Mittwoch, 24. August 2011

Quick Review: Monsters vs. Tron



MONSTERS - Großbritannien 2010 - Regie: Gareth Edwards - Darsteller: Scoot McNairy, Whitney Able - FSK: ab 12 - Länge: 93 min.

TRON: LEGACY - USA 2010 - Regie: Joseph Kosinski - Darsteller: Garrett Hedlund, Olivia Wilde, Jeff Bridges, Michael Sheen, Bruce Boxleitner, James Frain, Beau Garrett, John Hurt, Yaya DaCosta, Serinda Swan, Amy Esterle - FSK: ab 12 - Länge: 125 min.

Science Fiction adieu? Immer, wenn man wieder einmal einen richtig grottigen SciFi-Film gesehen hat, durchleidet man einen Anflug von Skeptizismus und bramarbasiert vom Niedergang des Genres. Nichts Originelles zu sehen?
Remakes, Sequels, Prequels und Crossovers („Cowboys & Aliens“) scheinen die Leinwand zu beherrschen: Universal belebt seine guten alten Genretraditionen mit einem Prequel von Carpenters „The Thing“, einem Film, der seinerseits ein Remake ist. Und wenn man sich die ersten Trailer anschaut, glaubt man, jede Einstellung bereits in Carpenters Film gesehen zu haben. Sogar der Score hört sich gleich an. 20th Century Fox will in „Alien 5: Prometheus“ zusammen mit Ridley Scott erzählen, wie es überhaupt zu „Alien“ (1979) kommen konnte. Da kann man nur hoffen, dass die Macher auch wirklich etwas zu erzählen haben. Irgendwie hat man aber den Eindruck, das gute Stoffe fehlen und die Studios daher auf Bekanntes setzen.

Trotzdem sollte man nicht unbescheiden maulen, denn das klassische Sci-Fi-Genre hat in den vergangenen Jahren gleich mehrere Male machtvoll sein Haupt erhoben: „District 9“ (Neil Blomkamp, 2009), „Avatar“ (James Cameron, 2009), „Moon“ (Dincan Jones, 2009), „Splice“ (Vincenzo Natali, 2010), „Inception“ (Christopher Nolan, 2010) und „Die kommenden Tage“ (Lars Kraume, 2010) zählen aus meiner Sicht zu den herausragenden Beiträgen der letzten Jahre, wobei zu sehen war, dass sowohl der irrsinnig teure High Budget-Film als auch sein etwas billigerer kleiner Bruder einiges zu bieten haben, was über Ballerorgien und zielgruppenaffine Schablonenfilme hinausgeht.

Qualvoll langweilig
Fangen wir mit der letzten Baugruppe an. Die Disney Studios konnten ihren Einsatz von 170 Mio. US-Dollar mit einem „Tron“-Sequel mehr als verdoppeln und zeigten damit, dass richtig schlechte Filme ihre Existenzberechtigung aus der Bereitschaft des Publikums ableiten, ihr Geld für einen digitalen Ausstattungsfilm ohne Inhalt herzugeben. „Tron: Legacy“ wirkt wie am Reißbrett geschneidert: um ja nicht von den beleidigend langweiligen Effekten (ich weiß: Millionen Zuschauer haben dies wohl anders gesehen, sie können nicht irren) abzulenken und die breitestmögliche Vermarktung im 3D-Segment nicht zu behindern, wurde das bereits in „Tron“ (1982) auffallend simpel gestrickte narrative Konzept qualitativ noch einmal kräftig unterboten. Die kaum noch stereotyp (das wäre eine Aufwertung) zu nennende krude Story bietet hölzerne Figuren, ergreifend schlichte Dialoge und eine jederzeit vorhersehbare Plot-Struktur, sodass man sich ohne große Ablenkungen der Ausstaffierung einer virtuellen Welt widmen kann, die eine herausfordernde Beleidigung für alle ist, die die mittlerweile übel beleumundete Matrix-Trilogie einigermaßen verstanden haben. Das Ganze ist ganz gezielt für 8- 10-Jährige zusammengestrickt und ich muss gestehen, dass es eine Qual war, diesen Film bis zum Ende anzuschauen.

Surreal
Ein Großteil der von der schlichten Disney-Welt kopfkolonisierten Zielgruppe hat sich hierzulande offenbar in Gareth Edwards für 200.000 US-Dollar produzierten Low-Budget-Movie „Monsters“ verirrt und anschließend in diversen Foren beredt Auskunft über ihre Verfasstheit gegeben: der „schlechteste Film aller Zeiten“ zeigt tatsächlich nur selten Monster, dafür aber ein witziges Road-Movie, das wie ein Spin Off des ‚echten’ Films wirkt. Ein Fotograf soll die Tochter seines Verlegers heil aus Mexico in die USA zurückbringen, die sich mittlerweile hinter einem gigantischen steinernen Schutzwall gegen krakenähnliche Invasoren aus dem All abschotten. Große Teile des armen Nachbarlandes sind bereits vor Jahren einer extraterrestrischen ‚Infizierung’ zum Opfer gefallen, die von den Vereinigten Staaten mit einer verunglückten Raumsonde selbst heraufbeschworen wurde. Während die beiden jungen Leute mit einer Schlepperband die infizierte Zone durchwandern, tobt um sie herum der Kampf zwischen dem Militär und den Aliens: dies wäre der Logik von „World Invasion: Battle Los Angeles“ (Jonathan Liebesman, USA 2011) und den Erwartungen einiger Genrefreunde zufolge der ‚richtige’ Film gewesen. Tatsächlich aber haben in „Monsters“ die krakenähnliche und 100 m hohen Aliens, die Teile Mexicos in eine riesige Brutplantage verwandelten, nur selten einen Auftritt.

„Monsters“ wird durchaus intelligent an den Genreerwartungen vorbei inszeniert, wobei der finale Plot Point andeutet, dass die Aliens bereits Teile der USA besetzt haben und offenbar nur dann auf die Ureinwohner des Planeten reagieren, wenn sie angegriffen werden. Edwards zieht ähnlich wie Neil Blomkamp klassische Projektionen und Subtexte von den fremdartigen Wesen ab und erzeugt mit einem lächerlich geringen Budget eine irritierende Atmosphäre des Fremdartigen, die entfernt an die visionären Romane des avantgardistischen Science Fiction-Autors James Graham Ballard (1930 – 2009) erinnert, der in seinen nicht immer leicht zugänglichen Dystopien beschrieb, wie geheimnisvolle Mächte und Naturkatastrophen schleichend Landschaften, Flora und Fauna, Menschen und Tiere verändern, ohne dass die Rätselhaftigkeit der Ereignisse vollends aufgelöst werden kann. Da Ballards Romane hierzulande nur noch antiquarisch zu erhalten sind, dürfte dem Leser dieser Zeilen eine zeitnahe Überprüfung meines Vergleichs nicht ohne Weiteres möglich sein.
Aber dieser literarische Querverweis soll Gareth Edwards Film nicht über Gebühr aufwerten. „Monsters“ spielt dank seiner etwas versponnenen und fast lyrischen visuellen Qualitäten zwar in einer anderen Liga als das kalt kalkulierte Massenprodukt „Tron: Legacy“, bietet aber in punkto Figurenzeichnung nichts, was den Zuschauer wirklich berühren könnte. Fazit: eine bemerkenswerte Fingerübung und ein Versprechen auf mehr.

Noten „Tron Legacy“: BigDoc = 6
Noten: „Monsters“: BigDoc = 2,5