 2008

Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels

USA 2008 - Originaltitel: Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull - Regie: Steven Spielberg - Darsteller: Harrison Ford, Shia LaBeouf, Cate Blanchett, Karen Allen, Ray Winstone, John Hurt, Jim Broadbent - FSK: ab 12 - Länge: 122 min.

Warum Indy einige Cineasten in die Klapse bringt
Etliche Jahre nach seinem letzten Abenteuer steht der nicht sonderlich betagte Archäologie-Professor Dr. Henry Walton Jones, Jr. (Harrison Ford) mit Schlapphut auf einem Flughafen mitten in der Wüste Nevadas, umringt und entführt von der US-Infanterie. Doch die ist nicht echt, sondern ein böser Spionagetrupp, angeführt von Irina Spalko (Cate Blanchett). Und die ist Stalins Lieblingsspionin. Es ist 1957, wir sind mitten im Kalten Krieg.
Der von George Lucas und Steven Spielberg ausgeknobelte Plot will es, dass „Indy“ den bösen Russen dabei helfen soll, in eben jener endlosen Lagerhalle aus „Raiders of the lost ark“ (1982, das Ganze liegt also schon 26 Jahre zurück) einen Bleisarg zu finden, in dem sich etwas Geheimnisvolles befindet. Die böse Bande macht sich also mitsamt einem Kumpel von Indy auf den Weg, die Wagenkolonne brettert durch die leblose Wüste und während der Kamerakran sich etwas hebt, kommt ein Straßenschild ins Bild: „The Atomic Café“.
Der Schreiber dieser Zeilen prustet im Kino los, er kann sein Lachen nicht unterdrücken; das Publikum beginnt zu tuscheln, Köpfe werden zusammengesteckt.

Nur wenige Minuten später hat sich Indy dank seines exzellent Stuntdoubles befreit und befindet sich nach einer wahrlich atemberaubenden Flucht mit einem Raketentestauto in einer lieblichen US-Kleinstadt, die aussieht, als sei sie aus David Lynchs „Blue Velvet“, allerdings stehen nur Schaufensterpuppen in der Gegend rum. Der Schreiber dieser Zeilen hat kapiert: Atomic Café, Blue Velvet, Schaufensterpuppen – und er prustet wieder los. Köstlich!

Zwei Reihen vor mir fragte ein kleines Mädchen weinend seine Mutter: „Was hat denn der Onkel?“ Der will erklären, doch es ist zu spät: Wärter stürzen ins Kino und eine riesige Zwangsjacke wird dem vor Lachen geschüttelten Blogkritiker übergestülpt. Verzweifelt versucht er zu erklären, dass der Tilt auf das Straßenschild „The Atomic Café“ eine herrliche Anspielung auf den 1982 entstandenen Collagefilm von Jayne Loader, Kevin und Pierce Rafferty ist, der nach allen Regeln der Kunst die „Duck and cover“-Propagandafilme der Amerikaner in den 50er Jahren verulkte (zur Erinnerung: wenn die große Bombe fällt, einfach unter den Tisch kriechen!) und dass man spätestens bei den Schaufensterpuppen ahnen konnte, dass sich Indy mitten in einem Atomwaffentestgelände befindet und auch, dass die Uhr tickt.

„Sie sind ja völlig übergeschnappt“, herrscht mich ein bulliger Wärter an. „Das kann keiner assoziieren!“ „Doch“, erwidere ich, „die Jungs und Mädels aus BIGDOC’s Filmclub können so was!“ und während ich rausgeschleift werde, sehe ich noch, wie Indy in einen Philco steigt und die Tür von innen schließt. Gleich geht sie hoch, die Bombe!

Ein PHILCO! Ein echter unverwüstlicher PHILCO! Einer jener legendären Ami-Kuhlschränke aus der 50er Jahren. Kultobjekt und Sammlerstück. Das Lachen schüttelt mich und während ich mich am Türrahmen festhalte, sehe ich die Bombe explodieren und ich frage mich, was Stanley Kubrick und Peter Sellers dazu sagen würden und die Lachtränen laufen über mein Gesicht und ich sehe auch, wie der Kühlschrank kilometerweit durch die Luft fliegt und aufschlägt. Die Tür öffnet sich und Indy fällt aus diesem riesigen PHILCO, natürlich unverletzt und dann sehen wir…
…doch es ist zu spät. Die groben Kerle haben meinen Griff gelöst und die letzten Bilder von Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull kann ich schon nicht mehr richtig erkennen.

Auf der „Geschlossenen“ treffe ich dann meinen alten Kumpel Klawer, den es in der Nachmittagsvorstellung erwischt hat. „Ja“, seufzt er, „auch 'The Wild One' mit Brando haben sie durch den Kakao gezogen. Aber Shia LaBeouf ist nun einmal das Method Acting nicht gerade auf den Leib geschrieben!”
Die Krankenschwester, die gerade unsere Spitzen aufzieht, schüttelt den Kopf: „Entspannt euch, Jungs, gleich wird es besser!“
Mit meinen letzten bewussten Gedanken frage ich Klawer: „Und sonst?!“ Er schielt zu der Spritze: „Na ja, Hergé: ‚Tim und Struppi im Sonnentempel’ haben sie auch geklaut. Überhaupt: eine Anspielung nach der anderen. Einfach köstlich!“
„Also ein Film für Buffs?“.
„Absolut!“.
Und während ich darüber nachdenke, dass Indy ein Indie ist, beginnt die Spitze zu wirken und ich kann der Krankenschwester nicht mehr erklären, das ein Indie ein Independent Movie ist und dass dieses Wortspiel…

Note: BigDoc = 3