Mittwoch, 8. Mai 2013

Iron Man 3

Originaltitel: Iron Man 3, USA 2013; R.: Shane Black, Buch: Drew Pearce, Shane Black, Laufzeit: 130 Minuten, D: Robert Downey, Jr. Gwyneth Paltrow, Don Cheadle, Guy Pearce, Rebecca Hall, Ben Kingsley

Lange musste man nicht auf Iron Man warten: nach dem weltweiten Start am 24. April spielte der 200 Mio. $ teure Film innerhalb einer Woche satte 300 Mio. ein. Nun ist der dritte Teil auch in den deutschen Kinos – und zum ersten Mal gibt es einen der erfolgreichsten Helden des Marvel-Universums auch in 3 D zu sehen.
„Iron Man 3“ ist ein Sequel und ein Unterhaltungsartikel. Die Herstellung derartiger Produkte gelingt der US-Filmindustrie in der Regel recht gut. Auch oder wegen gelegentlicher Flops spielt man auf der Klaviatur des Blockbusters ziemlich gut: große Budgets und massiver Werbeeinsatz fahren große Renditen ein, da dürfen die künstlerisch Verantwortlichen nicht viel falsch machen. Zum Glück liegen die Rezepturen vor: Publikumserwartungen werden mit kleinen oder großen Widerhaken garniert, ohne die Essenz der Figur zu gefährden, ein Schuss Ironie und gelegentliche politische Seitenhiebe gehören zur Marke Iron Man ohnehin dazu, aber am Ende entscheidet im Zeitalter der totalen digitalen Machbarkeit die CGI-Abteilung darüber, was an der Kasse passiert. Deswegen war schon vor dem Kinobesuch zu vermuten, dass den Zuschauer in „Iron Man 3“ keine ausgelutschten 08-15-Plots erwarten, dafür aber jede Menge visueller Highlights.
„Iron Man 3“ kriegt das gut hin. Der Film macht anfänglich sogar richtig viel Spaß. Die Frage war ja: Wie erzählt man die Geschichte einer Marvel-Figur weiter, die bereits im ultimativen Mega-Event „The Avengers“ die Klimax erreicht hat? Iron Man rettet dort am Ende die Welt im Alleingang und die anderen Superhelden erledigen derweil auf den Straßen New Yorks die Aufräumarbeiten.
 

Schlaflos im Kampfanzug

Geht denn mehr?
Natürlich. Dazu macht man das, was die großen Erzähler immer gerne gemacht haben: man demontiert einfach den Helden, stürzt ihn in eine seelische Krise und lässt ihn tief genug fallen, damit er einige Normalos kennenlernt, die ihm auf die Beine helfen – und dann darf er es (geläutert oder nicht) wieder krachen lassen, denn das Böse ruht bekanntlich nicht.
Gesagt, getan: Gleich am Anfang tritt
Iron Man 3“ mit einer Überraschung an - Tony Stark aka Iron Man (Robert Downey Jr.) hat eine Posttraumatische Belastungsstörung!
Das Finale von „The Avengers“ hat ihm doch wohl zu heftig zugesetzt und nun quälen ihn Schlaflosigkeit und Panikattacken, was aber nicht bedeutet, dass jemand wie er zum Seelenklempner geht. Stattdessen baut er zwanghaft einen Kampfanzug nach dem anderen, unterhält sich mehr mit seinem AI-System J.A.R.V.I.S als mit seiner Freundin Pepper (Gwyneth Paltrow) und verbindet sich mit seinen Suits dank implantierter Bio-Chips, was nicht nur eine komplette Fernsteuerung erlaubt, sondern auch eine Reihe durchaus witziger Mutmaßungen: Ist er nun drin oder nicht? Allein Buddy J.A.R.V.I.S weiß es.
 

Natürlich wirkt Starks depravierte Seelenpein besser, wenn man den Helden aus dem Off seine Geschichte erzählen lässt – ein vorzüglicher Gedanke, denn so kann man natürlich noch mehr Starksche Pointen an den Mann bringen. Den Framing Device gibt’s gleich doppelt, denn nicht nur die Hauptstory wird als Rückblende erzählt, sondern auch die Vorschichte. Diese führt ins Jahr 1999 nach Bern. Tony Stark baggert gerade eine Biologin an, als ihn der ausgesprochen peinliche Auftritt des Nerds Aldrich Killian (Guy Pearce) so stark nervt, dass er sich dessen Geschäftsvorschlag erst gar nicht anhört, sondern den skurrilen Sonderling auf dem windigen Hoteldach vergeblich warten lässt. So etwas rächt sich im Leben.
Jahre später sorgt ein Terrorist namens The Mandarin (Ben Kingsley grandios als durchgeknallter Reboot von Dr. Fu Man Chu) für Angst und Schrecken, aber nicht nur wegen seiner brutalen Anschlägen und der Fähigkeit, das nationale TV-Netz zu kapern, sondern auch durch eine Serie von Werbespots, die allemal zeigen, dass man mit dem richtigen Effektgewitter auch den Terror ästhetisieren kann, ohne dabei auf Riefenstahl-Pathos verfallen zu müssen.
Selbstverständlich taucht auch der zum GEO mutierte Killian wieder auf, der mit Hilfe der zunächst undurchsichtigen Biologin Maya Hansen (Rebecca Hall) eine schreckliche Waffe entwickelt hat: das Extremis-Projekt. Das von Maya entwickelte Virus zur Regeneration schwerster Verletzungen entpuppt sich als perfektes Mittel zur Manipulation des menschlichen Genoms – mit der Folge, dass man sich so ziemlich alles zusammenbauen kann, was sich ein Comicschurke gerne einfallen lässt, um die Weltherrschaft zu erlangen. Zum Beispiel eine schier unverwüstliche Zombie-Armee, deren Mitglieder allerdings nicht völlig grenz-debil sind, sondern im wahrsten Sinne des Wortes mit ‚Feuer und Flamme‘ bei der Sache sind.
Mitten in der Krise muss Tony Stark erleben, dass ihm sein alter Kumpel Colonel James Rhodes (Don Cheadle) nicht nur mit einem eigenen Anzug als War Machine Konkurrenz macht, sondern sich PR-tauglich auch zum Iron Patriot umtaufen lässt, damit die kriegsmüden Amerikaner nicht zu viel Martialisches verdauen müssen. So viel Euphemismus treibt Stark endgültig in die Depression.
Da passt es gut, dass der Mandarin Starks Domizil in Schutt und Asche bombt und Iron Man sich irgendwo in Tennessee inmitten der Reste seines demolierten Anzugs wiederfindet. Gut deshalb, weil nun der passende Sidekick auftauchen kann: ein technik-affiner Zwölfjähriger namens Harley (!), dem es nicht nur gelingt, Stark bei den erforderlichen Reparaturen zu helfen, sondern es auch schafft, das geschundene PTS-Opfer wieder einigermaßen aufzumöbeln.
 

Überwiegend witzig, bis auf das Ende

Zugegeben: das wird über weite Strecken witzig erzählt, kleine Boshaftigkeiten zur aktuellen politischen Lage eingeschlossen. Leider hat „Iron Man 3“ seine Klimax weit vor dem Filmende, denn ganz trauten die Macher ihrer Storyline dann doch nicht. Am Ende wartet eine doch recht seelenlose Materialschlacht auf den Zuschauer, in der unzählige Kampfanzüge durch die Luft sausen, um unzähligen Zombies den Garaus zu bereiten. Die Kids dürften begeistert sein, aber leider sieht das dann doch aus wie: Höher, schneller, mehr, und dass Tony Stark am Ende zu einer rigorosen Methode greift, um seine erfolgte Katharsis zu demonstrieren, glaubt man ihm beim besten Willen nicht. Der Mann ist unverbesserlich.
Wirklich nervig ist aber eine vertane Chance: Endlich wird Pepper, der sonst dezent im Hintergrund agierenden und vieltalentierten Frau, etwas mehr Handlung gegeben und schon ist alles wieder vorbei. Pepper wird nämlich im Laufe der wilden Auseinandersetzungen mit Extremis infiziert, was sie zu einer Mega-Heldin mutieren lässt, deren fast unbegrenzte Kräfte selbst den Hulk nachdenklich machen würden, aber dann entschieden die Macher, dass Tony seine Liebste von dem Teufelszeug befreit und sich auch endlich die Herzsplitter wegoperieren lässt. Letzteres ist o.K., aber das Downsizing von Gwyneth Paltrow schockierte mich dann doch – politisch korrekte Genderfilme sehen anders aus, Freunde!
 

Fazit: Angesichts des Hypes war nach „The Avengers“ ein Reboot nötig. Das ist trotz einiger Halbherzigkeiten insgesamt gelungen. „Iron Man 3“ ist ein gelungener Spaßfilm, dessen 3 D-Umsetzung zudem rundum überzeugt, weil sie sich angenehm zurückhält, im richtigen Moment aber wirklich gute Kinomomente herbeizaubert.
Wer nun meint, in diesem Film tiefer schürfen zu müssen, unterliegt aber einem Irrtum, auch wenn die herumfliegenden Anzüge aussehen wie ein Werbeclip für jene Drohnen, die man sich auch hierzulande gerne zulegen möchte.
Die Hypothese, „Iron Man 3“ sei ein ideologiekritischer Reflex auf die Verletzlichkeit der amerikanischen Nation oder gar ein kritischer Kommentar zu den Entgleisungen der Anti-Terror-Strategie, der macht gleich zwei Fehler: Hollywood lässt zwar liberale Seitenhiebe gelten, aber im Blockbusterkino geschieht dies nur selten und so richtig hingekriegt hat dies nur Christopher Nolan. Und zweitens sind derartige Interpretationen eines industriellen Unterhaltungsartikels häufig nur Projektionen des eigenen Kultur- und Geschichtsverständnisses, das gerne möchte, dass Filme jenseits der Intentionen ihrer Macher und der ökonomischen Interessen etwas besitzen, was sich den gemeinen Geschäftszielen eines Blockbusters entgegenstellt.
In „Iron Man 3“ lässt sich lediglich erkennen, dass die Re-Organisation des Narrativs das primäre Ziel gewesen ist. Die intelligente Modifikation einiger Plot-Elemente kombiniert mit dem unschlagbaren Downey-Charme ist aber insgesamt so gut gelungen, dass man auf den nächsten Teil neugierig ist. Den wird es aber vermutlich nicht geben, denn Robert Downey Jr. steht für weitere Stand-Alone-Filme angeblich nicht mehr zur Verfügung. Und das heißt: Iron Man will be back soon – aber nur noch in „The Avengers“, Teil 2 und 3. Und das bedeutet: zwei Jahre warten.
Vielleicht durfte Pepper auch deswegen keine Superheldin werden …


Noten: BigDoc = 3