Samstag, 20. März 2010

Quick Review: Edge of darkness (Auftrag Rache)

Großbritannien / USA 2010 - Originaltitel: Edge of Darkness - Regie: Martin Campbell - Darsteller: Mel Gibson, Ray Winstone, Danny Huston, Shawn Roberts, Bojana Novakovic, Caterina Scorsone, Frank Grillo, Gbenga Akinnagbe - FSK: ab 16 - Länge: 114 min.

Synopsis:
Thomas Craven (Mel Gibson) ist Detektiv bei der Mordkommission des Boston Police Departments. Als sein einziges Kind, die 24-jährige Emma (Bojana Novakovic), vor seiner Haustür erschossen wird, ist jeder davon überzeugt, dass Craven das eigentliche Ziel des Anschlags war. Erst als er in der Wohnung seiner Tochter eine Pistole findet, die ihn zu Emmas vor Angst fast schon wahnsinnig gewordenen Freund führt, ahnt Craven, dass seine Tochter liquidiert wurde, weil sie einem Komplott auf die Spur gekommen ist. Die Spur führt Craven zur nuklearen Forschungseinrichtung NORTHMOOR.
Kommentar:
2003 war Mel Gibson als Supporting Actor in The Singing Detective  zuletzt auf der Leinwand zu sehen. Es folgten umstrittene Regiearbeiten (The Passion of the Christ, Apocalypto), nun ist der 54-jährige Australier wieder in einer seiner Paraderollen zu sehen: halb verrückt (Conspiracy Theory) vor Trauer und Wut, hart und gnadenlos (Payback) und absolut gradlinig in seinen Auffassungen von Freundschaft, Loyalität, Recht und Ordnung (The Patriot). Wie immer, sieht man von früheren Arbeiten (Lethal Weapon-Zyklus) ab, gibt sich Gibson völlig humorlos und unironisch, was in Edge Of Darkness allerdings plausibel ist, dazu kommt eine gehörige Portion Pathos und eine peinliche Redneck-Mentalität, etwa, wenn Craven sich verächtlich über Veteranen mit post-traumatischem Stresssyndrom äußert: Man komme, so Craven, aus dem Krieg so heraus wie man in ihn hineingegangen ist. Harte Jungs mögen dies gerne hören, ansonsten ist das ärgerlich.

Edge Of Darkness basiert auf einer britischen Thriller-Serie aus dem Jahre 1986. Martin Campbell führte bereits in der sechsteiligen BBC-Serie Regie. Neu im Team sind die Drehbuchautoren William Monahan (Departed, 2006) und Andrew Bovell, denen es überraschenderweise überhaupt nicht gelungen ist, den Stoff in der Griff zu bekommen. Man kann sich natürlich darüber streiten, ob eine Mischung aus Taken (96 Hours) und klassischem Paranoia-Thriller auf der Höhe der Zeit ist, nicht aber darüber, dass das Script keinen überzeugenden Erzählrhythmus findet. Gibson bekommt einfach zu viel Zeit spendiert, um am Stand voller Trauer aufs Meer zu starren oder sich in rührseligen Flashbacks an die Kindheit seiner Tochter zu erinnern.
Diese pathetische und kalkulierte Inszenierung schenkt dem Star des Films jede Menge Closeups und Gibson nutzt sie auch, aber das wirkt angestrengt und es ist keineswegs respektlos, wenn man feststellen muss, dass das Sujet ziemlich ausgereizt ist und Plots à la ‚Ein Mann sieht rot’ einfach frischer inszeniert werden müssen, um dem Genre etwas Neues hinzuzufügen.
Nicht weniger anstrengend sind die Bösewichter in Edge Of Darkness und ausnahmsweise sei hier die Auflösung verraten: das Nuklearunternehmen baut im Auftrag mysteriöser Dienststellen der US-Regierung dreckige Nuklearbomben, die nach einem Einsatz nicht auf ihren Urheber zurückverfolgt werden können. Nachdem eine Aktivistengruppe dank Emma Kenntnis von dem Projekt erlangte, werden alle Mitwisser von professionellen Killern aus dem Weg geräumt, natürlich im Auftrag des aalglatten und sadistischen Institutsleiter Jack Bennett (Danny Huston). Die am Komplott beteiligten Regierungsbeamten machen sich zwar Gedanken über das Ausmaß der Gewalt, sind aber genauso korrupt wie ein beteiligter US-Senator, der dummdreist die Medien belügt – zusammengenommen ein Haufen von Übertätern, die kein Klischee auslassen und denen das Script keinen Dialog gestattet, der annäherungsweise intelligent sein könnte.

Am schlimmsten ist jedoch die Figurenentwickung des Supporting Actors: Ray Winstone (sehr gut) spielt Captain Jedburgh, einen geheimnisvollen Einzelgänger, der von einem NORTHMOOR-Mitarbeiter einen nicht weniger geheimnisvollen Auftrag erhält. Dieser krebskranke und zum Sterben verurteilte geheimste aller Geheimagenten hätte eine der interessantesten Paranoia Thriller-Figuren des Genres werden können, nicht zuletzt auch, weil er im Alleingang entscheidet, was dem Wohl der Nation dient: ein Täuscher, ein Killer, ein Vigilant, größenwahnsinnig und absolutistisch in seinem moralischen Verdikt, ein grandiose Figur, die rudimentär bleibt, auch bleiben muss, weil sie in ihren wenigen Szenen den Star des Films an die Wand spielt. Der ist am Ende radioaktiv vergiftet worden, hat aber noch einen letzten Auftritt als blutiger Racheengel und verschwindet am Ende aus dem Film wie ein Samurai-Krieger: unbesiegt und dennoch zum Tode verurteilt wandert er mit seiner Tochter in eine Weißblende – ein auch ästhetisch peinliches Ende eines Films, dem eine Menge fehlt, um wenigstens als guter Durchschnitt durchzugehen. Wenn man sehen will, wie man reflektiert und mit einer ironischen Distanz gute Altersrollen findet, sollte sich lieber Clint Eastwood-Filme anschauen.

Noten: Melonie = 5, BigDoc = 5