Dienstag, 18. Juli 2017

George A. Romero ist tot

Am 16. Juli starb George A. Romero im Alter von 77 Jahren im kanadischen Toronto. Romero gelang, was für Tausende Filmemacher ein unerfüllter Traum bleiben wird: Sein bahnbrechender Film „The Night of the Living Dead“ hat einen festen Platz im Kanon der Filmgeschichte, sein subversiver Zombiefilm „Dawn of the Dead“ versetzt noch heute Staatsanwälte und Zensurbehörden in nackte Panik. Aber nicht wegen der Splatter-Effekte.

Die großen Tageszeitungen würdigten George A. Romero nicht etwa in einer Randnotiz. Nein, ein großer Nachruf nach dem anderen erschien. Dabei war Romero weder ein intellektueller noch ein an Filmkunst orientierter Filmemacher. Etwas schien die Kritiker, die in memoriam die bio- und filmographischen Eckdaten zusammentrugen, also bewegt zu haben. Vielleicht war es das Gespür dafür, dass Romero, der übrigens auch einige ziemlich schlechte Filme gemacht hat, in seinen besten Stunden ein instinktsicheres Gespür dafür entwickelt hatte, dass der Horrorfilm wie kein anderes Genre dafür geeignet ist, die conditio humana zu reflektieren. Romero hat dieses Thema nicht mit der feinen Feder nachgezeichnet, sondern mit kräftigen Bildern, derben Allegorien und Metaphern, die direkt am Kopf vorbei auf die Magengrube zielten und von dort aus zum Kopf zurückkehrten.


Ich möchte daher weniger an die Person George A. Romero erinnern, sondern von den persönlichen Erfahrungen mit einigen seiner Filmen erzählen, die ja auch ein Stück Kinogeschichte nachhaltig beeinflusst haben. 
Romeros erster Film „The Night of the Living Dead“ (1968) kam erst 1971 in die deutschen Kinos. Ohne Alterfreigabe. In den Jahren zuvor hatten die fast ausnahmslos ab 18 Jahren freigegebenen Spaghettiwestern eine Welle der Gewalt auf die Leinwand gespült. Häufig konnte man diese Filme nur in Nachtvorstellungen sehen, seriöse Kinos nahmen so etwas kaum in ihr Programm auf. In den Filmseminaren der Universitäten wurden dagegen fleißig die anti-kapitalistischen Konnotationen der Italowestern von Sergio Corbucci und Sergio Leone diskutiert, während die Kids vor den Schaukästen des Kinos standen und sich wünschten, endlich einmal Django mit seinem Maschinengewehr sehen zu dürfen.

 

Romeros erster Zombiefilm hatte in diesen Jahren wirkungsgeschichtlich nicht auf Anhieb eine durchschlagende Wirkung auf den Kinogänger. Und auch nicht auf das Genre, das sich eher an den britischen Hammer-Produktionen orientierte. Anfang der 1970er sah man immer noch Christopher Lee und Peter Cushing auf der Leinwand. Lee als ewiger Vampir Dracula, Cushing in seiner Paraderolle als Vampirjäger Van Helsing. Doch Filme wie „Dracula jagt Minimädchen“ („Dracula A.D. ‚72“) kündigten bereits den Niedergang des neo-klassischen Horrorfilms an. Da half auch nicht das Aufbrezeln der Filme mit Mädchen im Minirock und Rockmusik. Van Helsings letzte Worte in dem trashigen Vampirfilm nahmen dieses Ende vorweg und kündigten neue Zeiten an: „Requiescat in pace ultima“ („Ruhe in Frieden auf ewig“). Vampire, Werwölfe und Frankensteins Monster waren angezählt, stattdessen krochen die Untoten aus den Gräbern. Die Hammer Films hatten allerdings bereits 1966 ahnungsvoll mit „The Plague of the Zombies“ einen Blick auf die lebenden Leichen geworfen, allerdings immer noch assoziiert mit dem Thema Voodoo wie in dem Genreklassiker „I Walked with a Zombie“ von Jaques Tourneur (1943).

The Night of the Living Dead

George A. Romero definierte dann mit „Night“ das Genre neu: Zombies waren nicht länger mythische Monster, sondern die eigenen Nachbarn, die aus den Gräbern krabbelten oder sich infizierten und danach in Nachthemden, Overalls und ganz normalen Klamotten durch die Gegend wankten und lebendige Menschen auffraßen. 

Romero orientierte sich mit seinem Erstling am Science-Fiction-Roman des US-amerikanischen Schriftstellers Richard Matheson „I am Legend“ (1954), der 1964 als „Last Man on Earth“ mit Vincent Price in der Hauptrolle verfilmt wurde, machte aus den Voodoo-Sklaven aber Untote, die aus den Gräbern steigen, ohne dass dazu Magie vonnöten gewesen wäre. Der Film wurde mit minimalem Budget in Schwarz-Weiß gedreht und deutete mit spartanischen Bildern die post-apokalyptischen Filme an, die Romero später folgen ließ. Entscheidend für die spätere Rezeption war aber, dass Romero in einem von Rassenunruhen erschütterten Land einen Farbigen zur Hauptfigur machte. Duane Jones, der danach keine große Filmkarriere folgen ließ, spielte Ben, der sich zusammen mit anderen und ausnahmslos weißen Akteuren in einem Haus verschanzt, das von Untoten belagert wird. Am Ende sind alle tot und eine Tochter frisst den eigenen Vater, während Ben als einziger Überlebender von einer weißen Bürgerwehr erschossen wird und mit einem Fleischerhaken auf einen Scheiterhaufen gezogen wird, auf dem Zombies verbrannt werden.

Produziert mit 114.000 US-Dollar, spielte Romeros Film danach im Laufe der Jahre weltweit 30 Mio. $ ein und der Mythos verzahnte Bens fatales Ende unweigerlich mit der Ermordung des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King, der am 4. April 1968 in Memphis, Tennesssee, erschossen wurde. „The Night of the Living Dead“ kam wenige Monate später, im Oktober 1968 auf die Leinwand und der berühmte Filmkritiker Roger Ebert schilderte ein Jahr danach in der „Chicago Sun“ den Impact des Films - und der war nicht politisch: bereits nach der halben Laufzeit war es vorbei mit dem lustvollen Gruseln, Kinder saßen weinend im Kino und am Ende überlebte nicht einmal die Hauptfigur. Es gab keine Hoffnung, das Ende war ultimativ.

Solche Szenen waren in Deutschland undenkbar. In den USA war dagegen der Hays Code abgeschafft worden, der für die Zensur in den amerikanischen Kinos gesorgt hatte. Das neue MPAA Rating System trat erst im November ´68 in Kraft. In dieser beinahe rechtsfreien Lücke sahen dann amerikanische Kids die neuen Untoten: „Nobody got out alive. It’s just over, that’s all“, kommentierte dies Ebert entsetzt. Roger Ebert begegnete dem Genre später etwas aufgeschlossener.
1999 wurde der Film im National Film Registry eingetragen und gilt seitdem als erhaltenswertes Kulturgut. Erstaunlich. In den USA waren 50 Jahre früher Untote sogar in Comics verboten. In Deutschland landete
The Night of the Living Dead“ dagegen 2009 erneut auf der Liste der jugendgefährdenden Medien und wurde mehrfach beschlagnahmt. Gelegentlich auch, weil das zuständige Amtsgericht den Film mit einem gleich- oder ähnlichlautenden verwechselt hatte. Mittlerweile hat der Film eine FSK-Freigabe ab 16 Jahren und die Nerds streiten sich über die Authentizität der unterschiedlichen Editionen – auch eine Teil der Legenden und Fakten um die Filme Romeros.

Romero selbst versuchte sich danach an anderen Themen und ich kann mich noch gut daran erinnern, dass sein 1973 produzierter Horrorfilm „The Crazies“ Ende der 1970er besonders hingebungsvoll in den Filmseminaren meiner Uni gezeigt und diskutiert wurde. Wohl auch weil die völlig aus dem Ruder laufende Infizierung der Bürger einer Kleinstadt durch einen Kampfstoff des US-amerikanischen Militärs ganz gut zur anti-amerikanischen Stimmung dieser Jahre passte, aber irgendwie auch die aufkommenden Öko-Bewegungen mit Argumenten belieferte. Romero selbst hielt den Film später in politischer Hinsicht für zu plakativ. Bemerkenswert: Erst nachdem „Dawn of the Dead“ in den deutschen Kinos angekommen war, interessierten sich die deutschen Kinobetreiber auch für „The Crazies“.


Dawn of the Dead

„Dawn of the Dead“ sorgte dann 1978 für den Durchbruch des naturalistischen und gleichzeitig mit Allegorien aufgeladenen Zombiefilms. „The Night of the Living Dead“ kannte ich nicht, auch der Name George A. Romero sagte mir nichts. „Dawn“ lief nicht im normalen Kinoprogramm, sondern in mitternächtlichen Vorstellungen, die allesamt ausverkauft waren. Der Impact auf das Publikum war unbeschreiblich. Im Kino konnte man eine Stecknadel fallen hören. Die Bilder waren unerhört, der Terror auch. In den USA lief die erste Episode von „Dallas“. Im Fernsehen unterhielt man sich mit dem kauzigen Alfred Tetzlaff in „Ein Herz und eine Seele“ oder sah sich den glatzköpfigen Telly Savalas als „Kojak“ an. James Garner spielte den „Detektiv Rockford“ und in der Mittagsnachts-Matinee von „Dawn“ steckten sich die Zuschauer eine Zigarette (ja, es wurde geraucht) nach der anderen an. Bereits die ersten fast dokumentarischen Szenen des Films entwickelten einen unerhörten Drive und ein ungutes Gefühl. Zuerst sah man eine hektische Diskussion in einem TV-Sender, dann wurde ein Haus in einem puertoricanischen Wohnviertel von der Nationalgarde gestürmt, in dem die Menschen ihre Toten versteckt hielten. Chaos, blanke Gewalt, ein zombifizierte Frau, die ihrem Mann ein Stück Fleisch aus seiner Schulter herausbiss.
Vermutlich handelte es sich um die europäische Version von Dario Argento mit dem düsteren Soundtrack der italienischen Progressive Rock-Band „Goblin“, aber diese Details spielten damals keine Rolle, denn der Terror entstand nicht nur durch die gruselige Musik und die expliziten und für die damalige Zeit unerhörten Splattereffekte, sondern durch die Atmosphäre völliger Hoffungslosigkeit. Die Tore der Hölle hatten sich geöffnet und für die Lebenden war kein Platz mehr auf der Erde. Nach dem Film verließen alle Zuschauer schweigend das Kino und erst in den frühen Morgenstunden lag man dann im Bett.
Romeros Film, das war kaum zu übersehen, zeigte eine im Kern einfache Allegorie, die sich ohne großes Nachdenken erschloss: „When there is no more room in hell, the dead will walk the earth.“ Die mit dem Hubschrauber flüchtenden Stephen (David Emge), Peter (Ken Foree), Roger (Scott H. Reiniger) und Francine (Gaylen Ross) landen auf dem Dach einer Shopping Mall und sehen, dass die Untoten auf unwiderstehliche Weise von jenem Ort angezogen werden, der einst ihr Lebensmittelpunkt gewesen ist: dem amerikanische Konsumtempel par excellence. Die Vier ‚reinigen’ die Mall und geben sich danach in hemmungslosem Hedonismus dem Warenrausch hin. Als einige Monate später eine Rockerbande die Mall überfällt, könnten die Vier diese Episode aussitzen, aber Stephen verteidigt seinen ‚Besitz’ und löst den Untergang ein. Am Ende überleben nur Francine und Peter, aber ihre Lage ist verzweifelt. Sie werden kaum den nächsten Tag überstehen.

Die Katholische Filmkommission erkannte (
Ekelerregender naturalistischer Horrorfilm) angesichts des hohen Body Counts unter den Zombies einen „Aufruf zur Gewalt und Herrenmenschenideologie“. Die sich dahinter verbergende klammheimliche Sympathie mit den Untoten, die scheinbar leicht mit den Armen und Schwachen der Welt gleichgesetzt werden konnten, während die weiße Herrenrasse brutal ihre Güter verteidigte, war durchaus nachvollziehbar. Sie übersah aber (wie so oft), dass die Handlungen von fiktiven Figuren nicht ungebrochen die moralischen Überzeugenden des Künstlers widerspiegeln. Einem ähnlichen Irrtum fiel später auch Paul Verhoevens „Starship Troopers“ zum Opfer.
Erneut hatte George A. Romero einem Farbigen die heimliche Hauptrolle zugedacht. Heute lässt sich leichter erkennen, dass in Romeros Filmen oft soziale oder ethnische Außenseiter den klaren Kopf bewahren, aber auch Frauen, die die Situation klarer begreifen als es die Machos können, die in der Post-Apokalypse fast zwangsläufig in bewaffneten Verteilungskämpfen landen. Damals waren jedoch Schwarze in wichtigen Rollen immer noch etwas Aufrührerisches.

Romero selbst hat immer wieder den sozialpolitischen Aspekt des Films betont. Romero war eigentlich immer bereit, Deutungen für seine Filme anzubieten, was die meisten Filmemacher tunlichst vermeiden. Und der Horror in „Dawn of the Dead“ bestand nicht darin, dass einem Zombie ein Schraubenzieher ins Auge gerammt wurde, sondern in der sarkastischen Bebilderung menschlichen sowie untoten Verhaltens: Letztlich landen beide Spezies wieder dort, wo der Kapitalismus seine eigenen Kathedralen errichtet hatte. Ferngesteuert, den alten Verhaltensmustern ausgeliefert, gierig und nicht satt zu bekommen.

Spätestens mit Werner Faulstichs „Der Spielfilm als Traum. Interpretationsbeispiel George A. Romeros ‚Zombie’“ kam „Dawn of the Dead“ dann auch in der akademischen Debatte an. Faulstich versuchte sich an einer psychoanalytischen Deutung des Films, konnte aber auch einen Zusammenhang zwischen dem moralisierenden Gewaltbegriff der bürgerlichen Filmkritik und dem Symbolgehalt von Romeros Film herstellen, durchaus auch aus Sicht einer marxistischen Kapitalismuskritik.
Zombies sind, so Faulstich in seinem Aufsatz, „Symbol für die Menschen als Warenbesitzer und als Waren. Ihre Fremdbestimmung, ihre Unmenschlichkeit (...) ihr Instinkt, lebende Menschen entweder aufzufressen oder zu ihresgleichen zu machen – das sind die Merkmale der Natur der Ware, wie sie Karl Marx (...) beschreiben hat.“ 

Konsequenterweise werden also die Vier in der Shopping Mall mehr oder weniger Opfer ihrer alten Fixierungen und Stephens irrationaler Kampf gegen die Rocker ist durchaus auch eine Form von Klassenkampf.

Insofern hat die Tatsache, dass „Dawn of the Dead“ zu den am häufigsten zensierten, indizierten und verstümmelten Filme der Kinogeschichte geworden ist, auch heute noch eine brisante Bedeutung. An den Splattereffekten kann es nicht liegen, denn auch der „Ultimate Final Cut“ wirkt kaum schockierender als eine durchschnittliche Folge von „The Walking Dead“ – und diese Serie können sich, ähnlich wie die von „Night“ schockierten Kinder vor fast fünfzig Jahren, die Kids von heute auch dann bequem anschauen, wenn ihre Eltern sie daran zu hindern versuchen. Spätestens nach 48 Stunden finden sie die aktuelle Episode in deutsch synchronisierter Version auf YouTube. Angesichts der Metzeleien der Terminus-Kannibalen und des zynischen Negan wirkt Romeros Klassiker dagegen schon recht hausbacken. Interpretiert man die bis heute anhaltende Zensur von „Dawn of the Dead“, die im Extremfall zu Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen führen kann, boshaft, so könnte man meinen, dass „The Walking Dead“ von den deutschen Amtsgerichten deshalb rücksichtsvoller behandelt wird, weil die Protagonisten neben gutbürgerlichen Lebensidealen immer noch einen fairen Warenhandel anstreben, in dem die Anführer den gewohnten ökonomischen Verteilungsprinzipien folgen. Aber dies wäre dann wirklich boshaft.


Von „Day of the Dead“ zu „Survival of the Dead“

Romeros dritter Zombie-Film wurde nicht so populär wie „Dawn“. „Day of the Dead“ (1985) spielte allerdings dank der Vermarktung auf VHS und später auf DVD das Zehnfache seiner Produktionskosten ein: 30 Mio. US-Dollar. „Day“ war ein rabenschwarzer Film, in dem sich Wissenschaftler mit herrischen Soldaten in einem unterirdischen Bunker herumschlagen, während ein halb verrückter Wissenschaftler versucht, die Zombies zu domestizieren. Unvergessen bleibt Sherman Howard als Zombie „Bub“, der erneut lernt Musik zu hören und sich offenbar rudimentär an sein früheres Leben erinnern kann. Auch „Day“ ist heute noch in Deutschland indiziert, während in den USA 2003 eine Uncut-Version veröffentlicht wurde.

Inzwischen hatte das Horrorfilm-Genre etliche Metamorphosen hinter sich. Die 1980er motivierten unzählige Nachahmer zu trashigen Zombie-Filmen. Berühmt-berüchtigt war der Trashfilmer Lucio Fulci. Der Italiener galt als besonders blutrünstig und schreckte nicht davor zurück, seine Film als Fortsetzung von „Dawn“ zu vermarkten. Fulcis subtanzlose Filme wurden indiziert und auch beschlagnahmt, Ende der 1990er aber wieder uncut freigegeben. Eine Ehrbezeugung, die Romeros Original hierzulande nicht erfahren durfte.1981 führte Sam Raimi den „Tanz der Teufel“ auf (in Deutschland ebenfalls indiziert, wobei das Verbot mittlerweile aufgehoben wurde und der Film sogar eine FSK ab 16 Jahren erhielt), Peter Jackson hatte „Braindead“ ins Kino gebracht, Teenie-Slasher-Filme waren angesagt und an Zombies hatte man sich auch gewöhnt, denn die „Saw“- und „Hostel“-Metzeleien demonstrierten, dass das Geschäft nur weiterlaufen konnte, wenn man mit jedem neuen Film die Ekelgrenze erfolgreich torpedieren konnte.

Nach einigen Fehlgriffen und einer respektablen Stephen King-Verfilmung kehrte George A. Romero dann zu seinen Zombies zurück. „Land of the Dead“ (2005) wurde mit einem für seine Verhältnisse üppigen Budget von 15 Mio. US-Dollar produziert. Als Star konnte Dennis Hopper verpflichtet werden und der Film wurde erneut ein kommerzieller Erfolg: inklusive der Vermarktung auf DVD spülte „Land“ fast 60 Mio. Dollar in die Kassen. Auch die Filmkritik feierte die doch sehr schlicht gestrickte Sozialsatire, die „New York Sun“ nannte Romeros Arbeit „The American Movie of the Year“. Romero entschärfte die explite Darstellung von Gewalt und richtig glücklich wurde er mit dem Ergebnis nicht.
 

Romeros „Diary of the Dead“ war dann 2007 Romeros letzter guter Zombie-Film, eine intelligente und schlagfertige Mediensatire, mit der Romero zum Low-Budget-Konzept zurückkehrte, digital drehte und auch etwas zu sagen hatte. Die Kritik hielt den Altvater des Genres inzwischen für antiquiert und belächelte gequält seine Mischung aus Sozialkritik und fleischfressenden Untoten. Dabei war Romeros vorletzter Film überaus witzig und intelligent, obwohl gelegentlich mit dem Zaunpfahl gewunken wurde. Romero kommentierte in seinem Film mit Found Footage-Look bissig, dass sich fast 40 Jahre nach „Night“ und fast 30 Jahre nach „Dawn“ die Menschen längst neuen Fetischen zugewandt hatten, aber erneut am System scheitern, wenn sie glauben, es mit neuen authentischen Mitteln überwinden zu können.

George A. Romeros letzter Film „Survival of the Dead“ (2009), der immerhin bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig für den Golden Lion nominiert wurde, war dagegen ein matter Abgesang, obwohl der Film mit seinen Western-Zitaten vorwegnahm, was „The Walking Dead“ ein Jahr später verkündete: Der Mensch ist noch des Menschen größter Feind.

Mit 77 Jahren ist nun der große alte Mann mit der übergroßen Brille gestorben. George A. Romero hat mit seinen 15 Filmen nicht immer ein glückliches Händchen gehabt, aber in seinen filmischen Sternstunden hat er die menschliche Natur besser verstanden als viele anderen. Durchdacht, aber nicht intellektuell, allegorisch, aber nicht ideologiekritisch. Ein beherzter Erzähler, der von seinen Epigonen nur selten Gutes zu berichten wusste. In deren Filmen fehlte ihm immer die Metapher.