Donnerstag, 17. Mai 2012

Mission: Impossible - Ghost Protocol


USA 2011 - Originaltitel: Mission: Impossible - Ghost Protocol - Regie: Brad Bird - Darsteller: Tom Cruise, Jeremy Renner, Simon Pegg, Paula Patton, Josh Holloway, Michael Nyqvist, Vladimir Mashkow - FSK: ab 12 - Länge: 132 min.

Gelungener Relaunch
Der Filmfreund weiß Bescheid, wenn IMF-Agent Ethan Hunt dank spezieller Hafthandschuhe am höchsten Gebäude der Welt herumklettert, dem über 800 m hohen Burj Khalifa: im Making of wird man schon sehen, mit welchen Chroma Keying-Effekten das bewerkstelligt wurde. Doch weit gefehlt. Tom Cruise hat wieder einmal eiserne Nerven bewahrt und den Stunt gleich selbst erledigt. An einem Drahtseil in schwindelnder Höhe, nicht schlecht für einen 50-Jährigen. Das Drahtseil wurde natürlich digital entfernt...
Fünf Monate nach dem deutschen Kinostart liegt „M:I-4“ auf Bluray und DVD vor – der vierte Teil der Serie um den Impossible Mission Force-Agenten hat es offenbar darauf angelegt, dem Bond-Revival den Kampf anzusagen. „Mission: Impossible – Ghost Protocol“ schafft dies auf atemberaubende Weise – Regisseur Brad Bird zeigt tatsächlich Unglaubliches, aber die eigentliche Stärke von „M:I-4“ liegt in der altmodischen Erzählweise: es wird eine Geschichte erzählt. Kaum zu glauben.

Mit der Besetzung des Agenten-Oldies durch Daniel Craig und der Rückkehr zu realistischen Plots erfuhr die James Bond-Serie nach Jahren angestrengter Albernheit eine unerwartete Wiederbelebung. Agententhriller à la The Bourne Identity, der seinerzeit ja auch ein Revival des klassischen Genres des Spionagefilms gewesen ist, hatten zuvor gezeigt, dass die abgehobenen Kunstwelten, die das Bond-Genre präsentierte, nicht alternativlos sind.
Nun werden in der Bond-Welt wieder harte, düstere und ziemlich zynische Agententhriller erzählt.

Stabiles Branding, raffiniert veredelt
Mit diesem Bond-Revival hatte „M:I“ eigentlich und immer noch nicht so viel zu tun. Der Plot und die Psychologie waren war nie so wichtig. Es war eher wie bei Hitchcock und seinen McGuffins: es geht nicht um die Bombe unter dem Tisch, wirklich geht es in „M:I“-Filmen nur um schnelle Schauplatzwechsel rund um den Globus, raffinierte technische Spielereien und komödiantische Verkleidungskunst. Allerdings weiß man bei „M:I“ nicht, was gleich passieren wird...
Nach Brian da Palmas erstem Teil hatten sich verschiedene Regiestars am Stoff versucht, in „M:I-2“ diente das Ganze John Woo noch als Spielmaterial für eine visuelle Oper, mit „M:I-3“ versuchte J.J. Abrams („Super 8) das Sujet wieder auf den Boden des schnell geschnittenen Popcorn-Kinos zu stellen – ein tougher Versuch, der nicht so schlecht war wie sein Ruf.
Regisseur Brad Bird (The Incredibles, Ratatouille) hat sich dennoch die letzten Filme von Daniel Craig genau angeschaut: „Ghost Protocol“ erzählt deutlich erwachsener, aber ohne den betonten Zynismus der letzten Bond-Filme, und dabei hält allerdings an den technischen Gimmicks, die man in den Missions erwartet, eisern fest. „M:I“ hat einen Markenkern und Brad Bird hat am Branding nichts geändert.

Zugegeben: die Hatz nach einem wahnsinnig gewordenen Sicherheitsexperten, der die Vereinigten Staaten und Russland in einen Atomkrieg hetzen will, um die Erdbevölkerung auszulöschen, ist hanebüchen. Aber Bird, der noch während der Drehs am Script herumgebastelt hat, setzt in seinem Film ganz auf die Tradition der klassischen TV-Serie (wie erinnern uns: „Kobra, übernehmen Sie“) und nimmt das Team ernst. Hunts Mitstreiter sind diesmal keine langweiligen Stichwortgeber, sondern echte Sidekicks: Der britische Komiker Simon Pegg spielt einen gelegentlich leicht überforderten Techniker im Außendienst, mit Jeremy Renner wird dem Solisten Hunt ein Partner an die Seite gestellt, der nicht nur auf Augenhöhe agiert, sondern zudem noch ein düsteres Geheimnis mit sich herumschleppt, während Paula Patton als vielseitige Spezialistin noch einen privaten Rachefeldzug im Sinn hat. Auch Cruise darf seine Figur etwas ironischer spielen. Das tut dem Film gut.

Natürlich bietet auch Brad Bird dem Publikum echte Hingucker: der Kreml wird in die Luft gesprengt, die Kletterei am Burj Khalifa ist atemberaubend, eine Verfolgungsjagd im Sandsturm variiert dieses klassischen Actionelement mehr als virtuos und das Finale im einem High-Tech-Parkhaus hat man so auch noch nicht gesehen. Alles in allem gute Unterhaltung, die vom exzellenten Kameramann Robert Elswit (Michael Clayton, There Will Be Blood) in grandiosen Bildern eingefangen wird.
Fazit: „Mission Impossible – Ghost Protocol“ bietet dem Genrefan keine Standardkost mit bewährten Zutaten, sondern ein Fünf-Gänge-Menü für Feinschmecker.

Die Bluray ist über jeden Verdacht erhaben und bietet – natürlich – nahezu Referenzqualität. Also keine digitale Mission Impossible. Sehr lohnenswert sind auch die Makings of’s, die erstaunliche Einblicke in das gewähren, was Tom Cruise am Set alles anstellt. Der Mann hat wirklich eiserne Nerven und gut schauspielern kann er halt auch – allen Kritikern zum Trotz.

Note: BigDoc = 2