USA 2011 - Originaltitel: Sherlock Holmes: A Game of Shadows - Regie: Guy Ritchie - Darsteller: Robert
Downey Jr., Jude Law, Eddie Marsan, Kelly Reilly, Noomi Rapace,
Jared Harris, Stephen Fry - Prädikat: wertvoll - FSK: ab 12 - Länge: 128 min.
Drei Jahre nach seiner ersten postmodernen, durchaus
witzigen Verschlimmbesserung des klassischen viktorianischen Detektivsujets
legte Guy Ritchie Ende 2011 den zweiten Teil seiner Sherlock Holmes-Saga vor,
die nun auch auf Bluray erschienen ist.
„Sherlock Holmes: A Game of Shadows“ lässt am Anfang gar Fürchterliches erwarten, denn Ritchie (u.a. „Bube, Dame, König, Gras“, 1998, „Snatch“, 2000, „Sherlock Holmes“, 2009) serviert als Entrée und damit wie auch im ersten Teil eine Holmes-o-Vision-Szene, in der der brillante Meisterdetektiv seine überragenden intellektuellen Fähigkeiten in Slow Motion präsentieren darf. Den Verlauf einer unmittelbar bevorstehenden Schlägerei kann Holmes aufgrund seiner exakten Beobachtungen so präzise antizipieren, dass er eigene Kampftechniken einbringen und auch deren Folgen vorhersehen kann. Alter Wein in neuen Schläuchen? Ganz so schlimm kommt es in dem Sequel dann nicht, aber am Ende hat man dann doch das Gefühl, dass man eine weitere Comedy-Action-Persiflage nicht wirklich braucht.
„Sherlock Holmes: A Game of Shadows“ lässt am Anfang gar Fürchterliches erwarten, denn Ritchie (u.a. „Bube, Dame, König, Gras“, 1998, „Snatch“, 2000, „Sherlock Holmes“, 2009) serviert als Entrée und damit wie auch im ersten Teil eine Holmes-o-Vision-Szene, in der der brillante Meisterdetektiv seine überragenden intellektuellen Fähigkeiten in Slow Motion präsentieren darf. Den Verlauf einer unmittelbar bevorstehenden Schlägerei kann Holmes aufgrund seiner exakten Beobachtungen so präzise antizipieren, dass er eigene Kampftechniken einbringen und auch deren Folgen vorhersehen kann. Alter Wein in neuen Schläuchen? Ganz so schlimm kommt es in dem Sequel dann nicht, aber am Ende hat man dann doch das Gefühl, dass man eine weitere Comedy-Action-Persiflage nicht wirklich braucht.
Die Story fährt immerhin, und das im wahrsten Sinne des
Wortes, ziemlich schwere Geschütze auf. Eine Welle von Terroranschlägen
erschüttert Europa, Bomben explodieren und machen vor den Mitgliedern der Upper
Class nicht halt, Deutschland und Frankreich misstrauen sich und stehen bereits
Gewehr bei Fuß. Schon bald erkennt Holmes (Robert Downey Jr.) in den Untaten die
Handschrift seines großen Widersachers Professor James Moriarty (Jared Harris, „Mad
Men“), der ein hoch angesehenes Mitglied der britischen Gesellschaft ist,
heimlich jedoch mit einem Netzwerk ergebener Krimineller und manipulierter
Anarchisten einen sinisteren Komplott geschmiedet hat, um die europäischen
Nationen aufeinander zu hetzen und um sich als Waffenverkäufer an dem
bevorstehenden Weltkrieg bereichern zu können. Seine womöglich einzige Szene
mit „erwachsener“ Perspektive hat der Film dann, wenn Holmes in einem seiner
seltenen ernsten Momente eine geradezu profunde Analyse der europäischen
Machtpolitik abliefert und damit auch die Bedingungen für den realen 1.
Weltkrieg prophetisch erkennt. Doch keine Angst: alles Weitere wird in
bewährter Manier weichgespült.
Hart
am Rande der Klamotte
Holmes à la Ritchie – das bedeutet überwiegend: ein
Schuss Prolligkeit beim Meisterdetektiv, ständige Maskeraden und Verkleidungen,
die nunmehr mit perfekter Camouflage auch optisch neue und überraschende
Schauwerte setzen, aber insgesamt doch mehr Klamotte als detektivische
Raffinesse. Und so entsteht ein pausenlos witzelndes Buddy Movie, in dem
Schnodderschnauze Downey Jr. (man sollte sich allein deswegen ruhig die
Originalfassung anschauen) seinen engsten und nach dessen Meinung auch einzigen Freund Dr. John Watson (Jude Law)
wegen dessen bevorstehender Ehe durch den Kakao zieht. Dass Watsons Hochzeit
dann zur völligen Katastrophe missrät und der leicht eifersüchtige Holmes die
gerade Vermählte in hohem Bogen („Ich habe alles genau berechnet!“) aus einem
rasenden Zug wirft, führt dann zu einem der Ritchie-typischen Flashbacks, denn
selbst die kompliziertesten Verwicklungen hart am Rande des Chaos hat das Genie
exakt berechnet. Und so landet Watsons nun doch sichtlich genervte Gattin nach
dem Sturz von einer Eisenbahnbrücke hundert Meter tiefer in einem Fluss, wo
Holmes‘ Eingreiftruppe in Gestalt seines Bruders Mycroft die Triefende aus dem
Wasser zieht.
Neuer weiblicher Sidekick an Holmes Seite ist der
Millenium-Star Noomi Rapace, die in „A Game of Shadows“ eine Zigeunerin spielt,
deren Bruder in Moriartys Machschaften verstrickt ist. Leider muss dafür die
Figur der durchaus sehenswerten und Holmes fast ebenbürtigen Irene Adler
(Rachel McAdams) aus der Storyline verschwinden, was erzählerisch leider völlig
misslingt und zu den ärgerlichen Fehltritten des Films gehört. Rapace darf sich
als Madam Simza Heron physisch recht ordentlich in Szene setzen, bekommt aber
keine überzeugenden Dialogzeilen, was die Figur beliebig macht und die an sich gelungene
Casting-Idee ad absurdum führt.
Auch Jared Harris‘ Moriarty bleibt eher blass, weil der geniale Böse doch recht eindimensional auf rein materialistische Interessen herunter gebrochen wird. Die anderen Nebenfiguren bekommen ihre komischen Auftritte, was aber an den Geschmacksnerven zerrt, zum Beispiel dann, wenn Mycroft Holmes (Stephen Fry) Watsons Gattin beim morgendlichen Tee splitterfasernackt gegenübertritt. Hier sitzt beileibe nicht jeder Gag.
Auch Jared Harris‘ Moriarty bleibt eher blass, weil der geniale Böse doch recht eindimensional auf rein materialistische Interessen herunter gebrochen wird. Die anderen Nebenfiguren bekommen ihre komischen Auftritte, was aber an den Geschmacksnerven zerrt, zum Beispiel dann, wenn Mycroft Holmes (Stephen Fry) Watsons Gattin beim morgendlichen Tee splitterfasernackt gegenübertritt. Hier sitzt beileibe nicht jeder Gag.
Virtuosität und auch ein Gespür für sicheres Timing scheinen
Ritchie trotz einiger Script-Schwächen aber nicht abhanden gekommen zu sein,
denn zwischen den pausenlosen Blödeleien muss ja auch die Handlung
vorangetrieben werden. Obwohl das erste Drittel von „A Game of Shadows“ nicht
ganz ruckelfrei über die Bühne geht, legt der Film gewaltig zu und präsentiert sehenswerte Überraschungen bei der Gestaltung von Actionszenen. Lustvoll
zelebriert Ritchie etwa die Auseinandersetzung zwischen den bösen Fußtruppen
des Professor Moriarty und Holmes / Watson mitsamt Simzas Gefolgsleuten als
waffentechnisches Potpourri wie in einer aus den Fugen geratenen Waffenmesse:
es wird aus allen Rohren geballert und nicht jede der neuen und frisch
erprobten Waffen erwartet man in einem
Film, der am Ende des 19. Jh. spielt. Die mit einer Hochgeschwindigkeitskamera
aufgenommene Verfolgungsjagd im Wald gerät schließlich als Highlight zu einer
völlig neuen Interpretation der „Bullet Time“-Ästhetik und auch wenn das
gelegentlich etwas manieristisch wirkt, so sieht man bei Ritchie im Gegensatz
zu anderen Actionfilmen immer sehr genau das, was wirklich passiert.
Der
Film als Marke
Auch wenn das alles nur recht wenig mit den literarischen
Vorlagen des Sir Conan Doyle zu tun hat, so erinnert das finale Show zwischen
Holmes und Moriarty dann doch an den Sturz der großen Gegenspieler in die Reichenbachfälle,
wie sie Doyle 1893 in seiner Erzählung „The Final Problem“ schilderte. Mehr
aber auch nicht, denn an Referenzen dürfte Guy Ritchie eher nicht interessiert
sein. Die Marke „Sherlock Holmes“ benötigte nach einer Vielzahl filmischer
Adaptionen ein eigenes Branding, um sich als Crossover-Produkt erfolgreich am
Markt zu platzieren. Das „Non Adult“-Konzept, das geschickte Casting bei den
Hauptrollen, das ständige Kalauern in einer Art von Newspeak inmitten üppiger
viktorianischer Settings, die überwiegend gelungene Umsetzung technischer
Gimmicks, all das hat zu unübersehbaren Alleinstellungsmerkmalen geführt, die
zu weltweiten Einspielergebnissen von über 1 Milliarde US-Dollar geführt haben.
„Sherlock Holmes: A Game of Shadows“ zeigt im matten ersten Drittel, dass dieses Konzept bereits bis zum Zerreißen angespannt ist. Dass der Film sich dann einigermaßen unterhaltsam über die Runden rettet, darf man allerdings nicht als Versprechen für den dritten Teil werten.
„Sherlock Holmes: A Game of Shadows“ zeigt im matten ersten Drittel, dass dieses Konzept bereits bis zum Zerreißen angespannt ist. Dass der Film sich dann einigermaßen unterhaltsam über die Runden rettet, darf man allerdings nicht als Versprechen für den dritten Teil werten.
Technisch
überwiegend State oft the Art
Der Film liegt in der Auflösung 1920 x 1080p (2.35:1) als
MPEG-4/AVC vor. Während die englische Tonspur DTS-HD anbietet, liegt die
deutsche Fassung in DD 5.1. vor, was die Puristen ärgern wird. Bildschärfe und
Schwarzwert liefern zu 95% ein echtes HD-Feeling ab, aber leider nicht
durchgehend. Gelegentlich hat man den Eindruck, dass einige Einstellungen
leicht überbelichtet sind, was sich auf die Detailschärfe der Nahaufnahmen auswirkt.
In sehr wenigen Szenen sinkt das Niveau auf DVD-Qualität: die Bilder wirken
sogar leicht unscharf (Focus Puller?) und leicht grieselig. Aber nach
derartigen Macken muss man suchen wie nach einer Nadel im Heuhaufen, insgesamt
kann man dem messerscharfen „Sherlock Holmes“ die referenzverdächtige Note 1,5
geben.
Bei den Extras wird man schnell fündig, denn viele Anwahlpunkte bietet das Menü nicht. Bei näherem Hinsehen liefert dann das Pip-Feature Maximum Movie Mode eine witzige Einführung von Robert Downey Jr. in die Gedankenwelt von Sherlock Holmes. Über das Internet lässt sich eine Digital Copy herunterladen.
Bei den Extras wird man schnell fündig, denn viele Anwahlpunkte bietet das Menü nicht. Bei näherem Hinsehen liefert dann das Pip-Feature Maximum Movie Mode eine witzige Einführung von Robert Downey Jr. in die Gedankenwelt von Sherlock Holmes. Über das Internet lässt sich eine Digital Copy herunterladen.
Noten: Film = 3,5, Technik = 1,5. Gesamtnote = 2,5