Samstag, 12. Mai 2012

TV-Review: „The Walking Dead“ auch bei RTL II auf dem Vormarsch


Nun sind auch mitten unter uns: die Untoten.
Nachdem RTL II die Top-Serie „Game of Thrones“ mit einem Serien-Blockbuster-Weekend erfolgreich unter’s Volk gebracht hatte und dafür gelobt wurde, eine Blaupause für zukünftige Sendestrategien entwickelt zu haben, sollte natürlich erfolgreich nachgelegt werden. RTL II wird nun an einem Wochenende die AMC-Serie „The Walking Dead“ versenden. Gestern Abend ging es los.
Und auch bei uns wurde der Start des US-Smash-Hits kurz vor Mitternacht zum Quotenhit: knapp 1 Mio. der 14- 49-Jährigen schalteten um 23.01 Uhr zu, die zweite Episode erreichte ähnliche Einschaltquoten, sodass mit 12,2 und 17,1% bombastische Ergebnisse erzielt wurden. Sie liegen klar über dem Senderschnitt von sechs Prozent.
An die US-Quoten reicht dies (natürlich) nicht heran. So meldete „Deadline Hollywood“ nach dem Opener zur zweiten Season insgesamt 7,3 Mio. Zuschauer bei der Premiere und da es sich um einen Kabelevent mit mehreren Terminen am Starttag handelte, wurden insgesamt 11 Millionen Zuschauer gezählt.
Die Gesamtquote von 38% kann man hierzulande nur staunend bewundern. Der Hype in den USA ist mittlerweile so groß, dass er kanalisiert werden musste: AMC hat deshalb eine Live Aftershow namens „The Talking Dead“ generiert, damit Freunde der wandelnden Leichen sich richtig ausquatschen können.
Als ich im Juni 2011 zustimmend über den britischen Bluray-Start der Serie berichtete (http://bigdocsfilmclub.blogspot.de/2011/06/bluray-review-walking-daed.html), konnte ich natürlich nicht ahnen, dass das Konzept des Show Runners Frank Darabont alle Serienrekorde pulverisieren würde. Mittlerweile steht fest, dass „The Walking Dead“ zu den größten Erfolgen in der US-TV-Geschichte gehört. Aber Erfolg scheint nicht alles zu sein, denn AMC feuerte im Juli 2011 Frank Darabont!

"Even when you have a hit, they can still destroy you."
Offenbar war die erste Season zu gut und zu teuer!
Was auf den ersten Blick unglaublich ist, erlaubt beim genauen Hinschauen einen Blick hinter die Kulissen des Pay-TV-Senders AMC. Noch immer bringt man AMC mit „Breaking Bad“ und „Mad Men“ in Verbindung, aber die beiden preisgekrönten Serien (auch dort lag AMC mit den Machern im Clinch) wurden längst lizenziert und gehören SONY (Breaking Bad) und Lionsgate (Mad Men). Nur „The Walking Dead“ gehört noch AMC – mit allen finanziellen undsteuerlichen Risiken. Deshalb beschloss der Sender einen Cut und senkte das Budget pro Episode um 650.000 US-Dollar von 3,4 Mio. $ auf 2,75 Mio. $. Gleichzeitig sollte eine Episode in vier anstatt in acht Tagen abgedreht werden.
Insider berichten mittlerweile, dass die AMC-Macher einfach nicht mit dem Erfolg klar gekommen sind: „"They're total ball-busters, and that pisses people off." Wobei Ball-Buster sowohl Witzbold als auch Spielverderber bedeuten kann.
"It feels like they don't have the experience of being on top", stellte ein Kenner der Szene fest.
Vermutlich stand Darabont, der der Serie einen unübersehbaren Kino-Touch gegeben hatte, dem Billigkonzept im Wege. Eine Entwicklung, die neben der Budgetsenkung auch vorsah, dass 13 statt 6 Episoden für die zweite Season produziert werden sollten – natürlich mit weniger Geld.

Zweite Staffel: Qualität konnte nicht gehalten werden
Die Folgen der Senderpolitik kann man in der zweiten Season sehen. Während „The Walking Dead“ in Season 1 nicht nur von der Atmosphäre urbaner Settings mit grandiosen Massenszenen lebte, sondern in punkto Storyline immer für Überraschungen gut war, so verlagerte sich das Geschehen in Season 2 an einen einzigen Drehort – einen einsamen Bauernhof. Das ist natürlich preiswert zu realisieren, kein Wunder, hatte AMC doch die Macher angewiesen, die Hälfte der Handlung „indoors“ abzudrehen. Tatsächlich sieht man der zweiten Staffel das Magerkonzept auf Schritt und Tritt an: „The Walking Dead“ wurde von einer kinoreifen Dramaturgie auf Sitcom-Niveau heruntergebrochen und gelegentlich durfte auch mal ein Zombie auftauchen, damit das Thema nicht ganz verloren ging.
Das wirkte, wie ein Kritiker lakonisch feststellte, so, als würde man die Untoten in der Ferne grunzen hören, aber sie nicht zeigen, damit Makeup gespart wird: "This is not a show that takes place around the dinner table."
 
Gut, ganz so schlimm war es dann doch nicht und die Serie hält einige durchaus passable Episoden bereit, obwohl der ganze große Wurf ausblieb. Und mein Fazit: Fans der Serie sollten sich die TV-Ausstrahlung der 1. Staffel nicht entgehen lassen, denn besser wird es nicht mehr. Ob die geplante 3. Staffel die aufkommende Langeweile vertreiben wird, steht in den Sternen. Dem Erfolg der Serie konnte das Sparkonzept von AMC bislang nichts anhaben, aktuell sprechen die gewaltigen Quoten der 2nd Season in den USA dafür, dass „The Walking Dead“ weiterhin gut aufgenommen wird. 

Quelle: The Hollywood Reporter